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Die Hensoldt-Aktie gerät trotz Milliardenaufträgen massiv unter Druck. Während das Unternehmen mit Rekordmeldungen wirbt, zeichnet sich charttechnisch ein äußerst dunkles Bild ab.
Der gleitende 50-Tage-Durchschnitt hat den 200-Tage-Durchschnitt von oben geschnitten - das gefürchtete Todeskreuz ist entstanden. Anleger sollten sich warm anziehen, denn was jetzt folgen könnte, hat es in sich. Zwar ist eine kurzfristige Erholung in Richtung 80 Euro nicht ausgeschlossen, doch danach dürfte es deutlich tiefer gehen. Experten sehen die Aktie mittelfristig auf dem Weg zu 50 Euro und darunter. Die jüngsten Friedensgespräche zur Ukraine-Krise haben den Rüstungssektor kalt erwischt. Was oberflächlich nach einer soliden Geschäftsentwicklung aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als tickende Zeitbombe für Aktionäre.
Politische Winde drehen - Rüstungsboom verliert an Kraft
Die Hensoldt-Aktie hat seit ihrem Höchststand Anfang Oktober bei 117,70 Euro deutlich an Wert verloren. Aktuell pendelt der Kurs um die 73,80 Euro, doch die Zeichen zeigen, dass es ungemütlich werden könnte. Die diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine haben dem gesamten Verteidigungssektor einen Dämpfer verpasst. Jeden Tag neue Schlagzeilen aus Berlin, jede Verhandlungsrunde lässt die Kurse weiter bröckeln. Der Markt preist bereits ein, dass die goldenen Jahre des Rüstungsbooms ihr Ende finden könnten. Dabei spielt es kaum noch eine Rolle, dass Hensoldt gerade einen historischen Milliardendeal verkündet hat. Über 100.000 Nachtsichtbrillen für die Bundeswehr und belgische Streitkräfte, ein Auftragsvolumen von rund einer Milliarde Euro. Klingt beeindruckend, aber die Börse zuckt mit den Schultern. Auch der Rahmenvertrag mit Rheinmetall für die Lieferung von SPEXER-Radaren verpuffte praktisch wirkungslos. Die Anleger haben verstanden: Wenn Frieden ausbricht, schrumpft die Nachfrage. So einfach ist das. Der Deutsche Bundestag hat zwar ein Verteidigungspaket über 52 Milliarden Euro freigegeben, was am Donnerstag für einen kleinen Kurssprung sorgte. Doch diese Mini-Erholung täuscht über die Realität hinweg. Die strukturellen Probleme bleiben bestehen. Europas Wiederbewaffnung mag auf dem Papier beschlossene Sache sein, doch die politische Stimmung kippt. Die Wahrscheinlichkeit eines Waffenstillstands steigt täglich. Und damit schwindet auch die Fantasie für weitere Großaufträge.

Charttechnik
Die technische Analyse liefert das wohl schlechteste Bild seit Monaten. Der gleitende 50-Tage-Durchschnitt hat den 200-Tage-Durchschnitt von oben nach unten durchschnitten. Dies signalisiert, dass der kurzfristige Trend den langfristigen nach unten durchbricht. Was folgt, sind in der Regel weitere deutliche Kursverluste. Der Abstand zum gleitenden 200-Tage-Durchschnitt beträgt aktuell mehr als 15 Prozent. Dieser Bereich markiert die Zone, ab der überhaupt erst wieder von einem intakten Aufwärtstrend gesprochen werden könnte. Doch davon ist Hensoldt derzeit weit entfernt. Die Aktie hat die meisten wichtigen Unterstützungslinien gerissen und bewegt sich nun nahezu im freien Fall. Zwar ist eine technische Gegenbewegung bis etwa 80 Euro durchaus im Bereich des Möglichen, doch diese wäre nur eine Atempause im Abwärtstrend. Nach dieser kurzfristigen Erholung dürfte es dann aber richtig zur Sache gehen. Die nächsten charttechnischen Zielmarken liegen bei 50 Euro und knapp darunter. Das 52-Wochen-Tief von 32,80 Euro - vor knapp 1 Jahr begann damals der steile Anstieg - ist zwar noch ein Stück entfernt, doch der Weg dorthin scheint geebnet. Jede positive Nachricht wird vom Markt inzwischen ignoriert, während jede Friedenshoffnung die Kurse weiter drückt. Das ist ein toxisches Umfeld für eine Aktie, die ohnehin schon angeschlagen ist.
Was tun?
Die fundamentalen Daten von Hensoldt lesen sich eigentlich solide. Eigentlich! Der Auftragsbestand liegt bei über 7 Milliarden Euro, für 2025 peilt das Management einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro an. Die bereinigte EBITDA-Marge soll mindestens 18 Prozent erreichen. Doch all das interessiert die Börse derzeit herzlich wenig. Die Bewertung ist mit einem durchschnittlichen Kursziel der Analysten von 95 bis 96 Euro zwar theoretisch attraktiv. Theoretisch! Doch dieses Ziel erscheint in weiter Ferne. Die jüngsten Quartalszahlen zeigten zwar Fortschritte, doch der Markt honoriert das nicht mehr. Im dritten Quartal lag der Gewinn je Aktie bei 0,10 Euro, der Umsatz stieg auf 592 Millionen Euro. Solide, aber nicht spektakulär. Und vor allem: Es reicht nicht, um die Stimmung zu drehen. Die nächsten vorläufigen Jahreszahlen kommen am 26. Februar 2026. Bis dahin könnte die Aktie wohl weiter unter Druck bleiben. Die Kombination aus bedrohlicher Charttechnik, sich drehender politischer Großwetterlage und einer Börse, die operative Erfolge konsequent ignoriert, macht Hensoldt eher zu einem Verkaufsfall. Das Todeskreuz ist da, die Friedensgespräche laufen auf Hochtouren und die technische Erholung dürfte nur eine Falle sein. Der Weg nach unten scheint vorgezeichnet. Wer jetzt noch auf eine nachhaltige Trendwende hofft, könnte böse enttäuscht werden.
Autor: Felix Goldbach, FinanzNachrichten-Redaktion
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