APA ots news: Gut kapitalisierter Bankensektor kann Wirtschaftsaufschwung unterstützen
Präsentation des 50. Financial Stability Report der
Nationalbank
Wien (APA-ots) - Die heimische Konjunktur hat sich seit dem Jahreswechsel 2024/25
besser entwickelt als erwartet und ist auf einen moderaten Wachstumspfad eingeschwenkt. Damit ist eine knapp zweijährige Rezession zu Ende gegangen. Die Entwicklung von Industrie, Bau und Konsum blieb aber noch verhalten und auch die hohe Sparquote signalisiert anhaltende Unsicherheit.
Österreichs Banken erzielten trotz rückläufiger Betriebserträge im ersten Halbjahr 2025 erneut einen hohen Gewinn und die Kapitalquote stieg durch die Einbehaltung eines Großteils des Gewinns von 2024 auf 18,6 %. Dadurch konnte die Finanzmarktstabilität weiter gestärkt werden. Die Kreditvergabe für privaten Wohnbau nahm weiter zu, während die Nachfrage nach Unternehmensfinanzierungen aufgrund der weiterhin verhaltenen Wachstumsaussichten schwach blieb. Die negative Dynamik bei den Kreditausfällen schwächte sich ab. Allerdings ist in naher Zukunft vor dem Hintergrund europäischer Vorschriften zur Risikovorsorge mit einem deutlichen Anstieg des Wertberichtigungsbedarfs für bereits notleidende Kredite zu rechnen, was die Profitabilität und damit die Kapitalsituation der Banken belasten wird.
Aussicht auf Wirtschaftsaufschwung bleibt verhalten
Österreichs Wirtschaft hat ihre längste, wenn auch nicht tiefste, Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg überwunden, und ist auf einen moderaten Wachstumspfad zurückgekehrt. Die Erholung wird aber vom öffentlichen Konsum getragen, während zentrale Branchen wie Industrie, Bauwirtschaft und konsumnahe Dienstleistungen sich weiterhin schwach entwickeln. Das spiegelt sich im fortgesetzten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen wider. Trotz des robusten Arbeitsmarkts und der gestiegenen Realeinkommen blieb der Konsum verhalten. Ein weiteres Zeichen für die anhaltende Unsicherheit liegt zudem in der weiterhin hohen Sparquote der Haushalte. Die Wirtschaft in den Ländern in Zentral-, Ost- und Südosteuropa wächst dagegen stärker als im Euroraum, was sich stabilisierend auf den österreichischen Finanzsektor auswirkt.
Deutlicher Kapitalaufbau stärkt Bankensektor
Trotz des anhaltend schwachen makroökonomischen Umfelds zeigte sich der österreichische Bankensektor bemerkenswert widerstandsfähig. Mit einem Nettogewinn von 5 Mrd Euro erzielte der Sektor das drittbeste Halbjahresergebnis seiner Geschichte, obwohl die Betriebserträge, vor allem aufgrund eines Sondereffekts, im Jahresvergleich zurückgingen. Die Einbehaltung eines Großteils des hohen Gewinns von 2024 führte zu einer deutlichen Verbesserung der Kapitalausstattung. Das harte Kernkapital (CET1) stieg um rund 8 Mrd Euro und die CET1-Quote erreichte zur Jahresmitte 18,6 %. Die Verschuldungsquote lag mit 9,0 % beim Dreifachen des Mindestwerts. Der aktuelle Stresstest der OeNB bestätigt dabei die hohe Resilienz des Gesamtbanksektors.
Eine hohe Eigenkapitalausstattung unterstützt nicht nur die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors, sie vergrößert auch den Spielraum der Banken für mehr Kreditvergabe. Die Kreditnachfrage zeigte im ersten Halbjahr 2025 weitere Erholungstendenzen. Aufgrund der gestiegenen Leistbarkeit stieg die Nachfrage insbesondere im Bereich der privaten Wohnbaufinanzierung. Die durchschnittliche monatliche Vergabe an Wohnbaukrediten nimmt seit 2023 wieder kontinuierlich zu. Gleichzeitig blieb die Nachfrage nach Unternehmensfinanzierungen schwach. Die anhaltenden Unsicherheiten führten zu weiterer Zurückhaltung bei Anlageinvestitionen und die Insolvenzen in der Bau- und Immobilienbranche belasteten die Kreditqualität der Banken.
Der Anteil der notleidenden Kredite bei den Banken stagnierte im ersten Halbjahr 2025 bei rund 3,0%. Im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung (CRE) liegt der Anteil aber deutlich darüber. Aufgrund der Bedeutung von CRE wurde dafür bereits einer sektoraler Systemrisikopuffer von 1 % eingeführt. Im Zuge der aktuell laufenden Evaluierung entscheidet das Finanzstabilitätsgremium im Dezember über eine mögliche Anpassung des Puffers.
Die Finalisierung des Basel III Regelwerks stellt einen Meilenstein in der Bankenregulierung dar. Ziel war eine Harmonisierung der Kapitalanforderungen, eine höhere
Risikosensitivität und eine stärkere Trennung zwischen Handels- und Bankbuch. Beginnend mit 2025 wurden diese Regeln schrittweise umgesetzt, wobei sich bis dato nur geringe negative Auswirkungen auf das Eigenkapital der österreichischen Banken zeigten. Vor dem Hintergrund europäischer Vorschriften zur Risikovorsorge ist in naher Zukunft allerdings mit einem deutlichen Anstieg des
Wertberichtigungsbedarfs für bereits notleidende Kredite zu rechnen. Dies wird sich dann negativ auf die Gewinne und das Eigenkapital der Banken auswirken.
Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen Finanzstabilität
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen, und um in turbulenten Zeiten weiterhin resilient zu bleiben und die Finanzstabilität zu gewährleisten, empfiehlt die OeNB den Banken daher:
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Vorbereitung auf strengere aufsichtliche Anforderungen für Gewerbeimmobilienkredite, und weiterhin Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Immobilienkrediten,
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Adäquate Kreditrisikosteuerung, einschließlich des aktiven Managements von notleidenden Krediten, höherer Wertberichtigungen ( insbesondere für den unbesicherten Teil der Kreditvergabe) und konservativer Sicherheitenbewertung,
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Absicherung der Kapitalbasis, wenn nötig durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen, sowie
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Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität, insbesondere durch
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Kostendisziplin und
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Investitionen in Digitalisierung und Cybersicherheit.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzstabilität.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Mag. Marlies Schroeder, MiM
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