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Europas größter Wohnungskonzern steht am Scheideweg. Während die EZB weiter auf hohe Zinsen setzt und ein Schlüsselvorstand das Unternehmen verlässt, kämpft Vonovia um seine Glaubwürdigkeit.
Die Aktie dümpelt bei 26,50 Euro vor sich hin. Barclays warnt bereits vor weiteren Verlusten und sieht ein Kursziel von nur 24 Euro. Der Immobilienriese aus Bochum muss jetzt beweisen, dass er mehr ist als nur ein Spielball der Zinspolitik. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich die Hoffnungen der optimistischen Analysten erfüllen oder ob der Titel weiter in die Tiefe rauscht, wie Barclays befürchtet. Ein Blick auf die harten Fakten zeigt, dass die Zeit für Ausreden knapper wird.
Daniel Riedel geht und dies wirft Schatten auf die Zukunft
Daniel Riedl geht und das ausgerechnet jetzt. Der langjährige Entwicklungsvorstand verlässt das Unternehmen zum Mai 2026, obwohl sein Vertrag noch läuft. Acht Jahre hat er den Konzern durch schwere Zeiten geführt. Über 18.000 neue Wohnungen entstanden unter seiner Regie. Jetzt, wo die Baukrise ihren Höhepunkt erreicht hat, macht er sich aus dem Staub. Das Timing ist mehr als ungünstig. Die Branche steckt tief in der Krise. Für 2025 rechnen Experten mit nur noch 205.000 fertiggestellten Wohnungen. Das ist ein Fünftel weniger als im Vorjahr. Gestiegene Zinsen und teure Baumaterialien lähmen die Bautätigkeit. Ausgerechnet in dieser Phase verliert Vonovia einen seiner wichtigsten Strategen. Die offizielle Begründung klingt nach Routine: "im besten gegenseitigen Einvernehmen". Doch die frühe Ankündigung lässt aufhorchen. Welche Konflikte mögen hinter den Kulissen getobt haben? Der Aufsichtsrat muss nun einen geeigneten Nachfolger finden - keine leichte Aufgabe in diesem schwierigen Marktumfeld.
Zinspolitik torpediert Erholungshoffnungen
Die Europäische Zentralbank macht den Immobilienträumen einen Strich durch die Rechnung. Während das Management noch optimistisch die Prognose anhebt, bleibt das Zinsniveau hartnäckig hoch. Für kapitalintensive Unternehmen wie Vonovia bedeutet das anhaltenden Druck bei den Refinanzierungskosten. Barclays sieht das Problem klar. Analyst Paul May kritisiert die niedrigen Barmittelzuflüsse der deutschen Wohnungsunternehmen. Hohe laufende Kosten fressen die Erträge auf. Dazu kommen nicht standardisierte Kennziffern, die eine seriöse Bewertung erschweren. Mit einem Kursziel von 24 Euro liegt die britische Bank weit unter dem Konsens von 34,70 Euro. Die Realität zeigt sich unnachgiebig. Trotz strukturellem Wohnungsmangel in Deutschland leiden die Aktien unter dem Zinsumfeld. Rund 800.000 Wohnungen fehlen geschätzt. Das ist ein gewaltiger Nachfrageüberhang. Doch dieser Rückenwind reicht offenbar nicht aus, um den geldpolitischen Gegenwind zu kompensieren. Die Rechnung ist einfach: Höhere Zinsen bedeuten höhere Kosten und niedrigere Bewertungen.
Charttechnik
Der Chart zeichnet ein gemischtes aber eher düsteres Bild. Von den 33,91 Euro aus September letztes Jahr ist die Aktie meilenweit entfernt. Bei 26,00 bis 26,50 Euro hat sich der Titel festgebissen, doch diese Unterstützung wirkt brüchig. Die technische Lage verschärft sich zusehends. Fällt die Aktie unter die aktuelle Marke bei 26 Euro, droht ein Rutsch Richtung 25 Euro. Dort wartet die nächste kritische Zone. Versagt auch diese Unterstützung, könnte es sogar bis auf 20 Euro hinuntergehen. Ein Horrorszenario für alle Investierten. Andererseits birgt die aktuelle Situation auch Chancen. Sollte sich das Blatt wenden und die Aktie über 27,50 Euro steigen, wäre der Weg frei für einen Anstieg Richtung 35 Euro. Doch dafür bräuchte es starke Impulse - etwa eine Zinswende der EZB oder überraschend starke Quartalszahlen am 5. November. Die beiden wichtigen SMAs (50er und 200er) liegen jedenfalls aktuell oberhalb des Kurses. Das ist bearish!
Was tun?
Die harten Fakten sprechen eine recht deutliche Sprache. Vonovia kämpft an mehreren Fronten gleichzeitig. Der Abgang von Entwicklungsvorstand Riedl schwächt das Unternehmen in einer kritischen Phase. Die anhaltend hohen Zinsen belasten die Refinanzierung und drücken auf die Bewertungen. Zwar zeigen die Fundamentaldaten leichte Verbesserungen. Das Management hat die Prognose angehoben und die Immobilienwerte stabilisieren sich. Doch diese positiven Signale werden vom makroökonomischen Umfeld überschattet. Die EZB bleibt bei ihrer restriktiven Geldpolitik, und ein Ende ist derzeit nicht in Sicht. Die Charttechnik verstärkt die Bedenken. Der Titel steht vor wichtigen Unterstützungslinien, deren Bruch weitere Verluste nach sich ziehen würde. Nur ein entscheidender Durchbruch über 27,50 Euro könnte das Blatt wenden. Für risikoaverse Anleger überwiegen derzeit die Gefahren. Neueinsteiger warten besser auf klarere Signale oder eine nachhaltige Zinswende.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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