BERLIN (dpa-AFX) - Wer nach Afghanistan abgeschoben wird, tut sich mit dem Neuanfang in der alten Heimat nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) oft extrem schwer. "Einige dieser Menschen haben noch nie dort gelebt", sagt Mihyung Park, Leiterin der IOM-Operation in Afghanistan. Andere hätten, um ihre Flucht beziehungsweise Auswanderung zu finanzieren, Häuser und Land verkauft, teils auch Schulden aufgenommen und stünden deshalb vor dem Nichts.
Sicherheitslage hat sich verbessert
Park, die nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen in Berlin mit Regierungsbeamten des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amts gesprochen hat, lobt gleichzeitig die Unterstützung Deutschlands und der Europäischen Union für die Vereinten Nationen, die Rückkehrer an den verschiedenen Grenzübergängen in sogenannten Empfangszentren mit dem Nötigsten versorgen. Dazu gehöre etwa Bargeld, um zumindest die Weiterreise bis zum Zielort innerhalb Afghanistans zu finanzieren.
Zumindest zwei positive Entwicklungen seien zu beobachten: Internationale Hilfsorganisationen hätten inzwischen Zugang zu allen Provinzen des Landes, und die Sicherheitslage sei insgesamt deutlich besser als noch vor fünf Jahren.
Täglich kommen Tausende aus Nachbarländern zurück
Die meisten Abschiebungen von Afghaninnen und Afghanen gab es seit Anfang 2023 aus Pakistan und dem Iran. Auch aus der Türkei gibt es regelmäßig Charterflüge mit Afghanen an Bord.
Diese Menschen, die in der Regel ohne gültige Aufenthaltspapiere aufgegriffen und dann in geschlossenen Zentren untergebracht wurden, reisen zwar nach Darstellung der türkischen Behörden freiwillig aus. Nichtregierungsorganisation wie der European Council on Refugees and Exiles (ECRE) beurteilen den Prozess allerdings anders.
Sie berichtet in einer aktuellen Analyse, im vergangenen Jahr seien in der Türkei 65.815 Afghanen als irreguläre Migranten festgenommen worden. Bis zum 8. Mai dieses Jahres betraf das den Angaben zufolge 16.268 Staatsbürger Afghanistans.
Dobrindt will regelmäßige Abschiebungen
Viele der Afghanen, die in türkischen Städten leben, arbeiten dort mit dem Ziel, genügend Geld für eine Weiterreise nach Europa mit einem Schmuggler zu verdienen. Insofern ist die EU generell nicht unglücklich darüber, dass die Türkei dafür sorgt, dass jedes Jahr einige Tausend Afghanen von dort in ihr Herkunftsland zurückkehren.
Deutschland hat seit der erneuten Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 mit Hilfe von Katar zwei Sammelabschiebungen von Straftätern organisiert. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will dafür sorgen, dass Abschiebungen nach Afghanistan künftig häufiger stattfinden. Ob diese wie zuletzt wieder mit Unterstützung des Golfstaats Katar organisiert werden, lässt sein Ministerium offen./abc/DP/men