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Nach dem drastischen Kurseinbruch von über 20 Prozent steht die TeamViewer-Aktie auf einem historischen Tiefstand.
Doch die Panikreaktion der Anleger könnte übertrieben sein. Der Software-Spezialist aus Göppingen hat zwar seine Prognosen gesenkt, doch die fundamentalen Stärken bleiben intakt. Die operative Marge verbessert sich, das Kerngeschäft wächst solide, und die Bewertung ist mittlerweile so günstig wie seit Jahren nicht mehr. Viele Indikatoren deuten darauf hin, dass die Aktie zu hart bestraft wurde. Ein technischer Rebound in Richtung 8 bis 10 Euro erscheint durchaus realistisch. Für mutige Anleger mit Geduld könnte sich hier eine interessante Einstiegschance bieten.
Solides Kerngeschäft trotz Turbulenzen
Die Zahlen für das dritte Quartal zeigen ein durchaus stabiles Bild. TeamViewer steigerte den Umsatz währungsbereinigt um 4 Prozent auf 192 Millionen Euro. Das bereinigte EBITDA kletterte um 1 Prozent auf 87,7 Millionen Euro. Die operative Marge liegt weiterhin bei beeindruckenden 46 Prozent. Besonders erfreulich ist die Entwicklung im angestammten Geschäft mit Fernwartungslösungen. Hier verzeichnete das Unternehmen ein Plus von 6 Prozent. Das zeigt deutlich, dass die Kernkompetenz von TeamViewer nach wie vor gefragt ist und funktioniert. Das eigentliche Problem liegt bei der vor einem Jahr übernommenen britischen Tochter 1E. Dieses Geschäft mit Digital-Workplace-Lösungen kämpft derzeit mit massiven Schwierigkeiten auf dem US-Markt. Ein Umsatzrückgang von 8 Prozent im dritten Quartal belastet die Gesamtentwicklung erheblich. Schuld daran sind vor allem Ausgabenkürzungen bei US-Behörden und der Regierungsstillstand in Washington. Einige Großkunden sind zudem zur Konkurrenz abgewandert. Die Integration von 1E gestaltet sich schwieriger als ursprünglich gedacht. Schlüsselmitarbeiter haben das Unternehmen verlassen, und die Entwicklung eines gemeinsamen Produkts mit der TeamViewer-Plattform benötigt mehr Zeit als geplant. Trotz dieser Herausforderungen hält das Management an der strategischen Ausrichtung fest. Die Kombination aus proaktiver Problemerkennung durch 1E und klassischer Fernwartung durch TeamViewer soll langfristig eine Komplettlösung für Kunden bieten. CEO Oliver Steil zeigt sich zuversichtlich, dass die aktuellen Schwierigkeiten temporär sind. Sobald sich die politische Unsicherheit in den USA auflöst, könnten die Geschäfte wieder anziehen. Die Budgets sind vorhanden, nur die Entscheidungen werden derzeit auf Eis gelegt.

Charttechnik
Aus charttechnischer Sicht befindet sich die TeamViewer-Aktie in einer extremen Ausnahmesituation. Der Kurs ist durch alle wichtigen Unterstützungen gebrochen und hat ein neues Allzeittief bei 6,41 Euro markiert. Der seit über zwei Jahren bestehende Abwärtstrend hat sich durch den jüngsten Crash beschleunigt. Viele klassische Indikatoren befinden sich im überverkauften Bereich. Der RSI notiert auf extrem niedrigem Niveau, bei 17, was häufig eine Gegenbewegung ankündigt. Auch das Handelsvolumen war beim Ausverkauf außergewöhnlich hoch, was auf eine kapitulative Phase von genervten und verängstigten Investoren hindeuten könnte. Interessant ist die aktuelle Bewertung. Mit einem Forward-KGV von knapp acht handelt die Aktie auf einem Niveau, das für ein profitables Wachstumsunternehmen außergewöhnlich niedrig ist. Die Marktkapitalisierung liegt bei nur noch etwas über 1 Milliarde Euro. Zum Vergleich: Beim Börsengang 2019 wurde TeamViewer mit deutlich über vier Milliarden Euro bewertet. Während der Corona-Pandemie erreichte die Aktie sogar fast 55 Euro. Von diesen Höchstständen ist heute nichts mehr übrig. Für eine technische Erholung spricht die extreme Positionierung vieler Anleger. Nach einem Kurseinbruch von deutlich über 30 Prozent seit Jahresbeginn und noch deutlich mehr vom Allzeithoch haben viele Investoren das Handtuch geworfen. Genau solche Situationen bieten oft gute Einstiegschancen. Ein Rebound in Richtung 8 bis 10 Euro würde einer Erholung von 20 bis 50 Prozent entsprechen und wäre charttechnisch durchaus im Bereich des Möglichen. Dort verlaufen auch ehemalige Unterstützungszonen, die nun als Widerstände fungieren könnten.
Was tun?
Die TeamViewer-Aktie präsentiert sich als klassischer Turnaround-Kandidat mit erheblichem Aufholpotenzial. Die fundamentale Basis ist trotz aller Probleme solide. Das Unternehmen wächst weiterhin, wenn auch langsamer als erhofft. Für 2025 wird immer noch ein Umsatzplus erwartet, auch wenn 2026 das Wachstum schwächer ausfallen dürfte. Die EBITDA-Marge soll durch Kosteneinsparungen sogar leicht steigen. Das zeigt, dass das Management die Situation im Griff hat und gegensteuert. Die jüngsten Nachrichten haben das Vertrauen der Anleger massiv erschüttert. Die Glaubwürdigkeit des Managements ist angeschlagen, und das wird Zeit brauchen, um wiederhergestellt zu werden. Allerdings dürfte die Überreaktion an der Börse möglicherweise übertrieben sein. TeamViewer ist kein Unternehmen in der Krise, sondern ein profitabler Software-Anbieter mit vorübergehenden Wachstumsproblemen. Die Bewertung spiegelt mittlerweile ein Szenario wider, das deutlich negativer ist als die Realität. Charttechnisch bietet die aktuelle Situation Chancen für eine kräftige Gegenbewegung. Die Indikatoren sind zu weit im Keller, und eine technische Erholung scheint überfällig. Wer bereit ist, Geduld mitzubringen und auch weitere Schwankungen auszuhalten, findet hier eine spannende Gelegenheit. Ein Kursziel von 8 bis 10 Euro in den kommenden Monaten erscheint realistisch. Langfristig orientierte Anleger mit starken Nerven können bei diesen Kursen durchaus einen Einstieg wagen. Wichtig ist dabei, sich bewusst zu machen, dass der Turnaround Zeit benötigt und nicht von heute auf morgen kommen wird. Spannend!
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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