FRANKFURT/KOBLENZ (dpa-AFX) - Jünger, weiblicher, preisbewusster: Der Fahrradhersteller Canyon stellt sich auf eine neue Kundschaft ein. "Das Klischee vom Rennradfahrer, Mitte 30 und gut verdienend, ändert sich", sagte Canyon-Chef Nicholas de Ros Wallace der Deutschen Press-Agentur. "Wir sehen mehr und mehr Frauen, die sich für Radsport interessieren und mehr junge Kunden, die auf ihre Fitness achten."
Gerade der Boom bei Gravelbikes - geländetaugliche Räder mit Rennradlenker - habe geholfen, mehr Frauen für das Radfahren zu gewinnen, sagte Wallace. Auch auf dem Rennrad seien immer mehr Frauen unterwegs. "Vor ein paar Jahren war das noch nicht so." Inzwischen seien gut ein Fünftel (21 Prozent) der Gravel-Kunden bei Canyon Frauen.
Bei Fahrrädern sieht Wallace mehrere Trends, darunter immer breitere Reifen mit 50 Millimetern und mehr bei Gravelbikes oder integrierte Radcomputer im Cockpit. Am Trend zum E-Bike führt für Canyon ebenfalls kein Weg vorbei.
Harter Preiskampf
Canyon ist für Sporträder bekannt und sponsert Radstar Mathieu van der Poel und Ironman-Siegerin Laura Philipp sowie die Tour-de-France-Teams Movistar und Alpecin-Deceuninck. Doch das Koblenzer Unternehmen, das im Wettbewerb mit Herstellern wie Rose steht, spürt die Spätfolgen des vergangenen Corona-Booms. Hohe Lagerbestände und Rabatte setzen der Fahrradbranche zu und ließen dort die Absatzzahlen sinken. "Die Lage bessert sich, aber die Auswirkungen halten dieses Jahr noch an", sagte Wallace.
Canyon lege den Fokus auf erschwingliche Modelle, auch um junge Kunden anzusprechen, und erwarte 2025 ein stabiles Geschäft. "In diesen Zeiten ist das schon ein Erfolg." Mit Sponsoring, etwa der Tour de France Femmes avec Zwift, wo Canyon mit drei Teams vertreten ist, wolle man potenzielle Kunden ansprechen. Neue Flagschiffstores wie zuletzt in München sollen zudem das Geschäft ankurbeln, sagte Wallace. Canyon halte aber am Geschäftsmodell als Online-Direktversender fest.
Stagnierender Umsatz
Im vergangenen Jahr erzielte Canyon einen Umsatz von 792 Millionen Euro - ähnlich wie 2023 (791 Mio. Euro). Allerdings hätten Rabatte das operative Ergebnis belastet, so Wallace. Hinter dem Fahrradhersteller steht der belgische Finanzinvestor GBL, er hat zuletzt seine Beteiligung an Canyon abgewertet.
Derzeit profitiert Canyon besonders von der Nachfrage nach Gravelbikes. Zwar blieben Rennräder das Rückgrat von Canyon mit einem prozentual hohen einstelligen Wachstum, sagte Wallace. Die Kategorie Gravel habe aber zuletzt zweistellig zugelegt. "Viele unserer Kunden suchen nach Abenteuern, etwa mit Bikepacking-Touren." Das führt zu neuen Entwicklungen wie Gravel-Federungen oder integrierte Lademöglichkeiten für elektronische Geräte.
Tour de France als Marketing
Beim Verkauf von Rennrädern hilft die Tour de France. Sie inspiriere Hobbyfahrer, Männer wie Frauen, sagte Wallace. Canyon versuche, mit einer breiten Modellpalette alle Zielgruppen anzusprechen - vom Einsteiger bis zu Ambitionierten./als/DP/zb