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WASHINGTON (dpa-AFX) - Er hatte sich lange gewehrt, jetzt hat sich US-Präsident Donald Trump dem Druck des US-Parlaments gebeugt: Der Republikaner unterschrieb ein Gesetz zur Freigabe von Ermittlungsakten zum Fall des gestorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein. Das teilte der Republikaner auf der Plattform Truth Social mit - nachdem zuvor das Repräsentantenhaus und der Senat den Gesetzentwurf gebilligt hatten. Innerhalb von 30 Tagen soll nun das Justizministerium die Dokumente veröffentlichen. Ob das wirklich die Aufklärung bringt, die sich viele Amerikaner erhoffen, bezweifeln Kritiker allerdings.
Um was geht es im Epstein-Fall?
Der Finanzier Epstein aus New York war über viele Jahre Teil der High Society und in einflussreichen Kreisen vernetzt. Der Multimillionär betrieb einen Missbrauchsring. Viele junge Frauen, darunter Minderjährige, waren Opfer. Epstein verging sich auch selbst an ihnen.
Vor fast 20 Jahren landete der Fall vor Gericht, und Epstein bekannte sich zu bestimmten Vorwürfen schuldig. Jahre später wurde der Fall nochmals aufgerollt und der Multimillionär erneut festgenommen. Noch bevor ein mögliches weiteres Urteil gefällt werden konnte, starb der Finanzier 2019 mit 66 Jahren in seiner Gefängniszelle. Im Obduktionsbericht wurde Suizid als Todesursache genannt.
Epsteins plötzlicher Tod und seine vielfältigen Kontakte in die Welt der Reichen und Mächtigen lösten Spekulationen über die mögliche Verwicklung einflussreicher Kreise aus. Auch Trump verbrachte Zeit mit Epstein, wie Party-Videos belegen. Die Enthüllungen über den Missbrauchsskandal brachten auch den britischen Ex-Prinzen Andrew in Verruf, der Kontakt zu Epstein pflegte und jüngst seine Adelstitel abgeben musste.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Gesetz soll das Justizministerium nicht als geheim eingestufte Epstein-Akten spätestens 30 Tage nach Inkrafttreten veröffentlichen. Spätestens Mitte Dezember müsste das also passieren.
Im Fokus stehen Unterlagen des US-Justizministeriums, der Staatsanwaltschaft und der Bundespolizei FBI, die die Ermittlungen gegen Epstein dokumentieren und Informationen zu seiner Haft enthalten. Auch im Fokus:
* Akten zu Epsteins einstiger Vertrauten und Komplizin Ghislaine Maxwell. Sie wurde im Zuge des Skandals verurteilt und sitzt im Gefängnis
* Flugprotokolle des Privatjets Epsteins mit Passagierlisten
* Dokumente zu Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und staatlichen Stellen, die möglicherweise Verbindungen zu Epstein hatten
* Infos zu möglicher Aktenvernichtung
* Belege für die genauen Todesumstände Epsteins
Welche Hoffnungen sind mit der Freigabe verbunden?
Opfer und Politiker erhoffen sich durch die Veröffentlichung mehr Antworten und Erkenntnisse über den systematischen Missbrauch. Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene kündigte jüngst an: "Ich will jeden einzelnen Namen veröffentlicht sehen, so dass diese Frauen nicht mehr in Angst und Einschüchterung leben müssen." Neben mehr Transparenz dürfte es den Opfern vor allem darum gehen, endlich ernst genommen zu werden.
Wurden bereits zuvor Informationen veröffentlicht?
Ja, in der Affäre wurden bereits Dokumente und Informationen veröffentlicht. Ein Parlamentsausschuss hatte beispielsweise Anfang September eine mehr als 33.000 Seiten großen Dokumentensammlung veröffentlicht. Das Justizministerium hatte die Dateien zur Verfügung gestellt. Demokraten kritisierten allerdings, dass die meisten der Dokumente bereits bekannt waren.
Der Parlamentsausschuss prüft aktuell auch Epsteins Nachlass. Mehrfach veröffentlichten Kongressmitglieder zuletzt Dokumente daraus. Jüngst machten Demokraten etwa E-Mail-Auszüge daraus publik, in denen Trumps Name auftaucht. Das löste neue Spekulationen darüber aus, ob und wie viele der Republikaner von Epsteins Straftaten wusste.
