FRANKFURT (dpa-AFX) - Die US-Wirtschaft hat im August erneut weniger Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Außerhalb der Landwirtschaft kamen 22.000 Stellen hinzu, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt 75.000 neue Stellen erwartet. Der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten wurde zudem um insgesamt 21.000 Stellen nach unten revidiert.
Der Arbeitsmarktbericht steht derzeit besonders im Fokus. Bereits im Juli war der Beschäftigungsaufbau hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zudem waren die beiden Vormonate sehr stark nach unten revidiert worden. Trump feuerte daraufhin die Leiterin der Arbeitsmarktstatistik, Erika McEntarfer. Er warf ihr vor, Zahlen aus politischer Motivation gefälscht zu haben und ihm damit schaden zu wollen.
Einschätzungen von Ökonomen zum US-Arbeitsmarktbericht im Überblick:
Christoph Balz, Analyst bei der Commerzbank
"Eine derart deutliche Verlangsamung des Stellenaufbaus findet üblicherweise nur im Vorfeld einer Rezession statt. Dies wird die Sorgen bei der Fed erhöhen, dass sie zu lange gewartet hat und daher jetzt schneller agieren muss. Die Situation erinnert an den letzten Sommer, als die Fed nach einer Reihe schwacher Zahlen (und einer ebenfalls starken Abwärtsrevision beim jährlichen Benchmarking) ihren Zinssenkungszyklus mit einem großen Schritt eingeleitet haben."
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank
"Die US-Wirtschaft ist auf Sinkflug. Das zeigen die heute erneut sehr schwachen Arbeitsmarktdaten. Ein Jobaufbau von lediglich 22.000 ist ein klares Anzeichen dafür, dass die Konjunktur lahmt. Es scheint nun auch so, dass der schwache Bausektor allmählich auch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Zum wiederholten Male werden dort Stellen abgebaut. Und auch das verarbeitende Gewerbe reduziert den vierten Monat in Folge die Beschäftigung."
Ulrich Wortberg, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba)
"Die Zahl der neugeschaffenen Stellen fällt im August mit einem Plus von 22 Tsd. unerwartet schwach aus. Bereits im Vormonat hatte der Arbeitsmarktbericht die Konsensschätzung klar verfehlt. Es mehren sich Hinweise auf eine nachhaltige Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik, sodass die US-Notenbank in ihrer Absicht bestärkt wird, das Leitzinsband auf der nächsten FOMC-Sitzung am 17. September zu senken. Darüber hinaus dürften die Zinssenkungserwartungen auch für den Rest dieses Jahres und das Jahr 2026 tendenziell forciert werden."
Thomas Altmann, Head of Portfoliomanagement, QC Partners
"Damit ist die Tür für eine Zinssenkung in 2 Wochen jetzt nicht nur einen Spalt geöffnet. Diese Tür ist förmlich aufgerissen. An den Börsen wird die Wahrscheinlichkeit einer September-Senkung jetzt mit 113 Prozent gepreist. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit einer Senkung um gleich 50 Prozent liegt bei 13 Prozent. Bis Ende des kommenden Jahres preist die Börse jetzt 6 Zinsschritte bzw. 1,50 Prozent nach oben. Zuvor waren das noch 5 Zinsschritte."
Elmar Voelker, Analyst Landesbank Baden-Württemberg
"Die schlechten Nachrichten vom US-Arbeitsmarkt reißen nicht ab. Der Stellenaufbau kommt in der Wirtschaft nahezu zum Erliegen, auch wenn der anhaltende Stellenabbau im öffentlichen Sektor das Bild leicht zum Schlechteren verzerrt. Damit dürften letzte Zweifel daran ausgeräumt sein, dass die US-Notenbank am 17. September ihren Leitzins senken wird. Dies gilt ungeachtet eines sukzessive steigenden Inflationsdrucks. Letzterer dürfte nach unserer Einschätzung aber verhindern, dass die Notenbanker ernsthaft eine Senkung um mehr als 25 Basispunkte ins Auge fassen werden."
Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz
"Insgesamt bestätigen die Daten das Bild eines sich abschwächenden US-Arbeitsmarktes. Die Fed dürfte sich in ihrem Plan bestätigt sehen, die Zinsen im September zu senken. Auch ein überraschend starker Anstieg der Inflation in der kommenden Woche würde die Fed wohl nicht davon abbringen. Und US-Präsident Trump wird den politischen Druck hochhalten, diesen Kurs fortzusetzen. Für US-Anleger bleiben damit auch amerikanische Anleihen bis auf Weiteres attraktiv. Für europäische Investoren dominiert allerdings der anhaltende und sich verstärkende Abwärtsdruck auf den Dollar, der festverzinsliche Anlagen in den USA unattraktiv macht."/jsl/mis