München (ots) -
- Drei Nachwuchsforscherinnen und -forscher haben je einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für ihre Projekte mit der LMU eingeworben.
- Erfolgreich waren Projekte aus den Bereichen Nanophysik, Protein-Design und Kulturwissenschaften.
- Die mit je 1,5 Millionen Euro dotierten Grants gehören zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.
Der Nanoforscher Quinten Akkerman, die Kulturwissenschaftlerin Marianna Mazzola und der Biophysiker Lukas Milles bekommen für ihre neuen Forschungsprojekte an der LMU jeweils einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Förderung beträgt jeweils etwa 1,5 Millionen Euro. Der ERC vergibt Starting Grants anhand der wissenschaftlichen Exzellenz der Antragstellerinnen und Antragsteller sowie des beantragten Projekts. Sie zählen zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.
Die Projekte im Einzelnen:
Kontrolle über Quantenpunkte
Dr. Quinten Akkerman leitet die Arbeitsgruppe "Quantenpunkt-Synthese und -Charakterisierung" am Lehrstuhl für Photonik und Optoelektronik, Nano-Institut der LMU.
In der Nanophysik sind in den vergangenen Jahren sogenannte Quantenpunkte (engl. Quantum Dots, kurz QD) in den Fokus der Forschung geraten. Diese QDs besitzen neue und unerwartete Eigenschaften, die sich für innovative Bauelemente in der Elektronik, Optoelektronik und Quanteninformationsverarbeitung nutzen lassen. Ein Beispiel sind hier die sogenannten Bleihalogenid-Perowskit-Quantenpunkte (PeQDs). Sie sind ein vielversprechender Kandidat, der die steigende Nachfrage nach kleineren, effizienteren und komplexeren Bauteilen erfüllen könnte. Ihre Ionenchemie ist allerdings schwer zu kontrollieren, was ihre Abstimmbarkeit, Stabilität, Verarbeitbarkeit und Effizienz einschränkt. Daher ist es aktuell noch schwer, sie in effiziente optoelektronische und Quantenbauelemente zu integrieren.
Hier setzt das nun mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnete Projekt CONTROL von Quinten Akkerman an. Ziel ist es, die erste Generation von PeQDs mit vollständig abstimmbaren Ligandenhüllen und epitaktischen Grenzflächen mit Nicht-Perowskit-Halbleiter zu entwickeln. CONTROL soll dabei nicht nur grundlegende Erkenntnisse zur Synthese und den Liganden von PeQDs liefern, sondern auch wichtige Fortschritte bei der Abstimmung ihrer optischen Eigenschaften und ihrer Oberflächenchemie erzielen. Basis dafür ist ein grundlegendes Verständnis der komplexen und schnell ablaufenden chemischen Prozesse. CONTROL wird dabei neue Instrumente entwickeln, beispielsweise eine automatisierte Syntheseplattform mit In-situ-Spektroskopiefunktionen.
Die Erkenntnisse von CONTROL werden dazu dienen, die Synthese von PeQDs neu zu gestalten, mit dem Ziel, ihre optischen Eigenschaften und die Oberflächenchemie weiter zu verbessern und die QDs so vorzubereiten, dass sie sich effizienter in die nächste Generation innovativer Bauelemente integrieren lassen.
Christliche Bischöfe in der islamischen Periode
Dr. Marianna Mazzola ist Assistenzprofessorin an der Universität Pisa und assoziiertes Mitglied des Munich Research Centre for Jewish-Arabic Cultures.
Marianna Mazzola untersucht in ihren Arbeiten, wie die sozialen, religiösen und politischen Veränderungen der islamischen Periode (von der Mitte des 7. bis ins 10. Jahrhundert) die christlichen Gemeinden des Nahen Ostens prägten, wie sie etwa deren bischöfliche Leitung, Netzwerke und Machtstrukturen veränderten. Zum ersten Mal kann sich Mazzola bei ihrem neuen Projekt MASLAB (Making the Islamicate Bishop: Episcopal Governance and Networks under Islam) auf ein mehrsprachiges und gattungsübergreifendes Korpus stützen. Dies ermöglicht es ihr zu untersuchen, wie die Bischöfe mit den sich wandelnden Umständen umgingen und welche Beziehungen und Ressourcen sie als Reaktion auf die neuen gesellschaftspolitischen und religiösen Dynamiken mobilisierten. Dazu gehören die rechtliche Kodifizierung des sozialen Status von Nicht-Muslimen, die Herabstufung des Christentums von einer kaiserlich geförderten Religion zu einer politischen Minderheit, die Herausbildung innerchristlicher Konfessionsgrenzen sowie eine fluide und föderalisierte Vorstellung von Macht und Territorialität.
