BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen mit einer entsprechenden Zusage aus Deutschland auch Anfang kommenden Jahres noch möglich sein wird. Das habe Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei einer von den Grünen beantragten Sondersitzung des Innenausschusses mitgeteilt, berichten mehrere Teilnehmer der nicht öffentlichen Sitzung im Anschluss übereinstimmend.
Einreisen nach Deutschland waren zuletzt von der pakistanischen Hauptstadt Islamabad aus mit Linienflügen erfolgt. In Islamabad sind die Menschen aus den Aufnahmeprogrammen, während sie auf ihre Sicherheitsüberprüfung und die Erteilung von Visa warten, in Gästehäusern untergebracht.
Pakistan hat der Bundesregierung eigentlich nur bis zum Jahresende Zeit für die Aufnahmeverfahren gegeben. Danach werde man die Menschen nach Afghanistan abschieben. Insgesamt hoffen noch knapp 1.900 Afghaninnen und Afghanen aus verschiedenen Aufnahmeprogrammen auf eine Aufnahme in Deutschland. Darunter sind auch ehemalige Ortskräfte mit ihren Angehörigen. Sie hatten vor der erneuten Machtübernahme durch die Taliban vor mehr als vier Jahren für deutsche Institutionen gearbeitet.
SPD-Politiker: Zusagen früherer Regierungen einhalten
Dobrindt habe gesagt, dass er sich künftig auch wieder den Einsatz von Charterflugzeugen für die Aufnahme vorstellen könne, sagt der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir. Er habe insgesamt den Eindruck gewonnen, "dass da Bewegung drin ist". Es sei wichtig, dass der Innenminister die von früheren deutschen Regierungen ausgesprochenen Aufnahmezusagen einhalte.
Die Sitzung sei "wenig ergiebig" gewesen, sagt Clara Bünger (Linke). Dass die Aufnahme so zögerlich laufe und Menschen, die über die sogenannte Menschenrechtsliste eine Zusage erhalten hatten, jetzt nur ersatzweise ein finanzielles Angebot gemacht worden sei, stelle am Ende "einen Wortbruch dar, der dem Ansehen Deutschlands schadet".
Gambir: Dobrindt trägt persönlich Verantwortung
Schahina Gambir (Grüne) sagte laut einer Mitteilung: "Wenn auch nur ein Mensch durch die Verantwortungslosigkeit des Ministers zu Schaden kommt, dann wird es nicht reichen, Fehler einzuräumen." Dann müssten Konsequenzen folgen.
Zum sechsten Mal seit dem Regierungswechsel waren vergangene Woche 52 Afghanen mit Aufnahmezusage nach Deutschland eingereist. Die neue Bundesregierung hatte zuletzt Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland fliegen lassen, die eine Zusage über das Bundesaufnahmeprogramm erhalten und erfolgreich auf Erteilung eines Visums geklagt hatten. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: "Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme soweit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen."/abc/DP/stw