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Die Lufthansa-Aktie steht vor einer Weichenstellung. Während die Pilotengewerkschaft mit Streiks droht und Verhandlungen stocken, zeigt das Papier erstaunliche Widerstandskraft. Analysten behalten ihre neutralen Einschätzungen bei, doch die operativen Erfolge sprechen eine andere Sprache. Die Pünktlichkeit erreicht Rekordniveau, die Tochter Eurowings steuert auf den dritten Millionengewinn in Folge zu, und strategische Personalentscheidungen signalisieren Aufbruchstimmung. Kann die Aktie trotz aller Widrigkeiten in Richtung 10 bis 11 Euro steigen und vielleicht sogar darüber hinaus? Die aktuellen Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Konzern seine Hausaufgaben gemacht hat. Der Markt honoriert die Fortschritte mit einem stabilen Kurs um 7,50 Euro, obwohl die Streikgefahr wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen schwebt.
Verhandlungen auf der Kippe, aber die Aktie bleibt stark
Die Lage ist angespannt. Rund 4.800 Piloten der Lufthansa und Lufthansa Cargo haben in einer Urabstimmung grünes Licht für Streiks gegeben. Es geht um höhere Arbeitgeberbeiträge zur Betriebsrente. Sieben Verhandlungsrunden brachten keine Einigung. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit verzichtet zwar vorerst auf konkrete Streikdrohungen, doch die Gefahr schwebt weiter über den Herbstferien. Konzernchef Carsten Spohr bestätigt Gespräche auf verschiedenen Kanälen, hält sich aber bedeckt. Das Spitzentreffen vom 8. Oktober sollte den Durchbruch bringen, doch eine Lösung zeichnet sich noch nicht ab. Interessant ist die Reaktion des Marktes. Trotz dieser brisanten Gemengelage legte die Aktie leicht zu und notiert aktuell bei rund 7,53 Euro. Offenbar rechnen Investoren damit, dass sich die Parteien doch noch einigen werden. Die relative Stärke des Papiers zeigt, dass ein kompletter Zusammenbruch der Verhandlungen noch nicht eingepreist ist. Sollte es zu einer Einigung kommen, dürfte die Aktie vermutlich deutlich zulegen.
Strategische Weichenstellungen
Hinter den Kulissen läuft es besser als gedacht. Am Drehkreuz München erreicht Lufthansa die beste Pünktlichkeit seit 11 Jahren. Die massiven Abfertigungsprobleme der Vergangenheit scheinen überwunden. Das wirkt sich direkt auf Zufriedenheit und Profitabilität aus. Parallel dazu steuert die Tochter Eurowings auf ihren dritten dreistelligen Millionengewinn in Folge zu. Die Verpflichtung von Johannes Vogel, ehemaliger FDP-Spitzenpolitiker, als neuer Personalchef bei Eurowings ab Dezember ist mehr als nur eine Personalentscheidung. Sie zeigt, dass der Konzern seine profitabelste Sparte gezielt stärkt. Ein politisch bestens vernetzter Manager in dieser Position könnte wichtige Türen öffnen. Auch die internationale Expansion schreitet voran. Gemeinsam mit United Airlines und Air Canada treibt Lufthansa die Integration von ITA Airways in das transatlantische Joint Venture voran. Gleichzeitig läuft ein radikales Sparprogramm. Bis in 5 Jahren sollen rund 4.000 Verwaltungsstellen wegfallen. Digitalisierung und KI sollen die Effizienz massiv steigern, so die Hoffnung.
Charttechnik
Nach dem Tief im August 2024 bei 5,40 Euro hat sich das Papier deutlich erholt und bewegt sich nun stabil im Bereich um 7,50 Euro. Der Kurs hat wichtige Unterstützungszonen erfolgreich verteidigt und zeigt eine starke Verfassung. Die nächsten Widerstände liegen bei 8,00 Euro und danach bei 8,50 Euro. Sollten diese Marken nachhaltig überwunden werden, öffnet sich der Weg in Richtung 9,00 bis 9,50 Euro. Bei positiven Nachrichten, etwa einer Einigung im Tarifkonflikt oder überraschend guten Quartalszahlen, sind auch Kurse von 10 bis 11 Euro durchaus realistisch. Der Aufwärtstrend ist langfristig intakt, solange die Aktie oberhalb von 7,75 Euro notiert. Technische Indikatoren wie der RSI befinden sich im mit einem Wert von 50 im neutralen Bereich, was aber ebenfalls weiteres Aufwärtspotenzial zulässt.
Was tun?
Die fundamentalen Verbesserungen sind nicht von der Hand zu weisen. Eurowings glänzt mit Millionengewinnen, München erreicht Pünktlichkeitsrekorde, und die internationale Expansion nimmt Fahrt auf. Das Sparprogramm zeigt erste Wirkung. Allerdings bleibt die Streikgefahr ein Belastungsfaktor. Sollte es zu längeren Arbeitsniederlegungen kommen, würde das die Ertragslage belasten und Kunden verärgern. Die Bewertung der Aktie ist mit einem aktuellen Kurs von 7,50 Euro moderat. Analysten wie Bernstein Research und RBC Capital Markets bleiben neutral, sehen aber keine akuten Verkaufsrisiken. Das Kursziel von 7,50 Euro von Bernstein wurde erreicht, was aber auch noch Raum für positive Überraschungen lässt. Charttechnisch ist der Weg für einen Anstieg in Richtung 10 bis 11 Euro geebnet, sofern die fundamentalen Rahmenbedingungen stabil bleiben. Für risikobereite Anleger, die an eine Einigung im Tarifkonflikt glauben und auf die operative Stärke des Konzerns setzen, bietet sich eine Kaufchance. Konservative Investoren sollten eine Klärung der Streikfrage abwarten, bevor sie einsteigen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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