Mazzolas Ansatz ermöglicht ein neuartiges Verständnis der bischöflichen Führung in der islamischen Periode, die das vorherrschende Paradigma dekonstruiert, das nicht-muslimische Gruppen als monolithische, staatlich anerkannte Einheiten betrachtet und die bischöfliche Beziehung zur Macht nur durch das dyadische Modell "Bischof-Kalif" versteht. MASLAB verlagert den analytischen Fokus von binären Paradigmen hin zu einem Modell mit mehreren Akteuren und betont politische statt ausschließlich religiöse Interpretationen, wobei die soziopolitische Variabilität islamischer Herrschaft angemessen berücksichtigt wird.
Protein-Mechanik effizienter bestimmen
Lukas Milles ist Professor für De-novo-Protein-Design, leitet eine Arbeitsgruppe am Genzentrum der LMU und ist Mitglied im Exzellenzcluster BioSysteM. Er forscht daran, wie sich mithilfe von Künstlicher Intelligenz völlig neue Proteine mit spezifischen Eigenschaften konstruieren lassen.
Mechanische Kräfte, die die Wechselwirkungen und Faltung von Proteinen steuern, spielen in der Biologie eine zentrale Rolle. Sie bestimmen das Schicksal von Zellen und sind entscheidende Faktoren bei Infektionsprozessen von Krankheitserregern und der Immunantwort darauf. Insbesondere sogenannte Catch Bonds sind bei diesen Prozessen wichtig. Catch Bonds sind atypische Bindungen, die ihre Lebensdauer unter mechanischer Kraft verlängern, obwohl man intuitiv erwarten würde, dass sich die Lebensdauer unter Kraft verkürzt.
"Derzeit verfügen wir weder über Modelle noch über ausreichend große Datensätze, um eine Catch-Bindung allein anhand der Proteinstruktur vorherzusagen, geschweige denn neue Catch-Bindungen künstlich zu konstruieren", so Milles. Deswegen untersuche man die Protein-Mechanik experimentell im Labor: Mit Einzelmolekül-Kraftspektroskopie (SMFS) kann man die beteiligten Kräfte sehr genau untersuchen, sie ist zwar präzise, jedoch sehr langsam und aufwendig. Entsprechend wenige Protein-Interaktionen sind deshalb mit dieser Technik bislang vermessen worden. Eine Datenbank mit Proteinen, die in den letzten 30 Jahren mittels SMFS charakterisiert wurden, enthält kaum mehr als 85 Einträge.
Das übergeordnete Ziel von PHENOMECHANICAL (Phenotyping of protein mechanics Libraries to unravel the design principles of catch bonds) ist es deswegen, eine umfassende Bibliothek mit Datensätzen zu Tausenden Protein-Protein-Wechselwirkungen zu erstellen. Dafür will Milles eine Methode etablieren, die mechanische Kräfte zwischen Proteinen mit hohem Durchsatz vermessen kann: "Die zentrale Innovation besteht darin, die Lebensdauer einer Bindung mit einer DNA-Sequenzierung zu verknüpfen, indem der Phänotyp mit dem sequenzierbaren Genotyp gekoppelt wird." Die Auflösung wird mit etablierten Ansätzen vergleichbar sein, der Durchsatz jedoch um mindestens zwei Größenordnungen beschleunigt.
Genau dieser erhöhte Durchsatz wird genutzt, um die Konstruktionsprinzipien von Catch Bonds mithilfe von De-novo-Proteindesign zu identifizieren. "Letztendlich ist es mein Ziel, künstlich designte Catch Bonds mit anpassbarer Lebensdauer zu entwickeln, die in neuen Biomaterialien oder als synthetische Zellrezeptoren Anwendung finden könnten", so Milles. "Die Kombination von Protein-Design und Hochdurchsatz-Analysen wird große Datensätze zur Proteinmechanik liefern, die für Machine-Learning-Ansätze geeignet sind und dadurch möglicherweise Wege eröffnen, das Catch-Bonding-Verhalten allein aus der Proteinstruktur vorherzusagen."
