Gemäss Duden ist die Gretchenfrage eine unangenehme, oft peinliche und zugleich für eine bestimmte Entscheidung wesentliche Frage, die in einer schwierigen Situation gestellt wird. "Erfunden" hat die Gretchenfrage Johann Wolfgang von Goethe. In seinem "Faust" stellt die Figur Margarete dem Heinrich Faust die Frage: "Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub du hältst nicht viel davon." Da sich Faust um die Antwort ziert und nur lauter Gegenfragen stellt, gibt Gretchen schliesslich auf.
Gretafrage titelte die NZZ am Sonntag und bediente sich damit obigen Wortspiels in aktuellem Zusammenhang. Die 16-jährige Greta Thunberg war eigens ans WEF in Davos gereist, um den Mächtigen der Welt ins Gewissen zu reden. Sie tat dies mit einfachen, aber alles sagenden Worten. "Das Haus brennt" lautete ihr Appell und die Lösung sei einfach zu verstehen. Man müsse den Ausstoss von Treibhausgasen stoppen. Gretas Gretchenfrage könnte also lauten: "Was tut ihr Mächtigen und Reichen der Welt, um den Brand zu löschen"? Die Antwort(en) der Mächtigen und Reichen unter Applaus für Greta: "Alles, was in unsere Macht liegt". Klingt ein bisschen nach Faust. Im Grunde wissen wir alle, dass Greta Recht hat mit ihrer Diagnose.
Und wahrscheinlich wissen auch viele von uns, was zu tun wäre, um das zu ändern. Und doch bleibt alles beim Alten. Wir reichen Schweizer etwa haben wo immer möglich Solarpanels auf den Dächern und heizen mit Erdwärme, in der Garage steht aber ein SUV mit 300 PS aufwärts. Mit ein Grund dafür, weshalb wir unsere Klimaziele 2020 nie und nimmer erreichen werden. Die Klimakonferenz in Kattowitz hat es erneut bestätigt. