Tutzing (ots) -
KI verändert die Welt - auch an Orten, wo es sonst an allem fehlt. Im St. Walburg's Hospital im tansanischen Nyangao herrscht Bedarf an finanziellen Mitteln, an Technik, an Medikamenten und an Personal. Aber nicht an Ideenreichtum: Mit dem Team der Artemed Stiftung und innovativen KI-Unternehmen ermöglicht der Münchner Radiologe Dr. Amir Bigdeli dank Künstlicher Intelligenz die Diagnostik und Behandlung von Tuberkulosepatient:innen da, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Im Interview erzählt er von einem Projekt, das seinesgleichen sucht.
Dr. Bigdeli, alle reden über KI und wie sie die Welt verändern wird. Dabei denkt man zunächst natürlich an wohlhabende Industriestaaten. Sie bringen das Thema jetzt mit der Artemed Stiftung aber zu den Ärmsten der Armen im Süden Tansanias. Wie dürfen wir uns das vorstellen - man kommt als Helfer in eine Klinik am anderen Ende der Welt, schaut sich alles an und legt dann einfach los mit KI?
Das ist natürlich stark vereinfacht - aber eigentlich: Ja, genau so lief es zumindest bei mir! Als ich im September 2019 zum ersten Mal die Röntgenabteilung des St. Walburg's Hospital im abgelegenen Nyangao betrat, verschlug es mir die Sprache. Vor mir stand ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten: ein über fünfzig Jahre altes, defektes Röntgengerät. Die Technik war derart veraltet, dass manche Untersuchungen, wie eine stehende Wirbelsäulenaufnahme, gar nicht mehr adäquat möglich waren. Zerschlissene Bleischürzen hingen wie stumme Zeugen vergangener Jahrzehnte an den Haken, und die nicht mehr zeitgemäßen, defekten Bleischutzmatten an den Türen waren nur noch rudimentär vorhanden - eine bloße Illusion von Strahlenschutz. So etwas hatte ich noch nie gesehen - und ich gehe stark davon aus, dass es 95 Prozent meinen Kollegen hierzulande ganz ähnlich gegangen wäre.
Und trotzdem haben Sie nicht gleich wieder kehrtgemacht?
Natürlich nicht! Dafür möchten wir ja unterstützen! Ganz davon abgesehen gab es auch einen ganz großen Hoffnungsschimmer: Zwei Röntgenassistenten, deren Hingabe und Ausdauer bewundernswert war, versorgten mit einem Lächeln im Gesicht geduldig die vielen wartenden Patienten. Tag für Tag, trotz aller widrigen Umstände. Solche Menschen können wir doch auf keinen Fall im Stich lassen!
Wie ging es dann weiter?
Während meiner täglichen Hospitation begann ich erst, das Ausmaß der medizinischen Herausforderung zu begreifen: eine erschütternd hohe Zahl an Tuberkulosefällen - viele davon übersehen, weil die Lungenveränderungen auf dem Röntgenbild oft nur schemenhaft sichtbar sind. Es gab und gibt in Nyangao aber keinen Facharzt für Radiologie, der diese diskreten Zeichen im Frühstadium einer Tuberkulose erkennen konnte. Ich hörte die Geschichten jener, die drei Tage und Nächte auf klapprigen Fahrrädern oder barfuß auf staubigen Wegen unterwegs gewesen waren - alles in der Hoffnung auf Hilfe, auf eine Diagnose, auf eine Behandlung. Doch ohne präzise Bildgebung blieb die Krankheit oft unentdeckt. Tuberkulose - hochinfektiös, potenziell tödlich - fraß sich ungehindert durch Lungen und Leben.
Und da wussten Sie, dass eine bessere Lösung her muss?
Dass hier gehandelt werden musste, war allen schon lange klar. Doch wie? Eine praktikable Lösung, die auch medizinischem Personal ohne radiologische Ausbildung vor Ort konnte, bestand in der Installation einer KI zur Erkennung von Tuberkulose.
Haben Sie denn dazu auch bereits hierzulande Erfahrungen gesammelt?
Natürlich! Wir setzen KI mit unserem Partner deepc bereits sehr erfolgreich im Artemed Klinikum München Süd ein. Den Entschluss, diese Zusammenarbeit auch für die Artemed Stiftung zu nutzen, konnten wir entsprechend guten Gewissens fassen, wenngleich das Vorhaben gewaltig erschien: die Implementierung künstlicher Intelligenz in einem Buschkrankenhaus, in einem der am meisten unterversorgten Gebiete Ostafrikas.
Stand dort denn alles dafür bereit?
Mitnichten - es gab natürlich im Vorfeld allerhand zu tun: Die Röntgenabteilung wurde renoviert, der Strahlenschutz modernisiert, das alte Gerät ersetzt - ein technischer Neuanfang sozusagen. Parallel dazu testete ich in München verschiedene KI-Systeme und fand schließlich in einem rumänischen MedTech-Startup namens Rayscape eine Lösung, die noch weiter ging: Ihre Anwendung "CXR" erkannte nicht nur Tuberkulose zuverlässig, sondern auch 147 weitere pathologische Veränderungen der Lunge - und das auf Aufnahmen in jeder Position, also im Stehen und im Liegen. Fantastisch!
