
© Foto: Generiert mithilfe von Midjourney
Angesichts zuletzt stark gestiegener Kurse sind sich viele Anlegerinnen und Anleger sicher: So wird es auch in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen! Doch es gibt gute Gründe dafür, weswegen es genau jetzt zum Gegenteil kommen könnte. Was dafür spricht und wie sich Anlegerinnen und Anleger gegen einen möglichen Crash absichern können.
Gewinne ohne Ende? Das erhoffen sich aktuell Anlegerinnen und Anleger, ...
Seit seinem Einbruch im April hat der Aktienmarkt ein bemerkenswertes Comeback gefeiert, das es in der jüngeren Finanzmarktgeschichte in dieser Explosivität noch kaum gegeben hat. Angetrieben von unverändert robusten Wirtschaftsdaten, dem KI-Boom und einem schier unstillbaren Renditehunger der Anlegerinnen und Anleger haben sich Indizes wie der DAX, der Nasdaq 100 und der US-Gesamtmarktindex S&P 500 auf neue Allzeithochs verteuert.
In den vergangenen Tagen ging die Rekordjagd vor allem am US-Markt unverändert weiter. Während Indexschwergewichte wie Meta Platforms und Microsoft mit ihren Quartalszahlen zu überzeugen wussten, erhöhten Investoren (erfolglos) ihre Wetten auf die nächsten Zinssenkungen. Gleichzeitig wurde die ohnehin schon aufgeheizte Stimmung durch IPOs wie Ambiq und Figma weiter befeuert, die sich explosionsartig verteuert haben.
... doch die Sicherheit ist trügerisch, Korrektur- und Crashgefahr wächst
Angesichts dieser starken Kursbewegungen wähnen sich viele Anlegerinnen und Anleger in Sicherheit, dass es in den kommenden Monaten so weitergehen wird und sich am Aktienmarkt unverändert viel Geld mit steigenden Kursen verdienen lässt.
Doch es gibt triftige Gründe dafür, dass das genaue Gegenteil - ein Crash - einsetzen wird. Denn inzwischen ist es zu einer Reihe von gleich fünf Belastungsfaktoren gekommen, die nicht nur zu einer Korrektur, sondern einem vollständigen Ausverkauf am Aktienmarkt führen könnten. Doch es lassen sich auch Gegenmaßnahmen treffen.
1. Rekordhohe Bewertungen
Der erste Grund für einen Crash am Aktienmarkt ist das hohe Bewertungsniveau. Während das sogenannte Shiller-KGV, entwickelt vom Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller, mit 38,7 Punkten nur übertroffen von der Dotcom-Blase den zweithöchsten Stand aller Zeiten anzeigt, notiert der Buffett-Indikator auf einem Allzeithoch.
Inzwischen beträgt die Marktkapitalisierung aller am US-Markt notierten Unternehmen das Doppelte der Wirtschaftsleistung. Das liegt um mehr als zwei Standardabweichungen über dem historischen Mittelwert und zeigt damit eine Ausnahmesituation auf Extremniveau an.
Quelle: Current Market Valuation
Mit Blick auf zahlreiche Einzelwerte zeigt sich ein ähnliches Bild. Gerade Indexschwergewichte und Anlegerlieblinge wie Nvidia, Microsoft, Apple oder Amazon (ganz zu schweigen von Tesla) notierten mit Bewertungsvielfachen, die nach klassischen Bewertungskriterien kaum zu rechtfertigen sind - selbst wenn man das durch KI beschleunigte Umsatz- und Gewinnwachstum in Rechnung stellt.
Da die Magnificent-Seven-Werte inzwischen 33,5 Prozent des Indexgewichtes im S&P 500 ausmachen, würde eine Bewertungskorrektur allein in diesen Aktien zu erheblichen Kursverlusten am gesamten Markt führen. Dazu kommen etliche weitere Werte gerade aus dem KI-Bereich, die mit unangemessen hohen Bewertungsvielfachen handeln (AMD, Palantir, Broadcom).
2. Euphorisches Anlegersentiment
Wenn Anlegerinnen und Anleger völlig sorglos und euphorisch handeln, ist das für die weitere Gesamtmarktentwicklung selten ein gutes Zeichen. Beispielhaft hierfür stehen in den vergangenen Wochen Meme-Aktien wie Clara Technologies, Opendoor oder der nach vielen Jahren noch immer unprofitable Wasserstoff- und Cannabis-Unternehmen wie Plug Power und Canopy Growth.
