(neu: Äußerungen des Bauernverbandes.)
LEIPZIG (dpa-AFX) - Die Bundesregierung muss nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts handeln, um die Nitratbelastung des Grundwassers zu senken. Das Bundeslandwirtschaftsministerium müsse ein Nationales Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen erstellen, entschied das Gericht in Leipzig (Az.: BVerwG 10 C 1.25). Es gab damit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) recht, die für die Erarbeitung dieses Aktionsprogramms geklagt hatte.
Die Umweltvereinigung bezeichnete das Urteil als "Riesenerfolg". Verbände der Wasserwirtschaft fordern konkrete Maßnahmen und strengere Düngerregeln. Der Deutsche Bauernverband sieht das Düngerecht durch das Urteil nicht infrage gestellt.
Düngegesetz verlangt Aktionsprogramm
Das Düngegesetz verpflichte den Bund schon seit 2017, ein solches Aktionsprogramm zu entwerfen, urteilte der 10. Senat. In einem zweiten Schritt müsse dieses dann in anstehende Änderungen der Düngeverordnung einbezogen werden.
Diese gesetzlich vorgeschriebene Dualität - erst Aktionsprogramm, dann Düngeverordnung - habe das Bundeslandwirtschaftsministerium bislang nicht umgesetzt. "Es besteht zwar die Düngeverordnung", sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Rublack. "Ein der Düngeverordnung vorgelagertes Aktionsprogramm ist dagegen noch niemals erstellt worden."
Vor allem Einträge aus der Landwirtschaft reduzieren
Die Bundesrichter gaben dem Bundeslandwirtschaftsministerium auf, bei der Erstellung des Programms die Rechtsauffassung des Senats zu beachten: Das zu erstellende Aktionsprogramm müsse "insbesondere geeignet sein, den Nitrat-Eintrag aus der Landwirtschaft derart zu reduzieren, dass das Grundwasser nicht mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter enthält", sagte Rublack.
Dieser Grenzwert aus der EU-Nitratrichtlinie wird in Deutschland vielfach überschritten. Laut Umweltbundesamt lagen im Zeitraum 2020 bis 2022 rund 26 Prozent der Messestellen im Einzugsgebiet mit überwiegend landwirtschaftlicher Nutzung über der 50-Milligramm-Grenze.
Umwelthilfe: "Historischer Erfolg für sauberes Wasser"
Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, bezeichnete das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als historischen Erfolg für sauberes Wasser. Er erwarte, dass die Umwelthilfe an der Erstellung des Nationalen Aktionsprogramms beteiligt werde
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fordert nun strengere Düngeregeln für die Landwirtschaft. "Dazu gehört auch eine konsequente Bilanzierung von Nährstoffeinträgen und -austrägen in den Betrieben im Sinne einer transparenten Stoffstrombilanz", teilte Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, Martin Weyand, mit.
Aus Sicht des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) könnte ein Aktionsprogramm klären, mit welchen Maßnahmen sich die Grenzwerte der EU-Nitratrichtlinie einhalten ließen. "Seit über 20 Jahren wird die Nitratrichtlinie unzureichend umgesetzt - eine traurige Neverending-Story: Es ist an der Zeit, endlich konsequent zu handeln", so VKU-Vizepräsident Karsten Specht.
Der Bauernverband verwies dagegen darauf, dass das Düngerecht bereits verschärft und an die EU-Vorgaben angepasst worden sei. Das geforderte Aktionsprogramm sei lediglich ein zusätzlicher formaler Zwischenschritt, der nur als Vorstufe für das Düngerecht diene.
Die aktuelle Entscheidung ist bereits die zweite des Bundesverwaltungsgerichts zur Nitratbelastung der Gewässer in diesem Jahr. Im März hatte das Leipziger Gericht entschieden, dass die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bessere Maßnahmen gegen die Nitratbelastung an der Ems ergreifen müssen. Das bisherige Schutzprogramm reiche nicht aus. Auch dieses Verfahren war von der Deutschen Umwelthilfe in Gang gesetzt worden./bz/DP/men