Pressekontakt:
Claudia Russo
Leitung Kommunikation & Presse
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Leopoldstr. 3
80802 München
Phone: +49 (0) 89 2180-3423
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- Drei Nachwuchsforscherinnen und -forscher haben je einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für ihre Projekte mit der LMU eingeworben.
- Erfolgreich waren Projekte aus den Bereichen Nanophysik, Protein-Design und Kulturwissenschaften.
- Die mit je 1,5 Millionen Euro dotierten Grants gehören zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.
Der Nanoforscher Quinten Akkerman, die Kulturwissenschaftlerin Marianna Mazzola und der Biophysiker Lukas Milles bekommen für ihre neuen Forschungsprojekte an der LMU jeweils einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Förderung beträgt jeweils etwa 1,5 Millionen Euro. Der ERC vergibt Starting Grants anhand der wissenschaftlichen Exzellenz der Antragstellerinnen und Antragsteller sowie des beantragten Projekts. Sie zählen zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.
Die Projekte im Einzelnen:
Kontrolle über Quantenpunkte
Dr. Quinten Akkerman leitet die Arbeitsgruppe "Quantenpunkt-Synthese und -Charakterisierung" am Lehrstuhl für Photonik und Optoelektronik, Nano-Institut der LMU.
In der Nanophysik sind in den vergangenen Jahren sogenannte Quantenpunkte (engl. Quantum Dots, kurz QD) in den Fokus der Forschung geraten. Diese QDs besitzen neue und unerwartete Eigenschaften, die sich für innovative Bauelemente in der Elektronik, Optoelektronik und Quanteninformationsverarbeitung nutzen lassen. Ein Beispiel sind hier die sogenannten Bleihalogenid-Perowskit-Quantenpunkte (PeQDs). Sie sind ein vielversprechender Kandidat, der die steigende Nachfrage nach kleineren, effizienteren und komplexeren Bauteilen erfüllen könnte. Ihre Ionenchemie ist allerdings schwer zu kontrollieren, was ihre Abstimmbarkeit, Stabilität, Verarbeitbarkeit und Effizienz einschränkt. Daher ist es aktuell noch schwer, sie in effiziente optoelektronische und Quantenbauelemente zu integrieren.
Hier setzt das nun mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnete Projekt CONTROL von Quinten Akkerman an. Ziel ist es, die erste Generation von PeQDs mit vollständig abstimmbaren Ligandenhüllen und epitaktischen Grenzflächen mit Nicht-Perowskit-Halbleiter zu entwickeln. CONTROL soll dabei nicht nur grundlegende Erkenntnisse zur Synthese und den Liganden von PeQDs liefern, sondern auch wichtige Fortschritte bei der Abstimmung ihrer optischen Eigenschaften und ihrer Oberflächenchemie erzielen. Basis dafür ist ein grundlegendes Verständnis der komplexen und schnell ablaufenden chemischen Prozesse. CONTROL wird dabei neue Instrumente entwickeln, beispielsweise eine automatisierte Syntheseplattform mit In-situ-Spektroskopiefunktionen.
Die Erkenntnisse von CONTROL werden dazu dienen, die Synthese von PeQDs neu zu gestalten, mit dem Ziel, ihre optischen Eigenschaften und die Oberflächenchemie weiter zu verbessern und die QDs so vorzubereiten, dass sie sich effizienter in die nächste Generation innovativer Bauelemente integrieren lassen.
Christliche Bischöfe in der islamischen Periode
Dr. Marianna Mazzola ist Assistenzprofessorin an der Universität Pisa und assoziiertes Mitglied des Munich Research Centre for Jewish-Arabic Cultures.
Marianna Mazzola untersucht in ihren Arbeiten, wie die sozialen, religiösen und politischen Veränderungen der islamischen Periode (von der Mitte des 7. bis ins 10. Jahrhundert) die christlichen Gemeinden des Nahen Ostens prägten, wie sie etwa deren bischöfliche Leitung, Netzwerke und Machtstrukturen veränderten. Zum ersten Mal kann sich Mazzola bei ihrem neuen Projekt MASLAB (Making the Islamicate Bishop: Episcopal Governance and Networks under Islam) auf ein mehrsprachiges und gattungsübergreifendes Korpus stützen. Dies ermöglicht es ihr zu untersuchen, wie die Bischöfe mit den sich wandelnden Umständen umgingen und welche Beziehungen und Ressourcen sie als Reaktion auf die neuen gesellschaftspolitischen und religiösen Dynamiken mobilisierten. Dazu gehören die rechtliche Kodifizierung des sozialen Status von Nicht-Muslimen, die Herabstufung des Christentums von einer kaiserlich geförderten Religion zu einer politischen Minderheit, die Herausbildung innerchristlicher Konfessionsgrenzen sowie eine fluide und föderalisierte Vorstellung von Macht und Territorialität.
