
© Foto: Siemens AG
Die Luft wird dünner für Siemens Energy. Nach einer spektakulären Kursexplosion von mehreren 100 Prozent zeigt die Aktie erste Schwächesignale. Investoren zweifeln am weiteren Anstieg. Droht dem DAX-Schwergewicht nach der märchenhaften Rally der Absturz? Während die Übernahme von RWG für strategische Stärke sorgen soll, zweifeln Anleger am Timing und den hohen Kosten. Die bevorstehenden Quartalszahlen am 6. August werden zeigen, ob das Unternehmen die hochgesteckten Erwartungen erfüllen kann. Ein Blick auf die Faktenlage offenbart ein gemischtes Bild zwischen fundamentaler Stärke und technischen Warnsignalen.
Die große Ernüchterung nach dem Rekordlauf
Noch vor wenigen Wochen schien bei Siemens Energy alles möglich. Die 100-Euro-Marke lag zum Greifen nah, die Investoren träumten bereits von neuen Höchstständen deutlich über 100 Euro. Doch plötzlich war die Euphorie verflogen. Mit 87,10 Euro notiert die Aktie sogar unter 90 Euro und deutlich unter ihrem Rekordkurs von 98,96 Euro vor ein paar Wochen. Für eine Aktie, die seit Jahresbeginn richtig viel zugelegt hat, wirkt jeder Rücksetzer wie ein Alarmsignal, auch wenn es nur eine notwendige Konsolidierung ist. Die jüngste Übernahme von RWG sollte eigentlich für Begeisterung sorgen. Für 135 Millionen US-Dollar sichert sich Siemens Energy die vollständige Kontrolle über den Wartungsspezialisten. Doch statt Applaus gab es Kopfschütteln. Viele Investoren sehen in dem Deal eine teure Spielerei statt einer strategischen Meisterleistung. Das Servicegeschäft mag lukrativ sein, doch die hohen Kosten und das späte Timing der Transaktion lassen Zweifel aufkommen. Besonders bitter: Die Konkurrenz macht vor, wie es geht. GE Vernova legte beeindruckende Quartalszahlen vor und hob prompt die Jahresprognose an. Die amerikanischen Kollegen wachsen um 11 Prozent und steigern ihre Margen. Ein Vorbild, dem Siemens Energy nacheifern sollte.
Charttechnik
Die technische Analyse zeichnet ein Bild eines Highflyers, der aber kurz vor der 100 Euro-Marke einknickte. Einerseits bleibt der langfristige Aufwärtstrend intakt. Die wichtige Unterstützungszone bei 86-87 Euro hält bislang stand. Andererseits senden die Indikatoren gemischte Signale. Der RSI-Wert von über 69 Punkten schreit förmlich "Achtung!". Während hingegen die beiden SMAs (50er und 200er) unter dem aktuellen Kurs liegen und für einen Aufwärtstrend sprechen. Dennoch kennen erfahrene Trader solche Warnsignale und werden vorsichtig. Die psychologisch wichtige 100-Euro-Marke bleibt das große Ziel, aber ob das jetzt gelingen sollte, ist ungewiss. Gelingt der Sprung darüber, könnte eine neue Aufwärtswelle starten. Kursziele von 110 bis 120 Euro wären dann durchaus realistisch. Doch der Weg dorthin ist steinig geworden. Falls die Unterstützung bei 86 Euro nicht hält, dann droht ein Rückfall bis zum 200er SMA bei rund 62,89 Euro. Das wäre ein herber Dämpfer für alle, die auf eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte gesetzt haben. Und eins ist klar: Runter geht's immer deutlich schneller, als hoch. Die nächsten Handelstage werden entscheidend sein.
Die Zukunft bleibt ungewiss
Die bevorstehenden Quartalszahlen am 6. August werden zum Test. Experten erwarten einen Gewinn je Aktie von nach einem Verlust im Vorjahr. Beim Umsatz soll auf knapp 10 Milliarden Euro nach oben gehen. Zahlen, die durchaus respektabel klingen, aber auch zeigen, wie hoch die Erwartungen inzwischen sind.
Die fundamentale Ausgangslage bleibt grundsätzlich intakt. Der Energiebedarf steigt weltweit, getrieben von KI-Rechenzentren und der Energiewende. Siemens Energy ist bestens positioniert, um von diesen Trends zu profitieren. Projekte im Wasserstoffbereich und bei Offshore-Windanlagen versprechen langfristig gute Geschäfte. Doch die Bewertung hat extreme Höhen erreicht. Das schafft Druck und lässt wenig Raum für Enttäuschungen.
Was tun?
Siemens Energy bleibt ein faszinierendes Investment mit erheblichen Chancen aber auch inzwischen hohen Risiken. Die fundamentalen Aussichten sind weiterhin positiv, doch die hohe Bewertung und die technischen Warnsignale mahnen zur Vorsicht. Wir würden aktuell nicht den letzten Euro oder Cent nach oben ausreizen wollen, schon gar nicht vor den Zahlen. Vielmehr wären wir vorsichtig und würden uns sogar short (über ein geeignetes Hebelprodukt) engagieren, sobald abzusehen ist, dass die 86 Euro-Marke fällt mit einem Kursziel im Bereich 63-65 Euro.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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