Wird der Epstein-Skandal nun komplett aufgedeckt?
Kritiker bezweifeln das. Das Gesetz räumt dem Justizministerium ein, Ausnahmen bei der Veröffentlichung zu machen: So dürfen Informationen zurückgehalten oder geschwärzt werden, "wie beispielsweise personenbezogene Daten von Opfern und Materialien, die eine laufende Untersuchung des Bundes gefährden würden". Auch Inhalte, die die nationale Sicherheit gefährden und als geheim eingestuft werden, müssen damit nicht veröffentlicht werden. Explizit untersagt ist, dass keine Unterlagen zurückgehalten werden dürfen, um Regierungsmitarbeiter oder Personen des öffentlichen Lebens zu verschonen oder um ihren Ruf zu wahren. Alle Änderungen an den Dokumenten müssen zudem schriftlich begründet werden.
Das Justizministerium hatte erst vor ein paar Tagen neue Ermittlungen veranlasst. Trump hatte zuvor das Justizministerium darum gebeten, Epsteins Verbindungen und Beziehungen unter anderem zum früheren US-Präsidenten Bill Clinton, ein Demokrat, anderen Personen und Firmen zu untersuchen. Das könnte laut Kritikern dazu führen, dass durch diese Ermittlungen einige Akten nicht freigegeben werden müssen.
Könnte Trump die Veröffentlichung zu seinen Gunsten manipulieren?
In der Tat befürchten einige, dass das Justizministerium Verweise auf den Präsidenten entfernen könnte - nicht zuletzt, weil das Justizministerium mehrfach öffentlichem Druck von Trump nachgegeben hat und Forderungen gefolgt ist, was Zweifel an der Unabhängigkeit genährt hat. Der demokratische Senator Richard Blumenthal sagte dem Sender CNN: "Ich habe keinerlei Vertrauen, dass dieses Justizministerium bei der Offenlegung dieser Akten unparteiisch oder fair sein wird." Umso wichtiger sei, dass der Kongress die Veröffentlichung parteiübergreifend überwache. "Das Justizministerium ist zu einer Waffe in Trumps Arsenal geworden."
Was steht für Trump auf dem Spiel?
Wegen der breiten Kontakte Epsteins in die amerikanische High Society gibt es viele Spekulationen über eine mögliche Verwicklung einflussreicher Kreise in den Missbrauchsskandal.
Spekulationen über Trumps konkrete Verstrickungen in der Affäre waren in der Vergangenheit immer wieder hochgekocht. So hatten die Demokraten etwa Anfang September eine Kopie eines angeblichen Geburtstagsgrußes ins Netz gestellt, den Trump vor mehr 20 Jahren an Epstein geschickt haben soll. Der Republikaner bestritt, Urheber des Schreibens zu sein.
Die US-Regierung hatte alles versucht, um Trump von dem Epstein-Thema fernzuhalten. Auf Fragen von Journalisten reagierte der Präsident oftmals barsch - er unterstellte den Medien, dass mit Falschnachrichten seine Erfolge kleingeredet werden sollten. Als sich abzeichnete, dass es Zustimmung im Parlament geben würde, schwenkte Trump dann um. Er verhinderte dadurch, dass seine eigene Partei, die Republikaner, sich gegen sein Wort stellte, was eine Blamage für ihn gewesen wäre.
Warum kommt der Vorstoß gerade jetzt?
Vor seinem Wahlsieg im November 2024 hatte Trump versprochen, die Epstein-Akten vollständig offenzulegen. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat er dieses Versprechen aber nicht eingelöst, weswegen der Druck auf Trump zunahm - auch innerhalb seiner eigenen Partei. Neben vielen Demokraten und Opfern Epsteins forderten zuletzt auch einige Republikaner die Freigabe aller Akten und volle Transparenz. Hätten die Republikaner sich weiter gesperrt, hätten sie riskiert, bei den Kongresswahlen 2026 vom Wähler bestraft zu werden.
Kritiker monieren, dass die Veröffentlichung der Ermittlungsakten nun den Gesetzgebungsprozess durchlaufen musste. Trump hätte die Freigabe auch so anordnen können, bemängelten sie. Das hätte den Prozess erheblich beschleunigt und die Abstimmungen in beiden Kongresskammern - Repräsentantenhaus und Senat - überflüssig gemacht./rin/DP/mis