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Die Hensoldt-Aktie hat ein neues Allzeithoch bei 116,90 Euro erreicht. Binnen Jahresfrist steht ein Plus von über 250 Prozent zu Buche. Solche Rallys machen Anleger euphorisch. Doch genau hier lauert die Gefahr. Denn wenn alle kaufen und niemand mehr skeptisch ist, fehlen neue Käufer. Der Rüstungskonzern investiert zwar Millionen in eine neue Produktionsstätte bei Ulm. Ab 2027 sollen dort jährlich 1.000 Radarsysteme vom Band laufen. Klingt beeindruckend. Aber bis dahin vergehen noch zwei Jahre. Viel Zeit, in der politische Winde drehen können. Der Auftragsbestand liegt bei 7 Milliarden Euro. Die Bundesregierung bestellt großzügig. Doch was passiert, wenn sich die politische Stimmung ändert? Wenn Haushaltslöcher gestopft werden müssen? Die Aktie schwebt in luftigen Höhen. Ein Absturz würde wehtun.
Politische Risiken werden unterschätzt
Die gesamte Hensoldt-Story baut auf einem Fundament aus geopolitischen Spannungen. Der Ukraine-Krieg treibt die Rüstungsausgaben nach oben. Doch Kriege enden irgendwann. Donald Trump hat bereits mehrfach seine Meinung zum Ukraine-Konflikt geändert. Mal fordert er Zugeständnisse von der Ukraine, dann wieder unterstützt er deren Kampf. Diese Unberechenbarkeit macht nervös. Europa soll mehr Geld in Verteidigung stecken. Das klingt gut für Hensoldt. Aber wenn die USA sich zurückziehen, fehlt politischer Druck. Die EU-Länder haben chronisch klamme Kassen. Deutschland ringt mit jedem Haushalt. Die Schuldenbremse lässt wenig Spielraum. Was heute nach einem sicheren Geschäft aussieht, kann morgen schon bröckeliges Terrain sein. Die Analysten von Barclays und Warburg sehen nur noch 88 Euro als fairen Wert. Das wäre ein Rückgang von fast 25 Prozent vom aktuellen Niveau. Sie nennen die Bewertung überzogen. Institutionelle Investoren werden bei solchen Einschätzungen nervös.
Charttechnik
Die charttechnische Analyse zeigt deutliche Überhitzungserscheinungen. Der RSI liegt bei 82 und signalisiert eine überkaufte Situation. Die Volatilität kratzt an der 44-Prozent-Marke. Das bedeutet extreme Nervosität im Markt. Noch bedrohlicher ist der Abstand zur 200-Tage-Linie. Diese wichtige Orientierungsmarke notiert bei nur 73,84 Euro. Die Aktie schwebt also mehr als 50 Prozent über diesem fundamentalen Anker. Solche Abstände sind selten nachhaltig. Historisch gesehen folgt auf extreme Übertreibungen meist eine schmerzhafte Korrektur/Absturz. Wenn die Stimmung kippt, gibt es kaum ein Halten bei bestimmten Kursmarken. Der freie Fall könnte bis zur 200-Tage-Linie gehen. Das wäre ein Kursverlust von über 30 Prozent. Vereinzelte Gewinnmitnahmen haben bereits vor wenigen Tagen mal kurzfristig eingesetzt.
Was tun?
Die Hensoldt-Aktie hat eine beeindruckende Rally hingelegt, doch die Bewertung ist sehr "sportlich". Einige Analysten sehen deutliches Abwärtspotenzial. Barclays, Warburg und Jefferies nennen Kursziele zwischen 88 und 92 Euro. J.P. Morgan bleibt zwar dennoch optimistisch, denn die fundamentalen Daten sind recht solide. Der Auftragsbestand stimmt. Die Investitionen in neue Kapazitäten sind strategisch richtig. Aber all das ist bereits im Kurs eingepreist. Mehr noch: Die Erwartungen sind übersteigert. Die charttechnische Lage verstärkt die Bedenken. Der enorme Abstand zur 200-Tage-Linie, der überkaufte RSI und die hohe Volatilität sprechen eine deutliche um nicht zu sagen sehr klare Sprache. Politische Risiken werden unterschätzt. Die Abhängigkeit von Staatsaufträgen macht verwundbar. Haushaltsdebatten in Deutschland und Europa können schnell zum Problem werden. Anleger sollten überlegen, wenn sie investiert sind, Stopps zu setzen oder Gewinne zu realisieren. Wer noch nicht investiert ist, wartet besser ab. Eine Korrektur Richtung 90 Euro oder tiefer ist nicht ganz unwahrscheinlich. Erst dann bietet sich wieder eine vernünftige Einstiegschance. Momentan überwiegen die Risiken noch die Chancen deutlich.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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