BERLIN (dpa-AFX) - Auch in den kommenden Jahren sollen die gesetzlichen Renten deutlich steigen - der Beitragssatz aber auch, allerdings erst ab 2028. Das zeigt der im Bundeskabinett beratene Rentenversicherungsbericht 2025. Er gibt auch Aufschluss über die erwarteten Wirkungen des in der Koalition umstrittenen Rentenpakets. Der Bund muss der Rentenversicherung demnach ab 2027 in steigendem Maß Geld für die geplante Stabilisierung des Renten-Sicherungsniveaus überweisen - bis zu rund 10,1 Milliarden Euro pro Jahr.
Ob die Reform kommt, erscheint derzeit aber noch ungewiss. Regierungssprecher Stefan Kornelius zeigte sich zuversichtlich, dass es sehr zeitnah eine Lösung in dem Streit geben wird. Seit Tagen wird mangels sicherer Koalitionsmehrheit über eine mögliche Verschiebung der eigentlich für Dezember geplanten Bundestagsabstimmung diskutiert. Die Junge Gruppe der Unionsfraktion will die Pläne nicht ohne Änderung mittragen, weil sie Milliardenkosten auch für die Zeit ab 2031 fürchtet.
Wie Beitrag und Renten steigen
Der Rentenversicherungsbericht lenkt nun auch den Blick auf die Menschen in Rente - sowie die Beitragszahlerinnen und -zahler, also Arbeitgeber und ihre Beschäftigten. Für sie bleibt der Beitrag wohl bis 2027 bei 18,6 Prozent. 2028 geht es sprunghaft auf 19,8 Prozent hoch. Für 2039 werden 21,2 Prozent geschätzt.
Die Rentnerinnen und Rentnerinnen können auf steigende Bezüge hoffen. Die Renten steigen nach den Vorausberechnungen in den kommenden Jahren durchschnittlich um rund 2,8 Prozent pro Jahr - bis 2039 insgesamt um rund 47 Prozent. Dabei liegen die Erhöhungen in den kommenden zwei Jahren den Prognosen zufolge bei jeweils über 3 Prozent und fallen danach geringer aus. Wie bereits bekannt, wird die Rentenerhöhung im kommenden Sommer auf 3,7 Prozent geschätzt. Festgelegt wird die konkrete Erhöhung für die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner erst im Frühjahr, wenn alle Daten zur Lohnentwicklung vorliegen. In diesem Jahr waren die Renten um 3,74 Prozent gestiegen.
Frauen und Männer - Ost und West
Aufschluss gibt der Bericht über Unterschiede zwischen Ost und West sowie zwischen Frauen und Männern. Monatlich wurden vergangenes Jahr im Schnitt an neue Rentnerinnen 981 Euro ausgezahlt. Bei Männern lag der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag entsprechend bei 1.340 Euro.
Die Durchnittsaltersrenten bei Frauen in Westdeutschland liegen mit Ausnahme von Hamburg unter 1.000 Euro. Ostdeutsche Rentnerinnen bekommen im Schnitt wegen oft längerer Berufstätigkeit mehr als 1.200 Euro Rente (außer in Thüringen). Bei den Männern in Ostdeutschland hingegen liegt die Durchschnittsrente dagegen meist niedriger (je nach Land unterschiedlich, aber maximal 1.291 Euro im Monat). Im Westen reicht sie bis 1.475 Euro in Baden-Württemberg.
Grundsicherung und kleine Renten
Rund 1,4 Millionen Rentenzahlungen wurden 2024 durch einen Grundrentenzuschlag aufgestockt. Etwa drei Viertel der Betroffenen sind Frauen. Sie haben laut Bericht häufig in weniger gut bezahlten Jobs gearbeitet. Den Zuschlag zur Rente bei Minirenten gibt es seit dem 1. Januar 2021.
Klar wird aber auch: Kleine Renten bedeuten nicht unbedingt Bedürftigkeit. Sowohl bei Paaren als auch bei alleinstehenden Personen beziehen jeweils nur vier bis acht Prozent der Haushalte Renten unter 500 Euro monatlich. Bei Paaren machen diese Kleinstrenten aber nur sechs Prozent des gesamten Haushaltsbruttoeinkommens aus. Wegen anderer Einkommen haben sie sogar ein überdurchschnittlich hohes Bruttoeinkommen. Ähnliches gilt für alleinstehende Männer mit kleinen Renten.
Laut Bericht verfügten bei den Rentnerhaushalten mit einer Bezugsperson ab 65 Jahren im Jahr 2023 Paare über ein durchschnittliches Monatseinkommen von 3.674 Euro netto, alleinstehende Männer über 2.128 Euro und alleinstehende Frauen über 1.837 Euro.
Die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung steigen gegenüber dem Vorjahr 2025 um rund 5,1 Prozent. Die Nachhaltigkeitsrücklage - die Reserve der Rentenkasse zum Ausgleich von Schwankungen - wird auf 41,5 Milliarden zum Jahresende geschätzt.
Wie die Mittel für stabiles Rentenniveau zu Buche schlagen
Die geschätzten Wirkungen des in der Koalition umstrittenen Rentenpakets ist in die Berechnungen eingeflossen, die in dem Bericht wiedergegeben sind. Die im Rahmen des Rentenpakets vorgesehenen Erstattungen des Bundes für die Verlängerung der 48-Prozent-Haltelinie beim Rentenniveau steigen bis zu deren vorgesehenem Auslaufen 2031 auf jährlich rund 10,1 Milliarden Euro. Gemessen an den Gesamteinnahmen der Rentenversicherung soll der Anteil ab 2032 rund 2,0 Prozent betragen - und bis 2039 bei diesem Wert stabil bleiben.
Warnung vor Scheitern - Hoffnung auf Aus
Mit Blick auf den aktuellen Rentenstreit in der Koalition warnte die Ost-Beauftragter Elisabeth Kaiser (SPD) vor Verunsicherung in Ostdeutschland. "Gerade für ostdeutsche Renterinnen und Rentner sind sichere Renten existenziell", betonte Kaiser. "Über drei Viertel sind ausschließlich auf die gesetzliche Rente angewiesen." In Westdeutschland verfüge jede/r Zweite über ergänzende Einkommensquellen im Alter - etwa Immobilien oder Betriebsrenten.
Linke-Chefin Ines Schwerdtner übte an den jungen CDU-Politikerinnen und -Politikern wegen ihrer Blockade der Pläne heftige Vorwürfe: "Teile der CDU sind mittlerweile offen rentnerfeindlich." Linken-Chef Sören Pellmann plädierte für eine Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger mahnte: "Mit dem Rentenpaket würden die Rentenausgaben in den nächsten zehn Jahren um die Hälfte steigen." Er forderte: "Die Bundesregierung sollte die Bedenken der jungen Generation ernstnehmen und die Pause-Taste drücken."/bw/DP/jha