Wiesbaden (ots) -
Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) hat die Ergebnisse und Konsequenzen einer umfassenden Studie zur NS-Vergangenheit ihres Führungspersonals und der Preisträge*rinnen der SPIO-Ehrenmedaille bekannt gegeben. Als Folge der vom renommierten Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München durchgeführten Untersuchung hat das SPIO-Präsidium beschlossen, insgesamt 14 Personen, die in der Studie als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft wurden, die Ehrenmedaille nachträglich abzuerkennen. Darüber hinaus wird die SPIO-Ehrenmedaille künftig nicht mehr verliehen werden, sondern durch einen neuen Preis ersetzt, der neben Verdiensten um die Filmwirtschaft auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als zentrales Kriterium enthalten wird.
Die Entscheidung der SPIO zur Beauftragung der Studie zur NS-Vergangenheit erfolgte vor dem Hintergrund des 100-jährigen Bestehens der SPIO und des aktuellen Erstarkens rechtsextremer Ansichten innerhalb der Gesellschaft. Der Präsident der SPIO, Peter Schauerte, betont: "Die SPIO hat aus einer tief empfundenen gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus entschieden, die NS-Vergangenheit des Führungspersonals der SPIO sowie der Preisträger*innen der Ehrenmedaille wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Uns war klar, dass wir mit Belastungen von Personen aus der Vergangenheit und eigenen Fehlern konfrontiert werden. Elementar war, mit der Studie eine wissenschaftlich fundierte Basis zu haben, um adäquate Konsequenzen ziehen zu können."
Der Autor der Studie, PD Dr. Bernhard Gotto vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ), sieht in der Studie einen wichtigen Beitrag aktueller Forschungen im Kontext der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Deutschland und ordnet die Ergebnisse ein: "Der Blick auf die NS-Vergangenheit ist Teil unseres Kompasses für die Gegenwart, darum haben in den letzten Jahren insbesondere so viele Behörden ihr früheres Personal untersuchen lassen. Die Ergebnisse dieser Studie führen uns vor Augen, wie lange auch außerhalb der Staatsbehörden uneingestandene und nicht problematisierte Teilhabe an der NS-Diktatur die westdeutsche Gesellschaft prägte. Vor diesem Hintergrund bietet das ehemalige Führungspersonal der SPIO ein nicht überraschendes Gesamtbild und spiegelt den jahrzehntelangen Unwillen der bundesdeutschen Mehrheitsgesellschaft wider, Konsequenzen aus der Mitverantwortung für und der Mitschuld an den Verbrechen der NS-Diktatur zu ziehen."
Korrektur historischer Fehlentscheidungen
Ein prominentes Beispiel für die Aberkennung der als "NS-belastet" sowie "NS-konform" eingestuften Preisträgerinnen und Preisträger der SPIO-Ehrenmedaille ist Leni Riefenstahl, die im Jahr 2002 ausgezeichnet wurde. Diese Verleihung wird von der SPIO rückblickend als "schwerer Fehler" bewertet. SPIO-Präsident Peter Schauerte betont: "Wir wollen mit der Aberkennung der Medaille ein klares Zeichen gegen den wieder erstarkenden Rechtsextremismus, aber auch gegen jede andere Form von Extremismus, Rassismus, Diskriminierung und Hetze setzen."
In einem Ausnahmefall wurde entschieden, die Ehrenmedaille nicht abzuerkennen: Bei Hilmar Hoffmann, ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main, konstatierten die Wissenschaftler des IfZ eine Besonderheit. Hoffmann habe sich nach 1945 zeitlebens "wirksam für eine kritische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit eingesetzt und Akzente für eine künstlerische Gegenposition zum nationalsozialistischen Filmerbe gesetzt." Das SPIO-Präsidium sah dies als Beleg dafür, dass Menschen sich ändern und kritisch-selbstreflektiert aus Verfehlungen lernen können und entschied sich daher für eine differenzierte Beurteilung.
