SEVENUM (dpa-AFX) - Die Online-Apotheke Redcare Pharmacy (Shop Apotheke) hat im zweiten Quartal operativ überraschend mehr verdient als vor einem Jahr. Auch unter dem Strich erzielte das MDax -Unternehmen einen Gewinn. Grund war aber ein Sondereffekt. "Ich bin sehr zufrieden mit unserer Leistung in allen Ländern - insbesondere, weil wir unsere Marge ausbauen konnten und dabei unser Wachstumstempo unvermindert fortgesetzt haben", sagte Konzernchef Olaf Heinrich laut Mitteilung vom Dienstag. Er sieht Redcare weiter auf Kurs zu seinen Jahreszielen und bestätigte auch die mittel- bis langfristige Prognose.
Nach anfänglichen Gewinnen von fast sechs Prozent lag die Aktie zuletzt noch mit rund einem Prozent im Plus. Am Vortag war der Kurs allerdings noch um fast sechs Prozent gefallen. Und auch im Jahresverlauf hat die Aktie einen recht holprigen Ritt hingelegt, unter anderem belastet von Sorgen um die E-Rezept-Technologie Cardlink war die Aktie Ende Juni auf ein Zweijahrestief gefallen, von dem sie sich noch nicht ganz erholt hat. Auf Jahressicht beträgt das Minus fast 19 Prozent.
Im zweiten Quartal konnte Redcare nun den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um gut ein Fünftel auf etwas mehr als 18 Millionen Euro steigern, wie das Unternehmen in Sevenum weiter mitteilte. Experten hatten nur mit einem stabilen operativen Ergebnis gerechnet. Das operative Ergebnis sei stärker als erwartet ausgefallen, schrieb UBS-Experte Olivier Calvet in einer ersten Reaktion. Mit Blick auf den unveränderten Jahresausblick sei aber eine beschleunigte Geschäftsentwicklung nötig, urteilte er.
Tatsächlich ist Redcare in Sachen Profitabilität inzwischen wieder auf dem Vormarsch. Nach zwei vergleichsweise schwachen Quartalen lag die operative Marge (bereinigte Ebitda-Marge) bei 2,6 Prozent. Finanzchef Jasper Eenhorst hatte bereits bei der Vorlage von ersten Eckdaten vor einigen Wochen angekündigt, dass die Marge auch im zweiten Halbjahr weiter anziehen soll. Im Gesamtjahr soll sich die Marge dadurch auf 2 bis 2,5 Prozent verbessern, nach 1,4 Prozent im Vorjahr.
Unter dem Strich erzielte die Versandapotheke im vergangenen Quartal dank eines Millionenertrags durch den Teilrückkauf von Wandelanleihen einen Gewinn. Auf Halbjahressicht schreibt der Konzern noch rote Zahlen: Hier ging der auf die Aktionäre entfallende Verlust aber immerhin auf knapp 1,5 Millionen Euro zurück, nach minus 12,1 Millionen vor einem Jahr.
Wie bereits seit Anfang Juli bekannt ist, legte der Umsatz in den drei Monaten bis Ende Juni im Vergleich zum Vorjahr um etwas mehr als ein Viertel auf 709 Millionen Euro zu. Wachstumstreiber war das noch recht junge Geschäft mit dem E-Rezept in Deutschland.
Unterdessen dürfen sich Kunden und Kundinnen womöglich auch in Zukunft auf Preisnachlässe bei der Online-Apotheke freuen: "Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt unsere Position, Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente weiterhin anbieten zu können", sagte Redcare-Lenker Heinrich. Damit reagiert Redcare ähnlich wie Konkurrent DocMorris, der nach dem BGH-Urteil Mitte Juli angekündigt hatte, Kunden bei Online-Bestellungen für rezeptpflichtige Medikamente "ab sofort" wieder einen Bonus zu gewähren.
Der BGH hatte entschieden, dass eine inzwischen in den DocMorris-Konzern integrierte niederländische Apotheke vor mehr als zehn Jahren Kunden in Deutschland beim Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten mit Prämien locken durfte. Vorangegangen war ein jahrelanger juristischer Streit, ob die Preisbindung auch für Versandapotheken im EU-Ausland gilt, der schon den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und weitere Gerichte hierzulande beschäftigte. In diesem Zusammenhang wurden auch die in Deutschland gültigen Regelungen überarbeitet.
Die Interpretation des BGH-Urteils, das sich auf die alten Regeln bezieht, ist allerdings umstritten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat deutlich gemacht, dass sie von einer Beibehaltung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland ausgeht. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe kündigte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zuletzt an, dass sie die Preisbindung schützen werde./tav/mne/jha/