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Die Aktie steht vor der wichtigsten Weichenstellung des Jahres. Nach der spektakulären Rally auf knapp 99 Euro kämpft Siemens Energy um den Durchbruch über die magische 100-Euro-Schwelle.
Gelingt der Sprung, winkt ein neues Allzeithoch bei über 104,85 Euro. Scheitert der Versuch, droht ein dramatischer Rückfall auf 80 Euro oder darunter. Die Analysten sind gespalten wie bei kaum einem anderen DAX-Wert - die Kursziele gehen sehr weit auseinander. Jetzt entscheidet sich, ob die Energiewende-Story trägt oder ob die Probleme bei der Windkraft-Tochter Gamesa das Unternehmen weiter belasten. Die kommenden Wochen werden zeigen, welches Szenario eintritt.
Der steinige Weg aus der Krise
Siemens Energy hat einen bemerkenswerten Wandel vollzogen. Noch vor einem Jahr notierte die Aktie bei mageren 33 Euro. Heute kämpft sie um die 100-Euro-Marke. Diese Entwicklung ist kein Zufall. Das Management hat die Hausaufgaben gemacht und die staatlich gestützte Finanzierungshilfe von elf Milliarden Euro erfolgreich abgelöst. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im ersten Quartal stieg der Gewinn um 52 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Haupttreiber waren außergewöhnliche Geschäfte wie der Verkauf der Tochter Innomotics. Trotzdem zeigt sich die operative Stärke in den Kernbereichen Gas Services und Grid Technologies. Rekordaufträge füllen die Auftragsbücher und sorgen für Planungssicherheit. Die Dividende kehrt zurück. Nach Jahren der Abstinenz schlägt das Unternehmen 5,20 Euro je Aktie vor - eine Erhöhung von über zehn Prozent. Ab 2026 sollen wieder regelmäßige Ausschüttungen fließen. Für viele Anleger ist das ein wichtiges Signal der Normalisierung.
Gamesa bleibt der Störfaktor
Der Erfolg hat einen Schatten. Die Windkraft-Tochter Siemens Gamesa bereitet weiterhin Kopfschmerzen. Im ersten Quartal häuften sich Verluste weiter auf mehrere hundert Millionen an. Restrukturierungskosten und technische Probleme belasten die Bilanz erheblich. Die Qualitätsmängel sind noch nicht vollständig behoben. Das Management reagiert mit drastischen Schritten. 90 Prozent des indischen Windgeschäfts gingen an eine Investorengruppe um TPG. Diese Fokussierung auf profitable Kernmärkte soll die Effizienz steigern. In Spanien wurde der Stellenabbau auf reduziert - ein Zeichen für vorsichtige Entspannung. Die Investitionen in die USA zeigen Mut. 285 Millionen US-Dollar fließen in neue Produktionsstätten in Kalifornien und Texas. Das erste Werk für große Transformatoren entsteht in Charlotte. Diese Expansion unterstreicht das Vertrauen in das amerikanische Geschäft und die Energiewende.
Charttechnik
Die technische Analyse offenbart den ganzen Druck auf die Aktie. Bei 98,30 Euro steht sie nur knapp unter der psychologisch wichtigen 100-Euro-Marke. Das bisherige Jahreshoch von 104,85 Euro rückt in greifbare Nähe. Ein nachhaltiger Durchbruch würde neue Käuferschichten anlocken und weitere Kursgewinne auslösen. Die Kehrseite der Medaille zeigt sich bei einem Scheitern. Rutscht der Kurs unter 95 Euro, würde sich ein klassisches Doppeltop ausbilden. Die nächste Unterstützung liegt dann bei 80 Euro - ein möglicher Rückgang von knapp 20 Prozent. Noch dramatischer wäre ein Fall unter diese Marke, der weitere Verluste bis auf 70 Euro oder darunter bedeuten könnte. Jeden Tag schwankt die Aktie um mehrere Prozent. Das macht sie interessant für Trader, aber nervenaufreibend für langfristige Anleger. Die kommenden Handelstage werden entscheidend sein. Der RSI liegt bei 67 Punkten, knapp unterhalb der Überkauftzone. Besonders beachtenswert: Er bestätigt nicht mehr die zuletzt gemachten neuen Hochs, sondern bildet negative Divergenzen aus. Ein absolutes Warnzeichen für einen bevorstehenden Absturz der Aktie!
Was tun?
Siemens Energy steht an einem kritischen Punkt. Die fundamentalen Daten sprechen für das Unternehmen. Rekordaufträge, steigende Margen und die Rückkehr zur Dividende sind positive Signale. Die Investitionen in Zukunftstechnologien wie Wasserstoff und die Expansion in den USA zeigen strategischen Weitblick. Trotzdem bleiben Risiken bestehen. Die Probleme bei Gamesa sind nicht vollständig gelöst. Die extreme Spreizung der Analystenmeinungen zeigt die grundsätzliche Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Die hohe Bewertung mit einem KGV von über 90 lässt wenig Spielraum für Enttäuschungen. Vorsichtige Investoren sollten den nachhaltigen Durchbruch über 105 Euro abwarten. Die kommenden Quartalszahlen und weitere Fortschritte bei der Windkraft-Sanierung werden die Richtung vorgeben. Eine klare Kaufempfehlung lässt sich bei der aktuellen Gemengelage nicht aussprechen. Vorsicht bei der Aktie!
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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