Moneycab: Frau Jänicke, beim Stichwort "nachhaltiges Gesundheitswesen" denken Viele vor allem an die seit Jahren überdurchschnittlich steigenden Kosten für unser Gesundheitswesen und die nachhaltig guten Gewinnzahlen der Pharmaindustrie. Woran denken Sie bei diesen Stichworten?
Monika Jänicke: Die medizinische Forschung hat in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte erzielt. Doch in manchen Bereichen, etwa in der Gentherapie, stehen uns noch zahlreiche Durchbrüche bevor, die die Behandlung vieler Krankheiten revolutionieren könnten. Gleichzeitig verändert auch der technologische Fortschritt unser Gesundheitswesen, etwa indem digital unterstützte Nachsorgeprogramme zum Standard werden. Das sind sehr gute Nachrichten für die Patienten. Damit sich unser Gesundheitssystem langfristig auch leisten kann, was wissenschaftlich möglich ist, müssen wir neue Finanzierungsmodelle finden. Wie soll beispielsweise der Preis für eine Kombinationstherapie definiert werden? Wäre es möglich, dass die Therapie nur bezahlt werden muss, wenn sie auch wirkt? Was darf z.B. ein digitaler Chip kosten, der mit der Tablette zusammen geliefert wird? Sie sehen, da sind noch viele Fragen offen. Um Lösungen zu finden, müssen alle Stakeholder im Gesundheitssystem an einem Strang ziehen. Nur so kann es uns gelingen, ein "nachhaltiges Gesundheitswesen" zu schaffen.
Novartis will die Finanzsituation verbessern und sich bei den patentgeschützten Medikamenten dem Branchendurchschnitt von 35% bei der operativen Marge annähern. Wie geht das, ohne mittelfristig viele Patienten von den teuren Medikamenten auszuschliessen und die Gesundheitskosten weiter nach oben zu treiben?
Wir suchen laufend nach neuen Wegen, unsere Effizienz weiter zu steigern und gleichzeitig den Patienten den Zugang zu den optimalen Behandlungsoptionen zu ermöglichen.
Gibt es bei Novartis ethische Richtlinien, wenn es darum geht, mit einem innovativen, teuren Medikament einen Menschen zu retten im Wissen, dass er sich das Medikament nicht leisten kann?
Bei Novartis setzen wir uns für massgeschneiderte und skalierbare Zugangslösungen ein. Wir haben eine Reihe von Konzepten und Programmen, um unsere Medikamente für die Patienten verfügbar und erschwinglich zu machen. Über unsere Division Sandoz bieten wir zudem eine umfangreiche Palette an Generika und Biosimilars an.
Die Digitalisierung bietet die Chance, über vielfältige Datenpunkte die Entwicklung und Wirkung von Medikamenten schneller und gezielter voranzubringen. Welche konkreten Digitalisierungsprojekte stehen aktuell im Fokus bei Novartis?
Digitale Technologien und Data Science bergen das enorme Potenzial, ein neues Kapitel in der Geschichte medizinischer Innovationen aufzuschlagen. Führend wird sein, wer das Potenzial der Daten und der aufstrebenden digitalen Technologien in vollem Umfang nutzt. Bei Novartis erforschen wir beispielsweise, wie sich maschinelles Lernen nutzen lässt, um bestimmte Laborexperimente durch Computersimulationen zu ersetzen. Beim maschinellen Lernen werden Computer mit enormen Datenmengen gespeist - dem, was wir wissen - damit sie das vorhersagen können, was wir nicht wissen. Ein weiteres Thema unserer Forschung ist, wie sich Geräte und Apps nutzen lassen, um die Qualität der in klinischen Studien erhobenen Daten zu verbessern und eine Datenerhebung ausserhalb klinischer Studienstandorte zu ermöglichen. Unsere Forscher führen diese Arbeit gemeinsam mit Kollegen in der Entwicklung und mit externen Partnern durch. In der Schweiz haben wir mit «Care4Cardio» noch ein ganz anderes digitales Thema im Fokus: Bei diesem innovativen Projekt geht es um eine optimale Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten, die dank moderner Technologien besser versorgt werden und dadurch ...
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