Neuausrichtung der Auszeichnungskultur
Als weitere Konsequenz wird die SPIO-Ehrenmedaille in ihrer bisherigen Form nicht mehr vergeben. Stattdessen ruft die SPIO einen neuen Preis ins Leben, dessen Kriterienkatalog derzeit erarbeitet wird. Dieser Preis wird zukünftig nicht nur besondere Leistungen und Verdienste für die Filmwirtschaft würdigen, sondern explizit auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Nähere Informationen zur Ausgestaltung des Preises wird die SPIO in 2026 bekannt geben.
Die Vize-Präsidentin der SPIO, Julia Maier-Hauff, betont: "Film als Kultur- und Wirtschaftsgut braucht künstlerische, kreative und inhaltliche Freiheit, um gesellschaftlich relevant und wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Dies gelingt nur in einer freiheitlichen Demokratie. Davon sind wir überzeugt und dafür soll die neue Auszeichnung stehen."
Die vollständige Studie zum Download finden Sie hier zum Download (https://www.spio.de/wp-content/uploads/PM-19.11.2025.pdf).
Den folgenden 14 Personen, die in der Studie als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft wurden, wird die SPIO-Ehrenmedaille aberkannt: August Arnold, Alfred Bauer, Aurel G. Bischoff, Willi Burth, Karl Fritz, Joachim Graßmann, Alexander Grüter, Joachim Henkel, Joachim Raffert, Leni Riefenstahl, Heinz Rühmann, Erich Stoll, Olga Tschechowa, Ludwig Waldleitner.
Über die SPIO
Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) vertritt die Interessen der deutschen Filmwirtschaft in den Sparten Filmproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Audiovisuelle Medien. Als Dachverband von 14 Berufsverbänden repräsentiert sie mehr als 1.400 Mitgliedsfirmen. Ziel der SPIO ist es, den deutschen Film in seiner Vielfalt, Qualität und internationalen Wahrnehmung zu stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschafts- und Kulturgut zu sichern.
Pressekontakt:
Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.
Stefan Linz, Geschäftsführer
Murnaustr. 6
65189 Wiesbaden
E-Mail: spio@spio-fsk.de
Telefon: +49 611 7789172
Original-Content von: SPIO, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/52794/6162141
Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) hat die Ergebnisse und Konsequenzen einer umfassenden Studie zur NS-Vergangenheit ihres Führungspersonals und der Preisträge*rinnen der SPIO-Ehrenmedaille bekannt gegeben. Als Folge der vom renommierten Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München durchgeführten Untersuchung hat das SPIO-Präsidium beschlossen, insgesamt 14 Personen, die in der Studie als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft wurden, die Ehrenmedaille nachträglich abzuerkennen. Darüber hinaus wird die SPIO-Ehrenmedaille künftig nicht mehr verliehen werden, sondern durch einen neuen Preis ersetzt, der neben Verdiensten um die Filmwirtschaft auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als zentrales Kriterium enthalten wird.
Die Entscheidung der SPIO zur Beauftragung der Studie zur NS-Vergangenheit erfolgte vor dem Hintergrund des 100-jährigen Bestehens der SPIO und des aktuellen Erstarkens rechtsextremer Ansichten innerhalb der Gesellschaft. Der Präsident der SPIO, Peter Schauerte, betont: "Die SPIO hat aus einer tief empfundenen gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus entschieden, die NS-Vergangenheit des Führungspersonals der SPIO sowie der Preisträger*innen der Ehrenmedaille wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Uns war klar, dass wir mit Belastungen von Personen aus der Vergangenheit und eigenen Fehlern konfrontiert werden. Elementar war, mit der Studie eine wissenschaftlich fundierte Basis zu haben, um adäquate Konsequenzen ziehen zu können."
