DJ MARKT-AUSBLICK/Handelsabkommen: Trump gewinnt - Europa verliert
Von Michael Denzin
DOW JONES--Eine der spannendsten Wochen des Jahres steht den internationalen Börsen bevor. Denn sie ist nicht nur gefüllt mit wichtigen Konjunkturdaten, der US-Notenbank-Sitzung und einer Flut an Unternehmensberichten - am Freitag den 1. August läuft auch das Ultimatum der USA für mögliche Handelsverträge ab. Unter dem Strich ist für Marktteilnehmer eine derartige Flut aus Mikro- und Makrodaten nur schwer unter einen Hut zu bringen. Händler gehen daher davon aus, dass zunächst mit dem typischen Börsenreflex einer Erleichterungsreaktion auf einen EU/US-Deal reagiert wird. Nach dem Blick ins Kleingedruckte dürfte es in den dann folgenden Tagen zu Gewinnmitnahmen kommen.
Trump siegt - Europa verliert
Fakt ist, US-Präsident Donald Trump hat seinen Handelskrieg gegen die EU gewonnen. Anstatt den schon jetzt erhobenen Zöllen sofort mit ebenbürtigen Gegenmaßnahmen zu begegnen, wurde gekuscht und sie still akzeptiert. Erst in den vergangenen Tagen wurde über die Presse verstärkt der Hinweis auf das "Anti Coercion Instrument" ACI lanciert. Man hätte ja etwas tun können, lautete die Botschaft. Feingeistige Diplomatie wie diese kommt bei Trump aber erst gar nicht an, Europa muss nun mit seinem Willen leben.
Wie auch immer die Höhe der Zölle ausfällt (der Markt rechnet mit 15 Prozent), sie werden höher sein als vorher. Die USA gewinnen, Europa wird darunter leiden - und damit zudem noch Trumps Herrschaft befestigen. Denn bis zu den Zwischenwahlen kommendes Jahr dürfte sich Trump aggressiv damit brüsten, wieviele Milliarden Dollar seine Zölle in die US-Kassen spülen.
Die Nebenabreden könnten gefährlicher sein als Zölle
Noch wichtiger als die Zölle dürfte das Kleingedruckte werden, denn die Nebenabreden könnten im vorgeblichen Zollvertrag das unterbringen, was beim Handelsabkommen TTIP nicht gelang. So wie das Handelsabkommen mit Japan zeigt, wonach das Land einen Fonds im Volumen von 550 Milliarden Dollar zur Finanzierung von US-Ausgaben einrichten muss. Dankbarkeit über die Einigung darf man von Trump indes nicht erwarten: Er erinnert Japan nun bei jedem öffentlichen Auftritt daran, dass auch 90 Prozent der Gewinne aus dem Fonds in US-Hände fließen werden. Die EU darf sich auf ähnliches einstellen.
Die Gefahr besteht, dass auch die EU-Kommission wichtige Ziele Europas aufgibt und US-Unternehmen eine Sonderstellung einräumt. So beispielsweise den Schutz der Technologie-Unternehmen vor Steuerzahlungen, Monopol-Untersuchungen oder Datenschutz. Denn schon jetzt nimmt die EU stillschweigend hin, dass Microsoft die Cloud-Daten von Europas Bürgern nicht vor dem Auslesen durch US-Dienste schützt.
Bis Europa merkt, was es sich mit US-Handelsvertrag eingefangen hat, dürfte aber noch viel Wasser den Rhein herunterfließen. Auch ist es den Börsen nicht wichtig, wie schlecht der Vertrag ausfallen wird; sie benötigen harte Zahlen zum Kalkulieren - alles ist aus ihrer Sicht besser als Ungewissheit. Eine Erleichterungsrally ist also relativ sicher.
Unabhängigkeit der Fed, Inflation und BIP-Zahlen im Fokus
Dazu darf aber kein Störfeuer von den anderen Terminen in der nächsten Woche kommen: So der Sitzung der US-Notenbank mit ihren Aussagen zu Inflation und Zinsaussichten. Wegen der ständigen Anschuldigungen Trumps gegen den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell fürchtet der Markt eine Beschädigung des Vertrauens auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank. Die steigenden Risikoprämien auf langlaufende US-Anleihen spiegeln dies schon jetzt wider.
Für die Zinspolitik kommen noch andere wichtige Daten, so die neuen Verbraucherpreise (CPI) rund um den Globus. Am Donnerstag steht das deutsche CPI an. Gleichzeitig werden die ersten BIP-Schätzungen zum zweiten Quartal vorgelegt. Wegen der Volatilität rund um die Strafzoll-Diskussionen halten Volkswirte hier große Überraschungen für möglich.
Die Berichtssaison bei Unternehmen tobt dazu noch auf vollen Touren. Interessant ist dabei die Breite der Berichterstattung quer durch alle Branchen. Sorgen macht dabei die hohe Aktienbewertung, die zu extrem scharfen Marktreaktionen beim Nichterfüllen von Erwartungen führt. Kursverluste von 10 bis 15 Prozent wie bei Puma sind dann nicht ungewöhnlich.
Im DAX legen unter anderem Mercedes-Benz, BMW, BASF und Adidas Ergebnisse vor, dazu Lufthansa und viele andere. In Europa stehen Titel aus allen Branchen wie Airbus, Danone, Kering, Philips, L'Oreal und Unilever an. Aus den USA kommen Schwergewichte wie Apple und Microsoft.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/mod/ros
(END) Dow Jones Newswires
July 25, 2025 05:54 ET (09:54 GMT)
Copyright (c) 2025 Dow Jones & Company, Inc.