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Die D-Wave Quantum-Aktie ist in den letzten Monaten geradezu explodiert. Doch wer jetzt noch aufspringt, könnte ein böses Erwachen erleben.
Der Chart gleicht einer Fahnenstange kurz vor dem Abknicken. Was nach oben schießt wie eine Rakete, kann genauso schnell wieder abstürzen. Während das Unternehmen mit Großaufträgen in Europa Schlagzeilen macht, mehren sich die Warnsignale. Top-Manager verkaufen ihre Aktien. Die Bewertung hat jeden Bezug zur Realität verloren. Und die Verluste wachsen schneller als die Umsätze. Ein 10-Millionen-Euro-Vertrag klingt beeindruckend, doch gemessen an einer Marktkapitalisierung von 15 Milliarden Dollar ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Frage ist nicht mehr, ob die Aktie korrigiert. Die Frage ist nur: Wann?
Europa-Deal kann Euphorie nicht rechtfertigen
D-Wave Quantum hat einen Vertrag mit Swiss Quantum Technology abgeschlossen. Für 10 Millionen Euro wird ein Advantage2-Quantencomputer in Europa installiert. Das System verfügt über 4.400 Qubits und soll über die Cloud-Plattform Leap zugänglich sein. Der Deal ist Teil der italienischen Q-Alliance Initiative, die Quanteninfrastruktur in Südeuropa aufbauen will. CEO Alan Baratz spricht von einem wichtigen Meilenstein für die weltweite Expansion. Doch bei näherem Hinsehen verliert die Meldung ihren Glanz. 10 Millionen Euro sind für ein Unternehmen mit 15 Milliarden Dollar Börsenwert geradezu lächerlich. Im letzten Jahr erzielte D-Wave gerade einmal 9 Millionen Dollar Umsatz. Für 2025 werden vielleicht 25 Millionen Dollar erwartet. Das ergibt ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 600. Nicht das Kurs-Gewinn-Verhältnis wohlgemerkt, sondern das Kurs-Umsatz-Verhältnis. Das ist völlig irre. Noch bedenklicher wird es beim Blick auf die Verluste. Im zweiten Quartal stieg der operative Verlust auf 26 Millionen Dollar. Im Vorjahr waren es noch 19 Millionen gewesen. Die Forschungs- und Entwicklungskosten fressen das Unternehmen auf. Während die Umsätze im Schneckentempo wachsen, explodieren die Ausgaben.
Insider verkaufen
Das Timing der jüngsten Insider-Verkäufe lässt aufhorchen. Zuletzt haben drei Top-Manager Aktien im Millionenwert verkauft. Offiziell dienen die Verkäufe der Deckung von Steuerverpflichtungen. Doch die Begründung überzeugt nicht. Warum verkaufen die Führungskräfte ausgerechnet jetzt, kurz nach der positiven Vertragsmeldung? Wenn sie wirklich an die glänzende Zukunft ihres Unternehmens glauben würden, hätten sie andere Wege gefunden, ihre Steuern zu bezahlen. Insider-Verkäufe sind oft ein Frühwarnsignal. Das Management weiß besser als jeder Außenstehende, wie es wirklich um das Unternehmen steht.
Charttechnik
Der Chart der D-Wave Quantum-Aktie zeigt ein Lehrbuchbeispiel für eine unhaltbare Rally. In den letzten Monaten ist der Kurs um über mehrere 1.000 Prozent gestiegen. Solche Bewegungen sind nicht natürlich. Sie sind das Ergebnis von purem Hype und FOMO. Die Angst, etwas zu verpassen, treibt immer mehr Anleger in die Aktie. Doch was steil nach oben geht, fällt genauso steil wieder runter. Die Aktie notiert derzeit bei rund 37 Euro. Sie hat sich zu weit von jeder fundamentalen Basis entfernt. Eine Rückkehr in den Bereich von 20 bis 25 Euro ist nicht nur möglich, sondern für viele wahrscheinlich. Das wäre immer noch ein beachtliches Niveau, wenn man die mageren Geschäftszahlen betrachtet. Doch nach einer Verdoppelung oder Verdreifachung in wenigen Wochen sind solche Rücksetzer völlig normal. Die Volatilität hat zuletzt stark zugenommen. Das ist typisch für Aktien, die kurz vor einer größeren Korrektur stehen. Die Käufer gehen aus. Bald werden die Verkäufer das Kommando übernehmen. Zum Vergleich: Große Technologiekonzerne wie IBM und Honeywell sind ebenfalls im Quantencomputing aktiv. Ihre Aktien werden zu vernünftigen Bewertungen gehandelt. D-Wave hingegen schwebt in luftigen Höhen ohne jede Rechtfertigung. Der Markt wird das früher oder später korrigieren. Und diese Korrektur wird schmerzhaft.
Was tun?
Wer in D-Wave Quantum investiert ist, sollte überlegen seine Gewinne zu realisieren, solange es noch geht. Die Fundamentaldaten rechtfertigen die aktuelle Bewertung in keiner Weise. Ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 600 ist absurd. Die Verluste steigen. Das Management verkauft. Und der Chart sieht aus wie eine Fahnenstange kurz vor dem Bruch. Ja, Quantencomputing ist eine Zukunftstechnologie mit enormem Potenzial. Aber das rechtfertigt keine beliebigen Bewertungen. D-Wave hat im gesamten letzten Jahr nur knapp 10 Millionen Dollar umgesetzt. Selbst wenn sich die Umsätze in diesem Jahr verdreifachen, bleibt die Bewertung völlig überzogen. Wer jetzt noch kauft, riskiert schmerzhafte Verluste. Das Risiko-Ertrags-Verhältnis ist extrem ungünstig. Selbst wenn die Aktie noch einmal 10 oder 20 Prozent steigt, droht danach ein Absturz um 50 Prozent oder mehr. Solche Wetten sollte man vermeiden nicht eingehen.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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