Auch der neuerliche IPO-Boom mahnt zur Vorsicht. Die Kursexplosionen von Unternehmen wie Circle Internet, Ambiq und erst am Donnertag Figma sind eine deutliche Parallele zum Spätherbst 2021 als Unternehmen wie Coinbase und Rivian zigfach überzeichnet waren und nicht minder explosiv in ihr Börsenleben starteten - nur um wenige Wochen später gemeinsam mit dem Gesamtmarkt einzubrechen.
Ein weiteres beunruhigendes Zeichen ist, dass Aktien- und Optionskäufe auf Kredit ein Allzeithoch erreicht haben. Zum ersten Mal überhaupt kletterte das Kreditvolumen am US-Markt über 1 Billionen US-Dollar, wie die Margin-Statistik von FINRA zeigt:
Quelle: FINRA.org
Wertpapierkäufe auf Kredit sorgen zwar einerseits für Kursanstiege, allerdings bergen sie andererseits die Gefahr von Kaskadeneffekten, da sie im Falle von Korrekturen zu Zwangsverkäufen führen, die Abwärtsbewegungen beschleunigen können.
Auch der Fear & Greed Index zeigte zuletzt "extreme Gier" an. Vor allem das niedrige Put-Call-Verhältnis deutet darauf hin, dass die überwältigende Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger auf weiter steigende Kurse wettet, während sich nur wenige gegen Kursverluste abgesichert haben. Das ist häufig ein zuverlässiger Kontraindikator.
Quelle: CNN.com
Außerdem ist es in den vergangenen Wochen zu einer bemerkenswerten Diskrepanz gekommen. Während private Anlegerinnen und Anleger immer weiter gekauft haben, ist die Stimmung unter institutionellen Vermögensverwaltern und Fondsmanagern deutlich zurückhaltender. Das hat seinen Niederschlag auch in einem unterdurchschnittlichen Handelsvolumen gefunden.
3. Charttechnische Auffälligkeiten
Zu einem hohen Bewertungsniveau und der am Markt herrschenden Sorglosigkeit kommen charttechnische Auffälligkeiten. Wenngleich sich viele Indizes in intakten Aufwärtstrends befinden, die auch durch die Seitwärtspartie im DAX oder dem Intraday-Reversal am US-Markt am Donnerstag keinen Schaden genommen haben, gibt es in den technischen Indikatoren Anlass zur Sorge.
Denn sowohl in vielen marktbreiten Indikatoren wie auch in zahlreichen Einzelwerten, darunter die bereits oben genannten, das Gesamtmarktgeschehen bestimmenden Titeln, ist es zu sogenannten bearishen Divergenzen gekommen. Diese gelten als Vorboten von Trendwendebewegungen, da sie zuvor erzielte (Allzeit-)Hochs technisch nicht bestätigt haben, was die Gefahr von Fehlsignalen bedeutet. Am Beispiel des Nasdaq 100 gestaltet sich die Situation wie folgt:
Obwohl der Technologieindex sich in den vergangenen Wochen auf immer neue Rekordnotierungen vorgeschoben hat, befinden sich die technischen Indikatoren bereits seit einiger Zeit in Abwärtstrends. Damit konnten die Allzeithochs nicht bestätigt werden. Außerdem zeigte der Relative-Stärke-Index über Wochen hinweg ein überkauftes Niveau des Aktienmarktes an.
Der Trendstärkeindikator MACD ist unterdessen unter seine Signallinie gefallen, was auf den Verlust von Aufwärtsmomentum hindeutet. Diese könnte jetzt verstärkt in Abwärts- und Verkaufsdruck umschlagen, auch weil im Wochenchart mit einer Wendekerze zu rechnen ist. Diese sind wie bearishe Divergenzen am Ende längerer Aufwärtsbewegungen ein recht zuverlässiges Trendwendesignal.
Abwärtspotenzial besteht im Nasdaq 100 aktuell vor allem bis zur Horizontalunterstützung bei 22.000 Punkten und der bei etwa 21.000 Punkte verlaufenden 200-Tage-Linie. Doch bereits die Korrektur im April hat gezeigt, dass es unter hohem Druck auch zu deutlich tieferen Kursen kommen kann.
4. US-Präsident Donald Trump
Ein weiterer Belastungsfaktor, der höheren Notierungen am Aktienmarkt im Wege stehen und für einen weiteren Einbruch sorgen könnte, ist US-Präsident Donald Trump. Mit seiner erratischen Zoll- und Handelspolitik hat er den Aktien- und Anleihemarkt im April schon einmal in die Knie gezwungen.
Das unveränderte Festhalten am höchsten Zollniveau seit dem Vorabend der Weltwirtschaftskrise 1929 birgt trotz der zuletzt erreichten Einigungen mit Japan, Südkorea und der EU zahlreiche wirtschaftliche Risiken. Dazu kommt mit dem "One Big Beautiful Bill" eine unverantwortliche Fiskalpolitik, welche die ohnehin hohe Staatsverschuldung der USA weiter explodieren lassen wird.