Und dann ging es los...
Tatsächlich holte uns dann erst einmal die bürokratische Realität ein: Um die KI in Tansania zu nutzen, bedurfte es der Genehmigung der Behörden - ein Prozess, der sich zäher gestaltete als gedacht. Doch gemeinsam mit deepc und Rayscape und nach endlosen Gesprächen, Nachweisen und Argumentationen erhielten wir schließlich die langersehnte Freigabe. Die KI wurde auf deepcOS installiert - einer Plattform, die wir schon für die Artemed nutzen. Sie steht für die sichere, pseudonymisierte Verarbeitung medizinischer Daten in der Cloud und ist nach ISO 27001:2022 zertifiziert. Und im Mai war es dann endlich soweit - das wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Nach einer feierlichen Zeremonie - bei der Kolleg:innen aus Deutschland, Rumänien und London virtuell zugeschaltet waren - hielten wir vor der Morgenbesprechung eine Schulung für das gesamte Klinikteam ab. Die Neugier und Spannung unter der versammelten Ärzteschaft war geradezu greifbar. Dann, in der Röntgenabteilung, wurde die KI erstmals unter realen Bedingungen getestet. Und bei einer der ersten Aufnahmen geschah das, worauf wir so lange hingearbeitet hatten: Die Software markierte eine Tuberkulose, die den nicht radiologisch geschulten Augen der lokalen Mitarbeiter entgangen wäre.
Also ein voller Erfolg!
Ja, das kann man wirklich so sagen. Und wir würden uns riesig freuen, wenn er als Exempel für viele weitere Projekte inner- und außerhalb der Artemed Stiftung gelten könnte. Das Projekt in Nyangao zeigt, wie moderne Technologien wie künstliche Intelligenz sinnvoll in Entwicklungsregionen integriert werden können - nicht als Ersatz für medizinisches Personal, sondern als gezielte Unterstützung, um die Qualität der Versorgung nachhaltig zu verbessern! Dass wir diesen Schritt gehen konnten, ist wirklich unglaublich - und wir freuen uns riesig auf viele weitere!
Pressekontakt:
Leonie Ottmer
Leitung Unternehmenskommunikation
Artemed SE
Bahnhofstraße 7
82327 Tutzing
Tel.: 08158 90770-95
Fax: 08158 90770-77
leonie.ottmer@artemed.de
www.artemed.de
Original-Content von: Artemed SE, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/178941/6091484
KI verändert die Welt - auch an Orten, wo es sonst an allem fehlt. Im St. Walburg's Hospital im tansanischen Nyangao herrscht Bedarf an finanziellen Mitteln, an Technik, an Medikamenten und an Personal. Aber nicht an Ideenreichtum: Mit dem Team der Artemed Stiftung und innovativen KI-Unternehmen ermöglicht der Münchner Radiologe Dr. Amir Bigdeli dank Künstlicher Intelligenz die Diagnostik und Behandlung von Tuberkulosepatient:innen da, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Im Interview erzählt er von einem Projekt, das seinesgleichen sucht.
Dr. Bigdeli, alle reden über KI und wie sie die Welt verändern wird. Dabei denkt man zunächst natürlich an wohlhabende Industriestaaten. Sie bringen das Thema jetzt mit der Artemed Stiftung aber zu den Ärmsten der Armen im Süden Tansanias. Wie dürfen wir uns das vorstellen - man kommt als Helfer in eine Klinik am anderen Ende der Welt, schaut sich alles an und legt dann einfach los mit KI?
Das ist natürlich stark vereinfacht - aber eigentlich: Ja, genau so lief es zumindest bei mir! Als ich im September 2019 zum ersten Mal die Röntgenabteilung des St. Walburg's Hospital im abgelegenen Nyangao betrat, verschlug es mir die Sprache. Vor mir stand ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten: ein über fünfzig Jahre altes, defektes Röntgengerät. Die Technik war derart veraltet, dass manche Untersuchungen, wie eine stehende Wirbelsäulenaufnahme, gar nicht mehr adäquat möglich waren. Zerschlissene Bleischürzen hingen wie stumme Zeugen vergangener Jahrzehnte an den Haken, und die nicht mehr zeitgemäßen, defekten Bleischutzmatten an den Türen waren nur noch rudimentär vorhanden - eine bloße Illusion von Strahlenschutz. So etwas hatte ich noch nie gesehen - und ich gehe stark davon aus, dass es 95 Prozent meinen Kollegen hierzulande ganz ähnlich gegangen wäre.
Und trotzdem haben Sie nicht gleich wieder kehrtgemacht?
Natürlich nicht! Dafür möchten wir ja unterstützen! Ganz davon abgesehen gab es auch einen ganz großen Hoffnungsschimmer: Zwei Röntgenassistenten, deren Hingabe und Ausdauer bewundernswert war, versorgten mit einem Lächeln im Gesicht geduldig die vielen wartenden Patienten. Tag für Tag, trotz aller widrigen Umstände. Solche Menschen können wir doch auf keinen Fall im Stich lassen!