Der Autor der Studie, PD Dr. Bernhard Gotto vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ), sieht in der Studie einen wichtigen Beitrag aktueller Forschungen im Kontext der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Deutschland und ordnet die Ergebnisse ein: "Der Blick auf die NS-Vergangenheit ist Teil unseres Kompasses für die Gegenwart, darum haben in den letzten Jahren insbesondere so viele Behörden ihr früheres Personal untersuchen lassen. Die Ergebnisse dieser Studie führen uns vor Augen, wie lange auch außerhalb der Staatsbehörden uneingestandene und nicht problematisierte Teilhabe an der NS-Diktatur die westdeutsche Gesellschaft prägte. Vor diesem Hintergrund bietet das ehemalige Führungspersonal der SPIO ein nicht überraschendes Gesamtbild und spiegelt den jahrzehntelangen Unwillen der bundesdeutschen Mehrheitsgesellschaft wider, Konsequenzen aus der Mitverantwortung für und der Mitschuld an den Verbrechen der NS-Diktatur zu ziehen."
Korrektur historischer Fehlentscheidungen
Ein prominentes Beispiel für die Aberkennung der als "NS-belastet" sowie "NS-konform" eingestuften Preisträgerinnen und Preisträger der SPIO-Ehrenmedaille ist Leni Riefenstahl, die im Jahr 2002 ausgezeichnet wurde. Diese Verleihung wird von der SPIO rückblickend als "schwerer Fehler" bewertet. SPIO-Präsident Peter Schauerte betont: "Wir wollen mit der Aberkennung der Medaille ein klares Zeichen gegen den wieder erstarkenden Rechtsextremismus, aber auch gegen jede andere Form von Extremismus, Rassismus, Diskriminierung und Hetze setzen."
In einem Ausnahmefall wurde entschieden, die Ehrenmedaille nicht abzuerkennen: Bei Hilmar Hoffmann, ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main, konstatierten die Wissenschaftler des IfZ eine Besonderheit. Hoffmann habe sich nach 1945 zeitlebens "wirksam für eine kritische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit eingesetzt und Akzente für eine künstlerische Gegenposition zum nationalsozialistischen Filmerbe gesetzt." Das SPIO-Präsidium sah dies als Beleg dafür, dass Menschen sich ändern und kritisch-selbstreflektiert aus Verfehlungen lernen können und entschied sich daher für eine differenzierte Beurteilung.
Neuausrichtung der Auszeichnungskultur
Als weitere Konsequenz wird die SPIO-Ehrenmedaille in ihrer bisherigen Form nicht mehr vergeben. Stattdessen ruft die SPIO einen neuen Preis ins Leben, dessen Kriterienkatalog derzeit erarbeitet wird. Dieser Preis wird zukünftig nicht nur besondere Leistungen und Verdienste für die Filmwirtschaft würdigen, sondern explizit auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Nähere Informationen zur Ausgestaltung des Preises wird die SPIO in 2026 bekannt geben.
Die Vize-Präsidentin der SPIO, Julia Maier-Hauff, betont: "Film als Kultur- und Wirtschaftsgut braucht künstlerische, kreative und inhaltliche Freiheit, um gesellschaftlich relevant und wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Dies gelingt nur in einer freiheitlichen Demokratie. Davon sind wir überzeugt und dafür soll die neue Auszeichnung stehen."
Die vollständige Studie zum Download finden Sie hier zum Download (https://www.spio.de/wp-content/uploads/PM-19.11.2025.pdf).
Den folgenden 14 Personen, die in der Studie als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft wurden, wird die SPIO-Ehrenmedaille aberkannt: August Arnold, Alfred Bauer, Aurel G. Bischoff, Willi Burth, Karl Fritz, Joachim Graßmann, Alexander Grüter, Joachim Henkel, Joachim Raffert, Leni Riefenstahl, Heinz Rühmann, Erich Stoll, Olga Tschechowa, Ludwig Waldleitner.
Über die SPIO
Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) vertritt die Interessen der deutschen Filmwirtschaft in den Sparten Filmproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Audiovisuelle Medien. Als Dachverband von 14 Berufsverbänden repräsentiert sie mehr als 1.400 Mitgliedsfirmen. Ziel der SPIO ist es, den deutschen Film in seiner Vielfalt, Qualität und internationalen Wahrnehmung zu stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschafts- und Kulturgut zu sichern.
Pressekontakt:
Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.
Stefan Linz, Geschäftsführer
Murnaustr. 6
65189 Wiesbaden
E-Mail: spio@spio-fsk.de
Telefon: +49 611 7789172
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