DJ MARKT-AUSBLICK/DAX auf Richtungssuche - Zwischen Zöllen und Fiskalhoffnung
Von Manuel Priego Thimmel
DOW JONES--Eine Demütigung, so das Urteil einiger Kommentatoren zu dem Handelsabkommen zwischen den USA und der EU. Und in der Tat, US-Präsident Donald Trump hat die Europäer vorgeführt. Diese ziehen einmal mehr nicht an einem Strang. Zu groß sind die Partikularinteressen der einzelnen Länder in Brüssel. Die expansive deutsche Fiskalpolitik verhindert aber Schlimmeres. Der DAX kann sich in luftigen Höhen halten, gegen neue Allzeithochs spricht die mau laufende Berichtssaison.
Der "Deal" sieht für Europa wenig schmeichelhaft aus. Für die meisten europäischen Importe in die USA sind nun Zölle von 15 Prozent fällig, auf Aluminium und Stahl werden weiterhin 50 Prozent fällig. US-Importe in die EU bleiben dagegen weitgehend zollfrei. Laut Berechnungen der Commerzbank wird der effektive durchschnittliche Zollsatz auf US-Importe aus Deutschland auf der Basis dieser Abmachungen 12,8 Prozent betragen.
Anleger setzen auf gigantisches deutsches Fiskalpaket
Die kommende Woche anstehenden Daten zum Außenhandel im Juni dürften zeigen, dass die deutschen Warenexporte erneut gefallen sind, insbesondere weil die Lieferungen in die USA unter den höheren US-Zöllen leiden. Gleichzeitig sollten die Auftragseingänge aber Hoffnung machen, so die Commerzbank, denn die Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten nimmt trotzdem allmählich zu.
Dass sich der DAX dennoch weiterhin in luftigen Höhen bewegt, ist dem Prinzip Hoffnung geschuldet. Anleger setzen auf die wachstumstreibenden Fiskalimpulse aus Deutschland. "Allein der genehmigte Infrastrukturfonds Deutschlands im Wert von 500 Milliarden Euro ist vergleichbar mit dem Betrag, der für neue Investitionen im Rahmen des Infrastructure Investment and Jobs Act der USA im Jahr 2021 ausgegeben wurde", sagt JP Morgan (JPM).
Europäische Berichtssaison nur mittelprächtig
Während die US-Investitionen in Höhe von 550 Milliarden Dollar zum damaligen Zeitpunkt 2,3 Prozent der US-Wirtschaft ausgemacht hätten, entsprächen die deutschen Ausgaben 11,6 Prozent. "Der Rückenwind für Deutschland und damit auch für Europa verspricht damit noch erheblich größer zu sein als durch Maßnahmen in den USA", so JPM weiter. Die Commerzbank erwartet für die Jahre 2025 und 2026 zusammen einen fiskalischen Impuls von gut 3 Prozent des deutschen BIP.
Dass neue Allzeithochs für den DAX aktuell unwahrscheinlich sind, liegt vor allem an dem bislang nur durchwachsenen Verlauf der Berichtssaison. Nachdem rund ein Drittel der Unternehmen ihre Geschäftszahlen veröffentlicht hat, malt Julius Bär ein zweigeteiltes Bild. In den USA übertrafen 86 Prozent der S&P-500-Unternehmen die Gewinnerwartungen und lägen damit deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt von 75 Prozent. Wachstumsstarke Sektoren wie IT und Kommunikation hätten am besten abgeschnitten.
China-US-Handelsgespräche laufen noch
Im Gegensatz dazu enttäuschen laut Julius Bär die Gewinne der europäischen Wirtschaft: Bislang haben nur 55 Prozent der Unternehmen die Erwartungen übertroffen und bleiben damit unter dem langfristigen Durchschnitt von 57 Prozent. "Die meistgenannten Gründe sind ein stärkerer Euro und der Druck durch Zölle, wobei zyklische Sektoren zu kämpfen hatten. Eine Ausnahme bildet der Finanzsektor", so die Analysten.
Gegen neue Hochs im DAX sprechen auch die anhaltenden Unsicherheiten im Trump'schen Handelskrieg. Zwar gibt es ein Abkommen mit der EU, die für die Finanzmärkte aber überaus wichtigen Handelsgespräche zwischen Washington und Peking laufen aber weiter. Viel spricht dafür, dass sich der DAX zunächst in einer breiten Handelsspanne bewegen wird. Bei 24.500 Punkten ist oben der Deckel drauf. Nach unten hat der DAX Luft bis zunächst 23.000 Punkte.
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August 01, 2025 06:46 ET (10:46 GMT)
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