Mazzolas Ansatz ermöglicht ein neuartiges Verständnis der bischöflichen Führung in der islamischen Periode, die das vorherrschende Paradigma dekonstruiert, das nicht-muslimische Gruppen als monolithische, staatlich anerkannte Einheiten betrachtet und die bischöfliche Beziehung zur Macht nur durch das dyadische Modell "Bischof-Kalif" versteht. MASLAB verlagert den analytischen Fokus von binären Paradigmen hin zu einem Modell mit mehreren Akteuren und betont politische statt ausschließlich religiöse Interpretationen, wobei die soziopolitische Variabilität islamischer Herrschaft angemessen berücksichtigt wird.
Protein-Mechanik effizienter bestimmen
Lukas Milles ist Professor für De-novo-Protein-Design, leitet eine Arbeitsgruppe am Genzentrum der LMU und ist Mitglied im Exzellenzcluster BioSysteM. Er forscht daran, wie sich mithilfe von Künstlicher Intelligenz völlig neue Proteine mit spezifischen Eigenschaften konstruieren lassen.
Mechanische Kräfte, die die Wechselwirkungen und Faltung von Proteinen steuern, spielen in der Biologie eine zentrale Rolle. Sie bestimmen das Schicksal von Zellen und sind entscheidende Faktoren bei Infektionsprozessen von Krankheitserregern und der Immunantwort darauf. Insbesondere sogenannte Catch Bonds sind bei diesen Prozessen wichtig. Catch Bonds sind atypische Bindungen, die ihre Lebensdauer unter mechanischer Kraft verlängern, obwohl man intuitiv erwarten würde, dass sich die Lebensdauer unter Kraft verkürzt.
"Derzeit verfügen wir weder über Modelle noch über ausreichend große Datensätze, um eine Catch-Bindung allein anhand der Proteinstruktur vorherzusagen, geschweige denn neue Catch-Bindungen künstlich zu konstruieren", so Milles. Deswegen untersuche man die Protein-Mechanik experimentell im Labor: Mit Einzelmolekül-Kraftspektroskopie (SMFS) kann man die beteiligten Kräfte sehr genau untersuchen, sie ist zwar präzise, jedoch sehr langsam und aufwendig. Entsprechend wenige Protein-Interaktionen sind deshalb mit dieser Technik bislang vermessen worden. Eine Datenbank mit Proteinen, die in den letzten 30 Jahren mittels SMFS charakterisiert wurden, enthält kaum mehr als 85 Einträge.
Das übergeordnete Ziel von PHENOMECHANICAL (Phenotyping of protein mechanics Libraries to unravel the design principles of catch bonds) ist es deswegen, eine umfassende Bibliothek mit Datensätzen zu Tausenden Protein-Protein-Wechselwirkungen zu erstellen. Dafür will Milles eine Methode etablieren, die mechanische Kräfte zwischen Proteinen mit hohem Durchsatz vermessen kann: "Die zentrale Innovation besteht darin, die Lebensdauer einer Bindung mit einer DNA-Sequenzierung zu verknüpfen, indem der Phänotyp mit dem sequenzierbaren Genotyp gekoppelt wird." Die Auflösung wird mit etablierten Ansätzen vergleichbar sein, der Durchsatz jedoch um mindestens zwei Größenordnungen beschleunigt.
Genau dieser erhöhte Durchsatz wird genutzt, um die Konstruktionsprinzipien von Catch Bonds mithilfe von De-novo-Proteindesign zu identifizieren. "Letztendlich ist es mein Ziel, künstlich designte Catch Bonds mit anpassbarer Lebensdauer zu entwickeln, die in neuen Biomaterialien oder als synthetische Zellrezeptoren Anwendung finden könnten", so Milles. "Die Kombination von Protein-Design und Hochdurchsatz-Analysen wird große Datensätze zur Proteinmechanik liefern, die für Machine-Learning-Ansätze geeignet sind und dadurch möglicherweise Wege eröffnen, das Catch-Bonding-Verhalten allein aus der Proteinstruktur vorherzusagen."
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