Vaduz - Gewisse Stimmungsschwankungen kennt jeder von uns. Sie gehören zum menschlichen Leben. Erst wenn sie in unpassend starkem Ausmass auftreten und pathologisch werden, sind sie von medizinischer Bedeutung und bedürfen einer Therapie. In der extremen Form einer bipolaren affektiven Störung wechseln sich Phasen tiefer Depressionen mit Phasen von unangemessener Euphorie ab. Gleiches gilt für den «Gemütszustand» der Wirtschaft im Allgemeinen und die Psychologie der Finanzmärkte im Besonderen. Was können Investoren daraus lernen? Dies fragt sich Alex Durrer, Chief Economist, des Liechtenstein Global Trust im Investorama Ausgabe 2/2018.
Konjunkturschwankungen einer gewissen Grössenordnung gehören zur Natur einer Marktwirtschaft. Sie kommen durch unterschiedlich verursachte Ungleichgewichte zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und aggregiertem Angebot zustande, was zu Zyklen im Auslastungsgrad des Produktionspotentials führt. Noch spürbar ausgeprägter sind - selbst in ganz normalen Zeiten - die Kursschwankungen oder Launen der Börsen, im Fachjargon Volatilität» genannt. In aller Regel schwankt das Marktbefinden um einiges stärker als der ökonomische Befund, weil ersteres von flatterhaften Erwartungen bestimmt wird, während letzterer nie exakt bzw. erst verzögert bekannt ist und zudem externe, nicht-ökonomische Faktoren im Spiel sind. Soweit der «courant normal», für den stabilitätspolitische Aktion weder erforderlich noch praktikabel ist. Anders vor gut zehn Jahren, als in der schlimmsten Finanzkrise der Nachkriegszeit ein Pfeiler der Wirtschaft nach dem andern ziehen zur Rettung des Finanzsystems und zur Wiederbelebung der Realwirtschaft. Um das gefürchtete Schreckensszenario einer deflationären Depression abzuwenden, wurde prophylaktisch eine hohe Dosis monetärer Antidepressiva verordnet. Und da bald alle konventionelle Medizin ausgeschöpft war,
kamen immer mehr auch unorthodoxe, völlig unerprobte Mittel zum Einsatz. Das Resultat war eine kollektive Wesensveränderung der Finanzmarktakteure mit fast vollständig ausser Kraft gesetzten Marktmechanismen und Kursschwankungen.
Künstliches Gleichgewicht weit entfernt vom natürlichen
Auf die ...