LINGEN/ESSEN (dpa-AFX) - Der Rückbau des Atomkraftwerks Emsland im niedersächsischen Lingen soll Mitte der 2030er Jahre abgeschlossen sein. Dies teilte der Energiekonzern RWE mit. Das Kernkraftwerk gehört mit Isar 2 und Neckarwestheim 2 zu den drei zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerken in Deutschland. Sie hatten am 15. April 2023 zum letzten Mal Strom erzeugt.
Nach der Abschaltung waren im Kraftwerk Emsland wie üblich die ausgebrannten Brennelemente aus dem Reaktorkern in ein Abklingbecken gestellt worden. Dort kühlen sie nach Angaben von Rückbauleiter Andreas Friehe weiter ab, bis sie ab Ende 2026 in Spezialbehältern verpackt werden können. Außerdem wurde bereits der sogenannte Primärkreislauf dekontaminiert, also von radioaktiv belasteten Teilen befreit.
Im Kernkraftwerk Emsland lagern noch mehr als 700 Brennelemente
Bis Ende 2027 sollen alle Brennelemente aus dem Kraftwerk entfernt werden. Entsorgt werden müssen insgesamt mehr als 700 Brennelemente. Sie sollen - sicher verpackt - in das Zwischenlager Lingen gebracht werden, das sich neben dem Kraftwerk befindet.
Die Vorbereitungen für die Demontage wichtiger Anlagenteile laufen. So soll in den kommenden Wochen mit dem Abbau zentraler Wasser- und Dampfleitungen begonnen werden. Der 108 Tonnen schwere Deckel des Reaktor-Druck-Behälters liegt ebenfalls schon bereit, um zerschnitten zu werden.
Derzeit sind im Kraftwerk rund 280 Menschen mit der sicheren Demontage der Anlage befasst. In einem aufwendigen Prozess wird dabei jedes einzelne Bauteil erfasst, zerlegt, auf Radioaktivität geprüft und gegebenenfalls gereinigt.
Für Stilllegung, Rückbau und fachgerechte Verpackung der radioaktiven Abfälle sind in Westdeutschland die Betreiberfirmen der Kraftwerke zuständig. RWE hat für den Rückbau allein des Kraftwerks Emsland knapp 1,4 Milliarden Euro zurückgelegt.
RWE verspricht beim Rückbau "größtmögliche Sicherheit"
RWE ist für den Rückbau von acht der insgesamt 33 stillgelegten Atomreaktoren in Deutschland zuständig. Das Unternehmen verspricht in einer Broschüre, "den Rückbau aller unserer Kernkraftwerke vollständig und unter Wahrung größtmöglicher Sicherheit umzusetzen". Man stehe bereit, 100 Prozent aller Stoffe in der Verantwortung von RWE sicher einer neuen Nutzung zuzuführen oder zu entsorgen. Dabei werde recycelt, was recycelt werden könne.
Beim Rückbau des Kraftwerks Emsland fallen nach RWE-Angaben rund 820.000 Tonnen Reststoffe an. 4.270 Tonnen davon, rund ein halbes Prozent, ist radioaktiver Abfall, der in ein Endlager muss. Für weitere 2 Prozent ist demnach eine spezifische Freigabe nötig. Dieser Abfall wird dann verbrannt, eingeschmolzen oder kommt auf eine Deponie. Bei den übrigen 97,5 Prozent handelt es sich zum größten Teil um Materialien aus dem Außenbereich, die laut RWE nie mit Radioaktivität in Berührung gekommen sind. Für diese gibt es eine sogenannte unbeschränkte Freigabe. Sie werden entweder wieder verwendet oder konventionell entsorgt, etwa durch Müllverbrennung./tob/DP/he