Damit droht die US-Notenbank die Kontrolle über die Zinsen am langen Ende der Zinskurve endgültig zu verlieren. Schon jetzt ist der Schuldendienst einer der größten Haushaltsposten, was zu einer Austeritätspolitik führen könnte. Auch das ging in der Vergangenheit selten gut aus. Nicht leichter macht Trump der Fed ihren Job mit seinen fortwährenden Angriffen auf den Vorsitzenden Jerome Powell.
Nachdem dieser am Mittwochabend erneut an seinem abwartenden Kurs festgehalten hat, ist er wieder unter Beschuss geraten. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit der Fed und ihre Unabhängigkeit, was zu höheren Anleiherenditen und noch mehr Gegenwind sowohl für den Aktienmarkt als auch den Staatshaushalt der USA bedeuten könnte.
Quelle: Truth Social
Die restriktive Einwanderungspolitik nicht nur gegenüber illegalen Arbeitsmigrantinnen und -migranten, sondern auch gegenüber gut ausgebildeten Fachkräften wie internationalen Studierenden drohen außerdem zu erhöhtem Inflationsdruck einerseits und dem Verlust an Attraktivität für Spitzenforscherinnen und -forschern zu führen. Die USA könnten im Technologiewettstreit mit China ins Hintertreffen geraten, was die hohen Unternehmensbewertungen im US-Tech-Bereich infrage stellen würde.
5. Saisonale Muster
Zu guter Letzt mahnen auch saisonale Muster zur Vorsicht. Während der Juli statistisch betrachtet einer der besten Börsenmonate des Jahres ist, liegen mit dem August und September zwei äußerst schwache Monate vor den Anlegerinnen und Anlegern. Hierfür ist vor allem die Sommerpause verantwortlich.
Auch der Oktober ist ein historisch betrachtet unterdurchschnittlich erfolgreicher Monat, die langfristige Statistik wird dabei zugegeben aber auch durch historisch einmalige Ereignisse wie dem Schwarzen Freitag am 24. Oktober 1929 oder den gleichfalls bezeichneten Freitag am 19. Oktober 1987 verzerrt wird.
In den vergangenen 10 Jahren lag die Erfolgsquote im S&P 500 im August bei 50,0 Prozent, im September bei 40,0 Prozent und im Oktober wieder bei 50,0 Prozent. Dabei kam es zu Verlusten von bis zu 9,6 Prozent im September 2022. Mit durchschnittlichen Kursverlusten von -2,2 Prozent ist der September aber auch darüber hinaus der schlechteste Börsenmonat des letzten Jahrzehnts gewesen.
Fazit: Jetzt Gewinne mitnehmen und Depot absichern!
Angesichts dieser ganzen Reihe von Gründen sollten sich Anlegerinnen und Anleger daher entgegen der am Markt zuletzt vorherrschenden Hochstimmung in Acht nehmen und auf möglicherweise empfindliche Kursgewinne vorbereiten.
Ein hierfür geeignetes Mittel ist neben Gewinnmitnahmen und Teilverkäufen der Einsatz von Put-Optionsscheinen. Die sind gegenwärtig umso attraktiver, als dass sie aufgrund der hohen Käufe von Call-Optionen in den vergangenen Wochen und Monaten bei gleichen Ausstattungsmerkmalen günstiger sind.
So können Sie sich jetzt zusätzlich schützen
Wer sich auf Kursverluste bis Ende Oktober einstellen möchte, ein Zeitpunkt zu dem die Kurse häufig wieder zu steigen beginnen, wenn es nicht zuvor tatsächlich zu einem Crash gekommen ist, sollte - um Zeitwertverluste zu vermeiden - einen Optionsschein wählen, der zwei Monate länger läuft.
Ein passendes Profil bietet der Put-Optionsschein MJ21AU auf den US-Gesamtmarktindex S&P 500 mit einer Laufzeit bis zum 19. Dezember und einem Basispreis von 6.400 Punkten. Der tagesaktuelle effektive Hebel (Omega) liegt bei 11,9. Das bietet die Chance auf hohe Absicherungsgewinne, wie das folgende Auszahlungsprofil verdeutlicht:
Doch Vorsicht: Sollte der S&P 500 zum Laufzeitende oberhalb von 6.400 Punkten notieren, verfällt MJ21AU wertlos. Es besteht also Totalverlustgefahr. Daher sollte die Position vorzeitig verkauft und der Restwert gesichert werden, wenn der S&P 500 überzeugend auf neue Allzeithochs klettern und dabei seine bearishen Divergenzen aufgeben sollte.
Gastautor: Max Gross
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