BERLIN (dpa-AFX) - Der Zentralrat der Juden mahnt die Bundesregierung, Israel weiter uneingeschränkt zu unterstützen. Zentralratspräsident Josef Schuster appellierte an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), sich "von diesem Weg nicht abbringen" zu lassen - nicht von anderen europäischen Ländern oder "einzelnen Parlamentariern" in Bundestag. "Deutschland muss klar an der Seite Israels stehen."
Nicht alle Entscheidungen der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu seien nachvollziehbar, mit Äußerungen einiger israelischer Kabinettsmitglieder haderten auch Juden außerhalb Israels, erklärte Schuster im vorab verbreiteten Redetext zu einem Festakt in Berlin. Doch müsse Deutschland für Israels Sicherheit einstehen, unabhängig davon, wie der Regierungschef heiße.
"Wir dürfen das nicht hinnehmen"
Parallel zu einer zunehmend antiisraelischen Stimmung in Deutschland erlebe man einen dramatischen Anstieg des Antisemitismus, ob nun in Klassenzimmern, an Universitäten oder in sozialen Netzwerken, fuhr Schuster fort. "Wir dürfen das nicht hinnehmen". Antisemitismus sei ein Angriff auf die Demokratie. "Niemand, der gegen Juden hetzt, ist ein Demokrat. Niemand, der Minderheiten angreift, hat ein Interesse an gesellschaftlichem Zusammenhalt."
Anlass war der Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Zentralrats der Juden in Deutschland und zum bevorstehenden jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana. Der Zentralrat versteht sich als Dach der jüdischen Gemeinden und als politische, gesellschaftliche und religiöse Vertretung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. Er wurde am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründet - nur fünf Jahre nach dem Holocaust.
Überleben und Erneuerung
Die Gründung damals sei Symbol für das Überleben und die Erneuerung jüdischen Lebens in Deutschland, betonte Schuster. Dass jüdisches Leben in Deutschland vielfältig und sichtbar sei, das sei alles andere als selbstverständlich.
Mit Blick auf den Antisemitismus, der von den Rändern bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen sei, fügte er hinzu: "Dieses Jubiläum ist für uns deshalb nicht nur ein Moment der Freude, sondern auch ein Auftrag, unsere Stimme weiterhin klar und deutlich, auch im Sinne unserer Demokratie, zu erheben."/vsr/DP/nas