Düsseldorf (ots) -
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat vor dem Landgericht (LG) Frankfurt ein weitreichendes Urteil zu der Frage erwirkt, ob für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel mit Streichpreisen geworben werden darf. Konkret ging es um Gestaltungen eines in den Niederlanden ansässigen Versenders, die Ersparnissen von teilweise über 60 Prozent grafisch hervorhob zum Apothekenverkaufspreis (AVP), also dem Preis, der ausnahmsweise dann angesetzt wird, wenn das Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben wird. Dabei wurde die Ersparnis grafisch mit einem Streichpreis und farblich versehen und prozentual sowie mit festem Eurobetrag hervorgehoben.
Nach Auffassung des Gerichts verstößt eine solche Werbung gegen die berufliche Sorgfalt einer Apotheke. Unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des EuGH, der deutlich strengere Maßstäbe bei der Werbung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, bei deren Auswahl der Verbraucher nicht durch einen Arzt unterstützt wird, ansetzt, hat das LG Frankfurt sich die Argumentation der Apothekerkammer Nordrhein angeschlossen, dass eine derartige Gestaltung, die allein den Preis hervorhebt, nur dazu dient, den Absatz von Arzneimitteln zu fördern, und somit einer unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leitet. Konkret hat das LG Frankfurt ausgeführt:
Insoweit hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die dargestellte konkrete hervorgehobene Preisersparniswerbung aus dem Grund gewählt wurde, um einen zusätzlichen Kaufanreiz zu schaffen, da man ja aufgrund des besonders niedrigen Preises ganz besonders sparen kann. Nach Auffassung der Kammer ist eine andere Sichtweise eher lebensfern. Es geht allein um die Gefahr und naheliegende Möglichkeit, dass der Verbraucher aufgrund der blickfangmäßig hervorgehobenen Werbung zur Preisersparnis dazu verleitet wird, eine größere Menge an Medikamenten einzukaufen, als er eigentlich benötigt (auch bei Berücksichtigung einer Vorratshaltung in der Hausapotheke), weil die Medikamente ja so günstig sind und man deshalb "zuschlagen" muss. Insoweit wird der Verbraucher durch die Preisersparniswerbung von einer sachlichen Prüfung der Frage ablenkt, ob die Einnahme eines Arzneimittels erforderlich ist. Dadurch wiederum wird der unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung dieses Arzneimittels Vorschub geleistet. Das Argument der Preisersparnis überlagert quasi die Frage, wie viele Arzneimittel man eigentlich bei rationaler Sichtweise tatsächlich benötigt. Insoweit geht von der farblichen Hervorhebung des Preises des jeweiligen Produktes und der kommunizierten massiven Preisersparnis entgegen der Ansicht der Beklagten nach Auffassung der Kammer durchaus eine Anlockwirkung aus, die den Verbraucher von einer informierten Entscheidung ablenkt.
Die Apothekerkammer Nordrhein begrüßt das Urteil, da es eine weitere Stärkung der Position der Apotheken ist. "Produkte, die ausschließlichen Apotheken angeboten werden dürfen, leben von der Beratung und nicht vom Preis. Die Beratung, die unsere Mitglieder jeden Tag leisten, muss sich auch lohnen. Das Urteil sehen wir als Bestätigung der Arbeit unserer Kammerangehörigen und der Apotheken vor Ort", so Dr. Armin Hoffmann, Präsident der AKNR und der Bundesapothekerkammer.
"Bei Arzneimitteln handelt es sich um Produkte mit einem besonderen Charakter, bei denen Werbung, wie sie für normale Güter des täglichen Lebens üblich sein mag, nicht zulässig ist. Das Urteil ist ein klares Zeichen gegen die Bagatellisierung von Arzneimitteln, gegen die die AKNR seit Jahren angeht", so die Justiziarin und Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking.
Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der die AKNR in diesem Verfahren vertreten hat, ergänzt: "Das europäische Recht hat in der jüngeren Vergangenheit deutlich strengere Vorgaben im Bereich der OTC-Arzneimittel gemacht als in Deutschland üblich. Die deutsche Werbepraxis, insbesondere auch mit Preisreduzierungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, wird daher anzupassen sein - da das europäische Recht eine Vollharmonisierung der Arzneimittelwerbung anstrebt, gibt es hier auch keinen Spielraum für großzügiger Regelungen, mögen die europäischen Vorgaben auch über viele Jahre missachtet worden sind."
AZ: 3-10 O 115/24, 05.12.2025, nicht rechtskräftig
LG Frankfurt, 10. Kammer für Handelssachen
Über uns: Apothekerkammer Nordrhein
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin der berufsständischen Selbstverwaltung der Apothekerinnen und Apotheker, die in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf arbeiten oder leben. Sie vertritt die Interessen der über 12.100 Kammerangehörigen, die in öffentlichen Apotheken, Krankenhäusern, Wissenschaft, Industrie und Verwaltung oder bei der Bundeswehr tätig sind. Die Apotheke vor Ort übernimmt eine hoheitliche Aufgabe: die sichere, vom Heilberuf getragene, wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arznei- und Hilfsmitteln, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr.
