(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz zum Neubau, Mitarbeitersuche, Analyst, Aktienkurs)
BOCHUM (dpa-AFX) - Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia wird nach Zuwächsen in der ersten Jahreshälfte zuversichtlicher für 2025. "Wir haben den Schalter für mehr Wachstum im richtigen Moment umgelegt, unsere Strategie funktioniert und zeigt Effekte", sagte Vonovia-Chef Rolf Buch bei Vorlage von Halbjahreszahlen am Mittwoch. Das zeige sich im stabilen Vermietungsgeschäft sowie deutlichen Zuwächsen des operativen Ergebnisses im Geschäft mit Zusatzleistungen, Projektentwicklung und Verkäufen von Immobilien. Zudem nehme der Mitte 2024 begonnene Aufwärtstrend bei den Immobilienwerten weiter Fahrt auf. An der Börse kamen die Nachrichten gut an.
Die Aktie legte im frühen Handel um gut vier Prozent auf 28,47 Euro zu und gehörte damit zu den größten Gewinnern im deutschen Leitindex Dax . Zuletzt betrug das Plus noch 2,6 Prozent. Analyst Neil Green von der US-Bank JPMorgan sprach von einem erfreulichen Quartalsbericht des Wohnimmobilienkonzerns. Dabei verwies er darauf, dass der zugrundeliegende Portfoliowert im ersten Halbjahr um 1,3 Prozent gestiegen sei, was eine Beschleunigung im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2024 sei. Zudem hob er hervor, dass Vonovia die Prognose für das bereinigte Vorsteuerergebnis 2025 angehoben habe.
Der bereinigte Vorsteuergewinn soll 2025 nun bei 1,85 Milliarden bis 1,95 Milliarden Euro liegen und damit am oberen und unteren Ende der Spanne 100 Millionen Euro höher als zuvor. In den ersten sechs Monaten erhöhte sich das Ergebnis um knapp elf Prozent auf gut 984 Millionen Euro. Für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) peilt der Vorstand jetzt in etwa das obere Ende der Bandbreite von 2,7 Milliarden bis 2,8 Milliarden Euro an.
Vonovia profitiert weiterhin wie alle Vermieter von einer hohen Nachfrage nach Wohnraum in den Ballungsgebieten. Die monatliche Miete stieg im ersten Halbjahr im Schnitt auf 8,22 Euro pro Quadratmeter - das waren 4,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In Deutschland betrug die durchschnittliche Monatsmiete per Ende Juni 8,05 Euro pro Quadratmeter.
Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte im Halbjahr vor allem dank guter Geschäfte mit Dienstleistungen rund um die Immobilie im Jahresvergleich um 12 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich erwirtschaftete Vonovia Ende Juni einen Gewinn von gut 811 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch aufgrund von Abwertungen im Immobilienportfolio einen Verlust von rund 529 Millionen Euro gemacht.
Nach milliardenschweren Verlusten aufgrund der Abwertung von Immobilien und nach zwei Jahren Bilanzschonung soll Vonovia wieder wachsen. So rücken die während der Stabilisierungsphase zurückgefahrenen Geschäfte in den Fokus, etwa die Projektentwicklung und zusätzliche Dienstleistungen rund um Immobilien. Bis 2028 sollen diese Bereiche 20 bis 25 Prozent zum bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) beitragen.
Insgesamt peilt Vonovia 2028 einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebitda) von 3,2 bis 3,5 Milliarden Euro an. Das wäre bis zu einem Drittel mehr als 2024. Dazu will Vonovia mehr investieren. Der Immobilienkonzern setzt verstärkt auf serielle Sanierung und seriellen Neubau. Im laufenden Jahr will er 1,2 Milliarden Euro in energetische Sanierung, Neubau und den Ausbau von Photovoltaik und Wärmepumpen stecken. Bis 2028 sollen die Investitionen auf bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr im Vergleich zu 2024 verdoppelt werden.
Auch will Vonovia künftig unsanierte Immobilienbestände kaufen und auf Vordermann bringen. Zudem nimmt das Unternehmen wieder den Neubau mit 3.000 Wohnungen auf. "Der Neubau entwickelt sich wie erwartet", erläuterte Vorstandschef Buch. Viele Projekte würden aber erst 2027 sichtbar, wenn sie fertiggestellt seien. 2023 und 2024 hatte Vonovia in der Branchenkrise keine Neubauprojekte begonnen. Bereits angefangene Projekte hatte der Konzern aber weitergeführt.
Das Unternehmen ziehe das Tempo weiter an, sagte Buch in einer Telefonkonferenz. Mit dem sogenannten "Basishaus" baue Vonovia möglichst einfach und günstig. Unterstützung für diese Idee bekomme das Unternehmen durch den sogenannten Gebäudetyp E. Der Konzern erhoffe sich eine weitere Vereinfachung beim Bau durch die angestrebte Typengenehmigung. "Dann können wir von Kiel bis München - vom Baukörper her - immer das gleiche Haus bauen", erläuterte der Manager. Das verschaffe dem Unternehmen einen immensen Zeit- und immensen Kostenvorteil. Vonovia besitzt als Europas größtes privates Wohnungsunternehmen rund 533.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich.
Derweil sucht Vonovia Tausende neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Wir haben 2.800 offene Stellen im Moment", sagte Vorstandschef Buch. Gesucht würden vor allem Handwerker wie Elektriker, Fliesenleger, Maler oder Dachdecker. "Wir haben einen immensen Fachkräftemangel in unseren Gewerken und dem müssen wir entgegengehen", so Buch weiter. Vonovia bilde bereits "massiv" aus. Auch außerhalb Deutschlands, zum Beispiel in Kolumbien, rekrutiere der Konzern. Buch hofft, die offenen Stellen bis zum Jahresende besetzen zu können. Ende Juni beschäftigte der Konzern knapp 12.400 Menschen, 2,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor./mne/tob/men/mis