BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder kommen an diesem Donnerstag (10.00 Uhr) zu einem mit Spannung erwarteten Gipfeltreffen in Brüssel zusammen. Bei der letzten regulären Zusammenkunft des Jahres soll geklärt werden, wie die finanzielle Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gesichert werden kann. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reist als Gast zu dem Treffen an.
Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt für den Vorschlag, in der EU festgesetztes Vermögen der russischen Zentralbank zu nutzen. Mit Belgien ist bislang aber ein entscheidender Akteur dagegen. Es wird deswegen nicht ausgeschlossen, dass sich die Verhandlungen bis in den Freitag oder sogar noch länger hinziehen.
Am Rande des Gipfeltreffens soll zudem vereinbart werden, das seit 1999 verhandelte Freihandelsabkommen mit den vier lateinamerikanischen Mercosur-Staaten zu unterzeichnen. Auch dabei ist allerdings noch nicht klar, ob die erforderliche Mehrheit zustande kommt. Wenn Frankreich wie erwartet nicht zustimmt, wird es vermutlich auf Italien ankommen. Länder wie Polen und Österreich haben bereits angekündigt, gegen eine Unterzeichnung des Abkommens zu stimmen.
Bei dem Thema russisches Vermögen gibt es vor allem deswegen Probleme, weil die belgische Regierung erhebliche rechtliche und finanzielle Bedenken sieht. Sie fürchtet dabei auch um die Existenz des belgischen Finanzinstituts Euroclear. Der sogenannte Zentralverwahrer verwaltete zuletzt etwa 185 Milliarden Euro der russischen Zentralbank und damit einen Großteil der insgesamt festgesetzten 210 Milliarden Euro in der EU.
Für die Ukraine ist finanzielle Unterstützung existenziell
Ein Scheitern der Verhandlungen könnte die Ukraine in eine brenzlige Situation bringen, da sie ab dem zweiten Quartal des nächsten Jahres auf frisches Geld angewiesen ist. Die erforderlichen Mittel über die EU anders zu organisieren, gilt derzeit als nicht möglich. Dafür bräuchte es eine einstimmige Entscheidung der 27 EU-Staaten - und Länder wie Ungarn und Tschechien haben bereits ein Veto angekündigt.
Die Nutzung des russischen Zentralbankvermögens ließe sich mit sogenannter qualifizierter Mehrheit beschließen. Im Rat der Mitgliedstaaten bräuchte es damit die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen./aha/DP/stw