(neu: Kurs, Analysten-Stimmen)
BONN (dpa-AFX) - Der Logistikkonzern DHL hat sich im dritten Quartal überraschend gut gegen die Folgen der globalen Handelskonflikte gewehrt. Anders als von Analysten erwartet, stieg der operative Gewinn. Dies sei das Resultat aktiven Kapazitätsmanagements sowie struktureller Kostenverbesserungen, sagte Konzernchef Tobias Meyer laut Mitteilung am Donnerstag in Bonn. Zudem hatte der Konzern Preise erhöht. Meyer bestätigte seine Jahresprognose und sieht den Konzern für das wichtige Jahresschlussgeschäft gut gerüstet. Die DHL-Aktie legte kräftig zu.
Am Vormittag lag sie mit einem Kursplus von zeitweise über 6 Prozent an der Spitze des Dax . Der Kursgewinn seit Jahresbeginn erhöhte sich damit auf fast ein Fünftel.
Vor dem Hintergrund gedämpfter Erwartungen sei das dritte Quartal auf den ersten Blick stark ausgefallen, schrieb Jefferies-Experte Michael Aspinall. Eine Kontrolle der Kosten sei notwendig geworden, um in einem schwierigen konjunkturellen und regulatorischen Umfeld zu bestehen. "Das wurde geliefert", resümierte er.
Der Umsatz sank im dritten Quartal zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht auf 20,1 Milliarden Euro, was der Konzern in seinem Quartalsbericht auf Währungseffekte und Volumenrückgänge zurückführte. Doch das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 7,6 Prozent auf fast 1,5 Milliarden Euro. Dabei halfen auch Einmaleffekte, etwa durch eine Übernahme. Analysten hatten hingegen einen Ergebnisrückgang erwartet.
Die DHL-Führung hatte Anfang März ein Sparprogramm mit Maßnahmen in allen Konzernbereichen verkündet, das seine volle Wirkung im Jahr 2027 entfalten soll. So will der Vorstand die Kosten um mehr als eine Milliarde Euro senken. Im dritten Quartal halfen etwa reduzierte Luftfahrtkosten im margenstarken Express-Geschäft mit zeitkritischen Sendungen. Laut Chef Meyer befindet sich der Konzern bei der Umsetzung des Sparprogramms im Plan und kommt dabei eher schneller voran als angenommen.
Die Sparmaßnahmen wirkten sich zuletzt auch positiv auf den freien Barmittelzufluss aus, der im dritten Quartal um mehr als 80 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro anschwoll. Auch hier begünstigten Einmaleffekte die Entwicklung. Der auf die Aktionäre entfallende Gewinn stieg auch dank eines besseren Finanzergebnisses um rund 12 Prozent auf 840 Millionen Euro und übertraf damit ebenfalls die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.
Der Logistiker habe überzeugende Ergebnisse abgeliefert, schrieb Alex Irving US-Analysehaus Bernstein Research. Erfreulich sei, dass die Ziele unverändert blieben, denn eigentlich sei weithin eine Kürzung des Ausblicks erwartet worden.
Der Konzern erwartet für 2025 weiterhin einen operativen Gewinn von mindestens 6 Milliarden Euro. Vom Unternehmen befragte Analysten gehen bislang hingegen nicht davon aus, dass der Konzern diese runde Marke knackt.
Stattdessen kann DHL nun besser einschätzen, welche Folgen die Abschaffung der De-Minimis-Ausnahme der USA für alle Länder der Welt hat. Zuvor konnten kommerzielle Sendungen im Wert von bis zu 800 US-Dollar zollfrei in die USA eingeführt werden. DHL-Finanzchefin Melanie Kreis hatte die Auswirkungen für den Konzern im August in einer Telefonkonferenz mit Analysten auf bis zu 200 Millionen Euro beziffert. Dieses Risiko sieht sie nun nicht mehr. Jefferies-Analyst Aspinall wertete dies als "Aufwertung" der Jahresprognose.
Nach dem unerwartet starken dritten Quartal ist das wichtige Schlussquartal entscheidend für ein gutes Abschneiden im Gesamtjahr. Es ist wegen des Weihnachtsgeschäfts, aber auch dank vieler Rabattaktionen von Online-Händlern wie "Black Friday" und "Singles' Day" Jahr für Jahr von großer Bedeutung und bringt enorme Mengen Päckchen und Pakete.
Für diese Zeit des sogenannten Starkverkehrs rechnet die DHL-Spitze trotz Wirtschaftsflaute und zurückhaltender Verbraucherstimmung mit einem "typischen saisonalen Anstieg der E-Commerce-Lieferungen an Konsumenten". DHL-Chef Meyer sieht den Konzern darauf gut vorbereitet. Vergleicht man den operativen Gewinn der ersten neun Monate mit dem in der Jahresprognose angenommenen Mindestwert von 6 Milliarden Euro, wäre es allerdings denkbar, dass das Schlussquartal 2025 schwächer ausfällt als im Vorjahr./lew/stw/jha/



