
Wenn Zweifel am KI-Hype aufkommen, dann werden immer die hohen Bewertungen der einzelnen Konzerne angeführt. Aber sind sie wirklich das eigentliche Problem? Eine KI-Blase könnte durch einen ganz anderen Grund platzen!
Die hohe Bewertung der einzelnen KI-Player ist sicherlich ein Grund zu überlegen, ob Anleger bei einzelnen Titeln noch einsteigen sollten. In dieser Woche löste das geschätzte KGV von 437 beim KI-Spezialisten Palantir die Diskussion von Neuem aus und setzte weltweit die großen KI-Player unter Druck.
Aufgepuscht wurde die ganze die ganze Diskussion noch durch die Nachricht, dass Michael Burry auf Twitter von einer Bubble sprach und es bekannt wurde, dass er im dritten Quartal Short-Positionen auf Palantir und Nvidia besaß oder vielleicht noch besitzt. Die Diskussion löste eine Welle von Gewinnmitnahmen aus. Die Aktie von Softbank verlor an einem Tag rund 14 Prozent und 50 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung waren mal eben futsch.

Hohe Bewertung die wirkliche Gefahr?
Natürlich wird jetzt wieder fleißig über das Platzen einer KI-Blase diskutiert. Aber könnte sie durch die hohe Bewertung platzen? Ja könnte sie, aber wird sie wahrscheinlich nicht. Die großen Tech-Konzerne halten die Capex-Story am Leben. Alphabet, Amazon, Meta Platforms und Microsoft erhöhten mit den jüngsten Quartalszahlen erneut ihre Investitionen in Rechenzentren, Netzwerkinfrastruktur und KI-Cluster. Das Wachstum der Kapitalausgaben bleibt im hohen Milliarenbereich, die Budgets für das Gesamtjahr wurden erneut aufgestockt.
Jüngster Paukenschlag
OpenAI hat bei Amazon Web Services Rechenleistung im Volumen von 38 Milliarden Dollar gebucht - eine der größten Einzelbestellungen der Cloud-Geschichte. Der Auftrag markiert die nächste Stufe im entstehenden Superzyklus bei Rechenzentrumsinvestitionen, der längst weit über klassische IT hinausreicht.
OpenAI könnte das Problem werden!
OpenAI gilt mittlerweile als Schrittmacher für den gesamten KI-Infrastrukturmarkt. Aber genau hier könnte der Hase im Pfeffer begraben liegen. Der Aktionärsbrief vom Bernecker Verlag bringt es mit einem einfachen Rechenbeispiel auf den Punkt: Nach Branchenschätzungen wird OpenAI im Jahr 2025 rund 13 Milliarden US-Dollar Umsatz erzielen. Hat sich aber bereits verpflichtet, bis 2030 nahezu 1,5 Billionen US-Dollar für Rechenleistung, Chips und Datencenter-Kapazitäten zu investieren.
Diese gigantische Kapitalbindung macht OpenAI zur zentralen Stellschraube im System - aber auch zu einem potenziellen Risiko. Denn die Kette funktioniert monokausal: Wenn OpenAI langsamer wächst oder die Skalierung der KI-Modelle ins Stocken gerät, könnte der Nachfragesog abrupt nachlassen, Zahlungen ausbleiben, Gewinne schrumpfen, Anleger fliehen und die KI-Blase wäre wohl geplatzt.
Anleger, die auf die Hardware-Zulieferer des KI-Booms setzen, müssen daher genau auf OpenAIs Cashflow-Entwicklung und Nachfrageprognosen achten, hier könnte eine größere Gefahr schlummern, als in der hohen Bewertung von Palantir & Co.
Kreditmarkt wächst auch rasant!
Während die Umsätze aus KI-Anwendungen erst allmählich zu fließen beginnen, explodieren die Vorlaufkosten. Um die milliardenschweren Projekte zu finanzieren, werden die US-Techkonzerne zunehmend auf dem Bondmarkt aktiv.
Allein in diesem Jahr wurden bereits mehr als 200 Milliarden US-Dollar an Anleihen zur Finanzierung von Rechenzentrumsprojekten begeben - Tendenz steigend. Damit machen KI-bezogene Emissionen inzwischen rund ein Viertel des gesamten Netto-Emissionsvolumens am US-Kreditmarkt aus.
Meta sorgte zuletzt mit einer spektakulären Platzierung über 30 Milliarden US-Dollar für Schlagzeilen - bei einer Nachfrage von über 125 Milliarden US-Dollar. Auch Oracle hatte im September 18 Milliarden US-Dollar aufgenommen, um den Ausbau seiner Cloud-Infrastruktur zu beschleunigen.
Bislang hatten die Hyperscaler ihre KI-Investitionen vor allem aus den laufenden Gewinnen bezahlt. Doch die Dimensionen der nächsten Ausbaustufe sprengen zunehmend die internen Finanzierungsmöglichkeiten. Die Kreditfinanzierung schafft neue Hebel - aber auch neue Risiken, falls die erwarteten Erträge aus KI-Anwendungen langsamer eintreten.
Zwischen Euphorie und Erschöpfung
Der KI-Boom ist längst zur makroökonomischen Triebkraft geworden - und zugleich zum potenziellen Stressfaktor. Das Momentum lebt vom Glauben an stetig steigende Rechenlasten und an dem Siegeszug generativer Modelle. Doch genau hier liegt das Risiko: Sollte die Nachfrage nach KI-Diensten stagnieren, könnte aus dem Superzyklus ein Überinvestitionszyklus werden.
Für Investoren bedeutet das: Die Story bleibt intakt, aber die Abhängigkeit von einem dominanten Player wie OpenAI erfordert eine kritische Perspektive.
Fazit:
Im KI-Trend nicht dabei zu sein, kann sich kein Tech-Konzern und kein Anleger leisten. Doch je höher die Investitionen, desto größer das systemische Risiko. Die OpenAI-getriebene Rechenzentrumsblase könnte sich im Extremfall als zyklisch erweisen.
Für Anleger gilt: Diversifikation ist Pflicht. Wer auf den KI-Boom setzt, sollte nicht nur auf einen Nachfragetreiber vertrauen, sondern über die gesamte Wertschöpfungskette streuen - von Cloud-Anbietern über Netzwerkausrüster bis hin zu Energieversorgern. Insgesamt sollte das Thema KI zudem höchstens die Hälfte des Depots ausmachen.
Bei dem ganzen Hype rund im das Thema KI sollten Anleger nicht vergessen, dass es noch andere Branchen gibt, die auch gut laufen. Diversifikation bleibt das Stichwort zum Schutz vor dem Platzen einer KI-Blase.

Markus Weingran, Chefredakteur wallstreetONLINE Börsenlounge
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