Pressekontakt:
Jens A. Krömer
Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Apothekerkammer Nordrhein
Poststr. 4
40213 Düsseldorf
Tel. 0211 8388119
Original-Content von: Apothekerkammer Nordrhein, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/15266/6176214
Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat vor dem Landgericht (LG) Frankfurt ein weitreichendes Urteil zu der Frage erwirkt, ob für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel mit Streichpreisen geworben werden darf. Konkret ging es um Gestaltungen eines in den Niederlanden ansässigen Versenders, die Ersparnissen von teilweise über 60 Prozent grafisch hervorhob zum Apothekenverkaufspreis (AVP), also dem Preis, der ausnahmsweise dann angesetzt wird, wenn das Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben wird. Dabei wurde die Ersparnis grafisch mit einem Streichpreis und farblich versehen und prozentual sowie mit festem Eurobetrag hervorgehoben.
Nach Auffassung des Gerichts verstößt eine solche Werbung gegen die berufliche Sorgfalt einer Apotheke. Unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des EuGH, der deutlich strengere Maßstäbe bei der Werbung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, bei deren Auswahl der Verbraucher nicht durch einen Arzt unterstützt wird, ansetzt, hat das LG Frankfurt sich die Argumentation der Apothekerkammer Nordrhein angeschlossen, dass eine derartige Gestaltung, die allein den Preis hervorhebt, nur dazu dient, den Absatz von Arzneimitteln zu fördern, und somit einer unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leitet. Konkret hat das LG Frankfurt ausgeführt:
Insoweit hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die dargestellte konkrete hervorgehobene Preisersparniswerbung aus dem Grund gewählt wurde, um einen zusätzlichen Kaufanreiz zu schaffen, da man ja aufgrund des besonders niedrigen Preises ganz besonders sparen kann. Nach Auffassung der Kammer ist eine andere Sichtweise eher lebensfern. Es geht allein um die Gefahr und naheliegende Möglichkeit, dass der Verbraucher aufgrund der blickfangmäßig hervorgehobenen Werbung zur Preisersparnis dazu verleitet wird, eine größere Menge an Medikamenten einzukaufen, als er eigentlich benötigt (auch bei Berücksichtigung einer Vorratshaltung in der Hausapotheke), weil die Medikamente ja so günstig sind und man deshalb "zuschlagen" muss. Insoweit wird der Verbraucher durch die Preisersparniswerbung von einer sachlichen Prüfung der Frage ablenkt, ob die Einnahme eines Arzneimittels erforderlich ist. Dadurch wiederum wird der unzweckmäßigen und übermäßigen Verwendung dieses Arzneimittels Vorschub geleistet. Das Argument der Preisersparnis überlagert quasi die Frage, wie viele Arzneimittel man eigentlich bei rationaler Sichtweise tatsächlich benötigt. Insoweit geht von der farblichen Hervorhebung des Preises des jeweiligen Produktes und der kommunizierten massiven Preisersparnis entgegen der Ansicht der Beklagten nach Auffassung der Kammer durchaus eine Anlockwirkung aus, die den Verbraucher von einer informierten Entscheidung ablenkt.
Die Apothekerkammer Nordrhein begrüßt das Urteil, da es eine weitere Stärkung der Position der Apotheken ist. "Produkte, die ausschließlichen Apotheken angeboten werden dürfen, leben von der Beratung und nicht vom Preis. Die Beratung, die unsere Mitglieder jeden Tag leisten, muss sich auch lohnen. Das Urteil sehen wir als Bestätigung der Arbeit unserer Kammerangehörigen und der Apotheken vor Ort", so Dr. Armin Hoffmann, Präsident der AKNR und der Bundesapothekerkammer.
"Bei Arzneimitteln handelt es sich um Produkte mit einem besonderen Charakter, bei denen Werbung, wie sie für normale Güter des täglichen Lebens üblich sein mag, nicht zulässig ist. Das Urteil ist ein klares Zeichen gegen die Bagatellisierung von Arzneimitteln, gegen die die AKNR seit Jahren angeht", so die Justiziarin und Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking.
Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der die AKNR in diesem Verfahren vertreten hat, ergänzt: "Das europäische Recht hat in der jüngeren Vergangenheit deutlich strengere Vorgaben im Bereich der OTC-Arzneimittel gemacht als in Deutschland üblich. Die deutsche Werbepraxis, insbesondere auch mit Preisreduzierungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, wird daher anzupassen sein - da das europäische Recht eine Vollharmonisierung der Arzneimittelwerbung anstrebt, gibt es hier auch keinen Spielraum für großzügiger Regelungen, mögen die europäischen Vorgaben auch über viele Jahre missachtet worden sind."
AZ: 3-10 O 115/24, 05.12.2025, nicht rechtskräftig
LG Frankfurt, 10. Kammer für Handelssachen
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Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin der berufsständischen Selbstverwaltung der Apothekerinnen und Apotheker, die in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf arbeiten oder leben. Sie vertritt die Interessen der über 12.100 Kammerangehörigen, die in öffentlichen Apotheken, Krankenhäusern, Wissenschaft, Industrie und Verwaltung oder bei der Bundeswehr tätig sind. Die Apotheke vor Ort übernimmt eine hoheitliche Aufgabe: die sichere, vom Heilberuf getragene, wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arznei- und Hilfsmitteln, 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr.
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