Wie ging es dann weiter?
Während meiner täglichen Hospitation begann ich erst, das Ausmaß der medizinischen Herausforderung zu begreifen: eine erschütternd hohe Zahl an Tuberkulosefällen - viele davon übersehen, weil die Lungenveränderungen auf dem Röntgenbild oft nur schemenhaft sichtbar sind. Es gab und gibt in Nyangao aber keinen Facharzt für Radiologie, der diese diskreten Zeichen im Frühstadium einer Tuberkulose erkennen konnte. Ich hörte die Geschichten jener, die drei Tage und Nächte auf klapprigen Fahrrädern oder barfuß auf staubigen Wegen unterwegs gewesen waren - alles in der Hoffnung auf Hilfe, auf eine Diagnose, auf eine Behandlung. Doch ohne präzise Bildgebung blieb die Krankheit oft unentdeckt. Tuberkulose - hochinfektiös, potenziell tödlich - fraß sich ungehindert durch Lungen und Leben.
Und da wussten Sie, dass eine bessere Lösung her muss?
Dass hier gehandelt werden musste, war allen schon lange klar. Doch wie? Eine praktikable Lösung, die auch medizinischem Personal ohne radiologische Ausbildung vor Ort konnte, bestand in der Installation einer KI zur Erkennung von Tuberkulose.
Haben Sie denn dazu auch bereits hierzulande Erfahrungen gesammelt?
Natürlich! Wir setzen KI mit unserem Partner deepc bereits sehr erfolgreich im Artemed Klinikum München Süd ein. Den Entschluss, diese Zusammenarbeit auch für die Artemed Stiftung zu nutzen, konnten wir entsprechend guten Gewissens fassen, wenngleich das Vorhaben gewaltig erschien: die Implementierung künstlicher Intelligenz in einem Buschkrankenhaus, in einem der am meisten unterversorgten Gebiete Ostafrikas.
Stand dort denn alles dafür bereit?
Mitnichten - es gab natürlich im Vorfeld allerhand zu tun: Die Röntgenabteilung wurde renoviert, der Strahlenschutz modernisiert, das alte Gerät ersetzt - ein technischer Neuanfang sozusagen. Parallel dazu testete ich in München verschiedene KI-Systeme und fand schließlich in einem rumänischen MedTech-Startup namens Rayscape eine Lösung, die noch weiter ging: Ihre Anwendung "CXR" erkannte nicht nur Tuberkulose zuverlässig, sondern auch 147 weitere pathologische Veränderungen der Lunge - und das auf Aufnahmen in jeder Position, also im Stehen und im Liegen. Fantastisch!
Und dann ging es los...
Tatsächlich holte uns dann erst einmal die bürokratische Realität ein: Um die KI in Tansania zu nutzen, bedurfte es der Genehmigung der Behörden - ein Prozess, der sich zäher gestaltete als gedacht. Doch gemeinsam mit deepc und Rayscape und nach endlosen Gesprächen, Nachweisen und Argumentationen erhielten wir schließlich die langersehnte Freigabe. Die KI wurde auf deepcOS installiert - einer Plattform, die wir schon für die Artemed nutzen. Sie steht für die sichere, pseudonymisierte Verarbeitung medizinischer Daten in der Cloud und ist nach ISO 27001:2022 zertifiziert. Und im Mai war es dann endlich soweit - das wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Nach einer feierlichen Zeremonie - bei der Kolleg:innen aus Deutschland, Rumänien und London virtuell zugeschaltet waren - hielten wir vor der Morgenbesprechung eine Schulung für das gesamte Klinikteam ab. Die Neugier und Spannung unter der versammelten Ärzteschaft war geradezu greifbar. Dann, in der Röntgenabteilung, wurde die KI erstmals unter realen Bedingungen getestet. Und bei einer der ersten Aufnahmen geschah das, worauf wir so lange hingearbeitet hatten: Die Software markierte eine Tuberkulose, die den nicht radiologisch geschulten Augen der lokalen Mitarbeiter entgangen wäre.
Also ein voller Erfolg!
Ja, das kann man wirklich so sagen. Und wir würden uns riesig freuen, wenn er als Exempel für viele weitere Projekte inner- und außerhalb der Artemed Stiftung gelten könnte. Das Projekt in Nyangao zeigt, wie moderne Technologien wie künstliche Intelligenz sinnvoll in Entwicklungsregionen integriert werden können - nicht als Ersatz für medizinisches Personal, sondern als gezielte Unterstützung, um die Qualität der Versorgung nachhaltig zu verbessern! Dass wir diesen Schritt gehen konnten, ist wirklich unglaublich - und wir freuen uns riesig auf viele weitere!
Pressekontakt:
Leonie Ottmer
Leitung Unternehmenskommunikation
Artemed SE
Bahnhofstraße 7
82327 Tutzing
Tel.: 08158 90770-95
Fax: 08158 90770-77
leonie.ottmer@artemed.de
www.artemed.de
Original-Content von: Artemed SE, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/178941/6091484
© 2025 news aktuell