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Die Aktie von Gerresheimer trudelt seit Monaten nach unten. Jetzt folgte eine weitere Gewinnwarnung. Das Vertrauen der Anleger ist aufgebraucht. Der Kurs hat sich 2025 halbiert und steht auf dem tiefsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. Dazu kommt eine Untersuchung der BaFin wegen möglicher Verstöße gegen Rechnungslegungsregeln. Die Verschuldung steigt weiter an. Der geplante Verkauf des Behälterglasgeschäfts könnte unter Druck zu schlechten Konditionen erfolgen. Analysten kappen ihre Kursziele reihenweise. Die DZ Bank rät sogar zum Verkauf. Einige Experten sehen zwar langfristige Chancen, doch kurzfristig drohen weitere Rückschläge. Die operative Entwicklung bleibt schwach und das Management kann seine Prognosen nicht einhalten.
Eine Katastrophe und kein Ende
Der Düsseldorfer Verpackungsspezialist Gerresheimer steckt in ernsten Schwierigkeiten. Zuletzt musste das Unternehmen seine Jahresprognose erneut nach unten korrigieren. Es ist eine abermalige Gewinnwarnung innerhalb von zwei Jahren. Die Börse reagierte prompt und schickte die Aktie um über 10 Prozent in die Tiefe. Im laufenden Jahr hat das Papier damit mehr als die Hälfte seines Wertes verloren. Aktuell notiert die Aktie bei knapp 28,70 Euro. Das ist der niedrigste Stand seit 2012. Die Leerverkaufsquote liegt bei über 8 Prozent. Viele Anleger wetten also auf weiter fallende Kurse. Das spricht eine klare Sprache. Die Probleme bei Gerresheimer sind vielschichtig. Im dritten Quartal sank der Umsatz auf 560,7 Millionen Euro. Das bereinigte EBITDA erreichte 103,4 Millionen Euro. Die organische Marge lag bei 18,8 Prozent. Damit verfehlte das Unternehmen die angestrebten 20 Prozent. Besonders hart trifft Gerresheimer die schwache Nachfrage im Kosmetikmarkt. Auch bei Behältern für flüssige Medikamente zum Einnehmen läuft es schlecht. Für das Gesamtjahr 2025 rechnet der Konzern nun mit einem organischen Umsatzrückgang zwischen zwei und vier Prozent. Zuvor hatte man noch ein Wachstum von null bis zwei Prozent prognostiziert. Die bereinigte EBITDA-Marge soll nur noch 18,5 bis 19 Prozent erreichen statt der ursprünglich anvisierten 20 Prozent. Beim bereinigten Ergebnis je Aktie droht ein Rückgang im mittleren zweistelligen Prozentbereich. Hinzu kommt die BaFin-Prüfung. Die Finanzaufsicht untersucht mögliche Verstöße gegen Rechnungslegungsregeln. Das Unternehmen versichert zwar seine volle Kooperation. Doch dieser Vorgang schadet dem ohnehin angeschlagenen Ruf zusätzlich. Die Deutsche Bank kritisiert die Unzuverlässigkeit bei den Unternehmenszielen scharf. Außerdem steigt der Verschuldungsgrad immer weiter an. Der geplante Verkauf des Behälterglasgeschäfts könnte unter diesen Umständen zu ungünstigen Bedingungen über die Bühne gehen. Die operative Entwicklung dieses Bereichs ist schwach. Das drückt den Verkaufspreis.
Analysten stufen ab
Die Reaktionen der Analysten fallen vernichtend aus. Die Deutsche Bank senkte ihr Kursziel von 49 auf 34 Euro. Die Einstufung lautet aber weiterhin "Hold". Analyst Falko Friedrichs bemängelt neben der fehlenden Zuverlässigkeit auch die steigende Verschuldung. J.P. Morgan halbierte sein Kursziel sogar von 99,30 auf 46 Euro. Analyst David Adlington versteht den Vertrauensverlust der Investoren. Er hält die langfristige Story zwar für intakt. Doch das hilft Anlegern kurzfristig wenig. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) korrigierte ihr Kursziel von 63 auf 40 Euro. Am härtesten urteilt die DZ Bank. Analyst Sven Kürten stufte die Aktie von "Halten" auf "Verkaufen" ab. Sein neuer fairer Wert liegt bei nur noch 25 Euro. Das wäre nochmal ein Rückgang von etwa 15 Prozent vom aktuellen Niveau. Die Mehrheit der Analysten sieht schwarz für Gerresheimer. Zwar liegen die Kursziele teilweise trotz Abstufungen oberhalb des aktuellen Kurses, jedoch: "Wenn einmal der Wurm drin ist, ist der Wurm drin!"
Charttechnik
Seit dem Frühjahr befindet sich die Aktie in einem steilen Abwärtstrend. Nach den gescheiterten Übernahmegesprächen im Frühling ging es bergab. Jede weitere Gewinnwarnung trieb den Kurs tiefer. Wichtige Unterstützungsmarken wurden reihenweise nach unten durchbrochen. Die Aktie fällt praktisch im freien Fall. Technische Erholungsversuche scheiterten regelmäßig. Der Durchbruch unter die 30-Euro-Marke war ein weiteres negatives Signal. Momentum-Indikatoren zeigen nach wie vor nach unten. Der RSI befindet sich zwar im überverkauften Bereich, doch selbst das führt nicht zu einer nachhaltigen Gegenbewegung. Solange keine klaren Bodenbildungssignale erkennbar sind, bleibt die Lage kritisch. Anleger sollten Abstand halten. Wer auf einen Turnaround spekuliert, braucht starke Nerven und einen langen Atem und auch viel Glück.
Was tun?
Die Aktie von Gerresheimer befindet sich in einer Abwärtsspirale. Die fundamentalen Daten sind schwach. Die Verschuldung steigt. Das Management liefert nicht. Die BaFin-Prüfung belastet zusätzlich. Analysten kappen ihre Kursziele drastisch. Die DZ Bank rät offen zum Verkauf. Auch die Charttechnik gibt keinerlei Entwarnung. Im Gegenteil. Alle Signale stehen auf Rot. Wer noch investiert ist, sollte überlegen, seine Verluste zu begrenzen oder gleich zu verkaufen. Spekulativ orientierte Anleger warten besser auf klare Stabilisierungssignale. Diese sind derzeit nicht in Sicht. Das angekündigte Transformationsprogramm könnte langfristig helfen. Doch bis erste Erfolge sichtbar werden, dürfte noch viel Zeit vergehen. In der aktuellen Situation überwiegen die Risiken deutlich. Ein Investment in Gerresheimer ist derzeit nicht zu empfehlen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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