POTSDAM (dpa-AFX) - Die bundesweit einzige Regierungskoalition von SPD und BSW in Brandenburg steht immer mehr unter Druck. Nachdem vier Landtagsabgeordnete des BSW ihren Parteiaustritt erklärten, stecken die BSW-Fraktion und das Regierungsbündnis nach tagelangen Querelen in der Krise. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht die Koalition nicht auf der Kippe und rief das BSW zur Klärung der verfahrenen Situation auf. Ein Streit um die Medienreform sorgt für schwere Spannungen. SPD und BSW regieren in Brandenburg seit knapp einem Jahr zusammen.
Woidke äußerte sich zuversichtlich. "Die Koalition steht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Die Diskussionen, die innerhalb des BSW laufen, haben mit der Koalition nichts zu tun. Alle Beteiligten haben betont, dass sie zur Koalition stehen."
Die BSW-Fraktion will nach Angaben ihres Vorsitzenden Niels-Olaf Lüders zügig zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Auf die Frage, ob die aus der Partei ausgetretenen Parlamentarier möglicherweise aus der Faktion ausgeschlossen werden sollen, antwortete Lüders nicht.
Streit um Medienstaatsverträge eskaliert
Der Koalitionskrach begann mit dem Streit um zwei Medienstaatsverträge. Dabei geht es um die Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie um mehr Jugendmedienschutz. Die BSW-Fraktion kündigte an, im Landtag nächste Woche mehrheitlich dagegen zu stimmen. Sie fordert eine weitgehendere Reform und befürchtet bei den Plänen zum Jugendmedienschutz übermäßige staatliche Eingriffe. Die Staatsverträge bekommen daher voraussichtlich nur eine Mehrheit wegen der Oppositionspartei CDU.
Am Dienstagabend teilten vier BSW-Landtagsabgeordnete dann mit, sie seien aus der Partei ausgetreten. Als Grund für den Schritt gaben Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon unter anderem an, es dominierten radikalisierte Positionen im BSW und autoritäre Tendenzen im BSW prägten zunehmend das innerparteiliche Klima. Sie wollen aber in der Fraktion bleiben und die Koalition weiter unterstützen.
Regierungschef Woidke, der am Mittwoch von einer Auslandsreise aus Großbritannien zurückkehrte, appellierte an das BSW: "Die Menschen im Land erwarten, dass wir für Brandenburg arbeiten. Deswegen sollte das BSW diese Diskussionen schnell beenden."
BSW-Minister: "Schwierige Situation"
Brandenburgs BSW-Finanzminister Robert Crumbach, der anders als der BSW-Fraktionschef für die Medienstaatsverträge stimmt, sagte auf die Frage, ob die Koalition 2026 noch besteht: "Ich hoffe." Crumbach bezeichnete die Lage nach den Parteiaustritten als "eine schwierige Situation". "Wir müssen viel miteinander reden, und wenn wir viel miteinander geredet haben, dann denke ich, werden wir das auch wieder hinbekommen."
BSW-Fraktionsvorsitzender Lüders zeigte sich von den Parteiaustritten überrascht. Dieser Schritt sei ihm nicht erklärlich, sagte Lüders. Das BSW habe mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss im Streit um die Medienstaatsverträge gefunden. "Insofern war die Kuh vom Eis und diese Austrittserklärung schiebt sie ein Stück weit jetzt wieder aufs Eis."
AfD sieht Bündnis zerbrochen
Aus Sicht des AfD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Christoph Berndt ist die Koalition am Ende. "Das Bündnis mit dem BSW ist ja erkennbar zerbrochen. Da gibt es keine eigenen Mehrheiten mehr", sagte er.
Der Ministerpräsident bekomme die Zustimmung zu den Medienstaatsverträgen nur mit der CDU. "Er kann überhaupt nur mit der CDU regieren, und wir fordern ihn auf und die CDU auf, das Versteckspiel zu beenden, das jetzt öffentlich zu machen."
CDU-Opposition äußert sich zurückhaltend zur Koalitionskrise
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann äußerte sich zurückhaltend zur Koalitionskrise. "Das ist eine Sache, die die Koalition intern bewerten muss", sagte er. "Da habe ich jetzt von außen keine Haltungsnoten zu geben." Aber das Außenbild, das das Land gerade abgebe, sei nicht das beste. Mithilfe der CDU können die beiden Medienstaatsverträge im Landtag durchkommen.
Die SPD/BSW-Koalition stimmte bei einer Vorentscheidung im Hauptausschuss zu den Medienstaatsverträgen nicht einheitlich. Während BSW-Fraktionschef Lüders jeweils mit Nein stimmte, votierte BSW-Finanzminister Crumbach wie SPD und CDU mit Ja. Die Verträge fanden nur dank der CDU eine Mehrheit. Die AfD lehnte ab./vr/DP/jha