
© Foto: fn Symbolbild
Nach der spektakulären Kursrally von über 100 Prozent seit Jahresbeginn steht die Siemens Energy-Aktie möglicherweise vor einem dramatischen Einbruch. Was Anleger lange ignorierten, könnte nun zur bitteren Realität werden: Die charttechnischen Warnsignale häufen sich bedrohlich. Dreifache negative Divergenzen zeigen unmissverständlich, dass die Luft raus ist. Der jüngste Rücksetzer könnte erst der Anfang gewesen sein. Experten rechnen zunächst mit einem Absacken bis zur 200-Tage-Linie bei 80 Euro - ein Verlust von fast 25 Prozent vom aktuellen Niveau. Doch damit könnte das Drama noch lange nicht vorbei sein. Im schlimmsten Fall droht sogar ein Absturz bis 60 Euro, wo sich die nächste nennenswerte Unterstützung befindet. Das würde bedeuten: Fast die Hälfte des aktuellen Wertes könnte sich in Luft auflösen. Was ist da los bei dem einstigen Börsenliebling?
Euphorie weicht blankem Entsetzen
Die Siemens Energy-Aktie galt lange als Musterbeispiel für eine gelungene Trendwende. Vom Sorgenkind mit Staatshilfe zum DAX-Star. Die Geschichte klang zu schön, um wahr zu sein. Und genau das wird sie jetzt. Anfang der Woche brach der Kurs schon einmal ein wenig ein - ein erster Vorgeschmack. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen, doch das klingt verharmlosend. Die Realität sieht düsterer aus. Das Rekordhoch von 110,45 Euro vor wenigen Wochen wird die Aktie so schnell nicht wiedersehen. Die Verkaufswelle rollt an und niemand kann sie aufhalten. Was die Situation verschärft: Es fehlen positive Impulse. Die nächsten Zahlen kommen erst im November. Bis dahin herrscht gähnende Leere. Keine Nachrichten, die den Kurs stützen könnten. Keine Katalysatoren für neue Höhenflüge. Stattdessen dominiert die Angst. Anleger, die früh eingestiegen sind, sichern ihre Gewinne. Wer kann es ihnen verdenken? Nach einer Verdopplung ist Vorsicht angebracht. Die Erholung vom Tief bei 6,43 Euro im Oktober 2023 war atemberaubend. Doch jetzt zahlt die Aktie den Preis für diese überhitzte Entwicklung. Die fundamentale Lage bietet kaum Trost. Zwar profitiert Siemens Energy theoretisch von der Energiewende und dem KI-Boom. Doch die Bewertung ist längst nicht mehr günstig. Die RBC-Analysten sprechen von einer teuren Branchenbewertung und raten zur Vorsicht. Selbst optimistische Stimmen wie die Deutsche Bank können nicht verhindern, dass die Realität einholt. Das neue Kursziel von 115 Euro wirkt angesichts der aktuellen Schwäche wie Hohn. Die Konsensschätzungen wurden bereits zurückgenommen. Der Investitionszyklus mag intakt sein, doch der Aktienkurs folgt eigenen Gesetzen.
Charttechnik
Die technische Analyse liefert ein nahezu vernichtendes Bild. Dreifache negative Divergenzen zwischen Kursverlauf und RSI-Indikator sind ein Alarmsignal ersten Ranges. Solche Konstellationen enden selten gut. Der RSI bei 61 mag neutral erscheinen, doch das täuscht. Die Schwäche kommt vom Gipfel. Die 50-Tage-Linie bei 97,21 Euro droht zu brechen. Wenn diese Marke fällt, ist der Weg frei nach unten. Die 200-Tage-Linie bei um die 80 Euro ist dann die nächste Station. Dort könnte sich eine erste Stabilisierung ergeben, doch selbst das ist nicht sicher. Die recht hohe Volatilität zeigt, wie nervös der Markt ist. Wilde Schwankungen sind programmiert. Doch die Richtung scheint klar: abwärts. Das Handelsvolumen deutet auf Panikverkäufe hin. Die Käuferseite ist überfordert. Der Abstand zum 52-Wochen-Hoch schrumpft nicht etwa, sondern wächst. Die Bullen haben kapituliert. Was bleibt, sind verzweifelte Hoffnungen auf eine Erholung, die vielleicht nicht kommt. Besonders brisant: Das Zwischentief bei ca. 100,50 Euro wurde zuletzt schon getestet. Fällt diese psychologisch wichtige Marke, rutscht die Aktie durch. Die nächste Auffangzone liegt dann tatsächlich erst bei 80 Euro. Von dort aus sind weitere 20 Euro Verlust bis 60 Euro keine Übertreibung, sondern ein durchaus realistisches Szenario. Die fundamentale Bewertung rechtfertigt diese Kurse allemal. Das KGV ist aufgebläht. Die Gewinnerwartungen für 2025 wirken zu optimistisch. Beim aktuellen Kurs ist die Aktie teuer. Bei 60 Euro wäre sie fairer bewertet.
Was tun?
Die Empfehlung kann nur lauten: Vorsicht! Die Risiken überwiegen die Chancen. Die Unternehmenszahlen vom August zeigten zwar Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr. Doch diese Entwicklung ist längst eingepreist. Der Markt schaut nach vorn und sieht Gefahren. Die Windkraft-Tochter Gamesa bleibt ein Klotz am Bein. Die Staatshilfen mögen zurückgezahlt sein, doch das Vertrauen ist beschädigt. Charttechnisch steht ein Desaster bevor. Die dreifachen negativen Divergenzen lassen keine andere Interpretation zu. Der Weg zur 200-Tage-Linie bei 80 Euro scheint vorgezeichnet. Danach droht der freie Fall bis 60 Euro. Das Verlustpotenzial ist enorm. Die fundamentale Bewertung bietet keine Sicherheit mehr. Die jüngsten Nachrichten über Weltbank-Investitionen in Energieprojekte sind zu vage, um kurzfristig zu helfen. Der Kapitalmarkttag im November kommt zu spät. Bis dahin ist der Schaden eventuell schon längst angerichtet. Die Party scheint vorbei zu sein und die Rechnung kommt vielleicht jetzt.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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