BERLIN (dpa-AFX) - SPD-Politiker bezweifeln die Wirksamkeit der von Deutschland und Jordanien geplanten Hilfsflüge zur Versorgung von Menschen im Gazastreifen mit Hilfsgütern. Sie reiche "bei weitem nicht aus" und sei "auch aus technischer wie politischer Sicht" problematisch, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem Magazin "Stern". "Eine Luftbrücke ist ineffizient, weil nur eine sehr geringe Menge an Hilfsgütern transportiert werden kann. Gleichzeitig ist der Zugang zu den abgeworfenen Hilfsgütern für die Bevölkerung oft wegen fehlender Koordinierung am Boden unsicher", betonte der SPD-Politiker.
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf äußerte sich ähnlich. "Die Luftbrücke kann nur ein kleiner Schritt sein, denn sie wird das Leiden im Gazastreifen nicht beenden. Deshalb drängen wir auf spürbare Veränderungen, die das Hungern beenden, zu einem Waffenstillstand und zur Freilassung der Geiseln führen", sagte Klüssendorf "Web.de News". Er forderte von der Bundesregierung eine härtere Gangart gegenüber Israel. "Die Bundesregierung muss gegenüber der israelischen Regierung viel stärkeren Druck entfalten. Das fordern wir insbesondere vom Bundeskanzler und vom Bundesaußenminister ein", mahnte der SPD-Generalsekretär.
Zwei Maschinen vom Typ A400M der Bundeswehr seien in die Nahost-Region aufgebrochen, hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem jordanischen König Abdullah II. erklärt. In Jordanien würden die Flugzeuge aufgetankt und ausgerüstet. Sie würden ihre Einsätze, bei denen sie Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen sollen, möglicherweise schon an diesem Mittwoch, spätestens aber ab dem Wochenende fliegen.
"Gesetz des Stärkeren"
Der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Christian Katzer, sagte im ZDF-"heute journal": "Letztendlich ist es so, dass natürlich jede Kalorie, die in den Gazastreifen kommt, wichtig ist." Über die Luft könnten im Vergleich zu Lkw am Boden nur sehr wenige Lebensmittel kommen. Bei einer Verteilung aus der Luft und über die Verteilstellen müssten zudem die Menschen zu den Lebensmitteln kommen und nicht umgekehrt. Hier kämen Verletzte, Menschen mit Behinderungen oder Alleinerziehende mit Kindern gar nicht hin. Es gelte "ein bisschen das Gesetz des Stärkeren". Israel müsse die Grenzübergänge für Lebensmittellieferungen am Boden öffnen, forderte Katzer.
Hilfsflüge "keine dauerhafte Lösung"
Auch die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, betonte: "An der Grenze zum Gazastreifen stehen Tonnen von humanitären Hilfsgütern auf hunderten Lastwagen, die auf dem Landweg direkt, effizient und sicher zu notleidenden Menschen kommen und bedarfsgerecht verteilt werden könnten, wenn sich die Konfliktparteien darauf einigen." Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte sie: "Luftbrücken sind immer nur die letzte Option."
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp (CDU), räumte im RND ebenfalls ein: "Eine Luftbrücke nach Gaza ist sicher keine dauerhafte Lösung der humanitären Lage in dem Kriegsgebiet." Dennoch sei es richtig, dass Deutschland auf diese Weise helfe und gleichzeitig den Druck auf die israelische Regierung zur Abwehr einer humanitären Katastrophe erhöhe.
Dauerhaft könne nur eine zuverlässige und ungehinderte Lieferung von Hilfsgütern auf dem Landweg die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessern, betonte der CDU-Politiker. Die israelische Regierung müsse diese Transporte ungehindert passieren und die Hilfsgüter verteilen lassen. Auch die islamistische Hamas in dem Küstengebiet sieht Röwekamp gefragt. Diese müsse die Verteilung der Hilfsgüter zulassen und jede Einflussnahme auf diese humanitäre Hilfe unterlassen./shy/DP/zb