BENGALURU (dpa-AFX) - Indien hat bei der Suche nach Fachkräften aus dem Ausland aus Sicht von Bundesaußenminister Johann Wadephul einen besonderen Stellenwert. "Deutschland braucht dringend hoch qualifizierte Fachkräfte", sagte der CDU-Politiker bei einem Besuch der indischen High-Tech-Metropole Bengaluru (ehemals Bangalore). Davon gebe es in dem bevölkerungsreichsten Land zahlreiche, besonders im IT-Bereich. Das Ziel sei deshalb, noch mehr von ihnen nach Deutschland zu holen. Der Außenminister sucht darüber hinaus auf allen Ebenen eine engere Zusammenarbeit mit Indien.
Das Thema der Frachtkräftegewinnung ist ein zentrales Thema seines Besuchs in Bengaluru im Südwesten des Landes. Deutschland konkurriert jedoch in diesem Bereich mit dem Rest der Welt.
"Willkommenskultur in Deutschland"
Damit Deutschland noch stärker zum Zug komme, seien drei Dinge essenziell, so Wadephul: eine gute Sprachausbildung, ein zügiges digitales Visumverfahren und eine "Willkommenskultur in Deutschland". Die deutsch-indische Migrations- und Mobilitätspartnerschaft und die Fachkräfte-Strategie für Indien bildeten dafür die Basis.
Im Goethe-Institut suchte der CDU-Politiker das Gespräch mit Deutsch-Schülerinnen und -Schülern. Was sie denn besonders am fernen Deutschland reize, will der Minister wissen: Neben guten Studien- und Berufsaussichten nennen gleich mehrere der jungen Menschen die "Work-Life-Balance" in Deutschland.
Reise von geostrategischer Bedeutung
Aus Bengaluru reiste Wadephul für seine politischen Gespräche nach Neu-Delhi weiter, wo er nach Angaben seines Ministeriums am Mittwoch außer seinem Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar auch Ministerpräsident Narendra Modi treffen wird.
Vor welchem geostrategischen Hintergrund die Reise steht, zeigt das jüngste Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in der chinesischen Hafenstadt Tianjin. Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte dazu von Sonntag an unter anderem Russlands Präsident Wladimir Putin und Modi eingeladen.
Bilder zeigen, wie Modi in Putins Präsidentenlimousine mitfährt und beide Hand in Hand durch die Konferenzhalle laufen. Gut möglich, dass dies von dem Inder auch als Zeichen an US-Präsident Donald Trump gedacht war, nachdem dieser die Zölle auf indische Waren auf 50 Prozent verdoppelt hatte.
Pragmatisch auf Partnersuche
Doch Wadephul hält nichts davon, auf solche Gesten überempfindlich zu reagieren. Im Gegenteil: Pragmatisch will er in Indien nach weiteren Anknüpfungspunkten suchen, um Deutschland Indien als größten demokratischen Schlüsselpartner näherzubringen.
Der Außenminister sucht nicht nur wirtschaftlich eine engere Zusammenarbeit mit Neu-Delhi, um Deutschland und die EU unabhängiger auch von den USA zu machen. Auch der Ausbau der Sicherheits-, Verteidigungs- und Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Indien sei im wechselseitigen Interesse, betont er schon zu Beginn der Reise.
Indien ist nach Angaben der Bundesregierung inzwischen die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, die Bundesrepublik deren wichtigster Handelspartner in der EU. Mehr als 2000 deutsche Unternehmen sind den Angaben zufolge in Indien aktiv. Wadephul wird von einer außergewöhnlich großen Wirtschaftsdelegation begleitet - rund ein Dutzend Vertreter von Unternehmen etwa aus den Bereichen Rüstung, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt oder dem Mobilitätsbereich sind dabei.
Weltraum, Mobilität, KI: Indiens High-Tech-Metropole Bengaluru
Die Millionenstadt Bengaluru ist wegen ihrer großen Konzentration von IT-Unternehmen auch als "Silicon Valley" Indiens bekannt. Wadephul lässt sich im Hauptquartier der Weltraumforschungsorganisation Isro die Montage von Satelliten zeigen. Indien will eigene Astronauten bis 2040 auf den Mond bringen, in den nächsten Jahren soll es den ersten bemannten Raumflug geben.
Hintergrund der Besichtigung: Europa liegt in Weltraumbereich zurück und ist stark von US-Systemen abhängig. China kommt als Partner wegen der Systemrivalität kaum in Frage. Also signalisiert der Minister den Indern, dass Deutschland auch in diesem Bereich bereit zur Zusammenarbeit ist.
Minister im Mercedes-Benz-Entwicklungszentrum
Im Forschungs- und Entwicklungszentrum von Mercedes-Benz besichtigt Wadephul einen Testraum für Autos. Sogar ein Prototyp wird ihm vorgeführt - Fotos natürlich streng verboten. Auch ein Labor für Kamera- und Sensortechnik im Bereich autonomes Fahren wird dem Minister präsentiert.
Größtes SAP-Forschungszentrum außerhalb Deutschlands
Zum Abschluss seines Besuchs in Bengaluru läuft Wadephul durch den erst im August eröffneten und 17 Hektar großen "Innovationspark SAP-Labs Indien" des deutschen Softwareherstellers. Bei einer Diskussion mit Mitarbeitern geht es wieder um High-Tech: "KI und Außenpolitik" heißt das Thema.
Der Standort Bengaluru ist einer der weltweit größten von SAP und beherbergt das größten Forschungs- und Entwicklungszentrum des Unternehmens außerhalb Deutschlands. Am Ende sollen hier 17.000 Fachkräfte arbeiten - schon jetzt sind es 3.200./bk/DP/jha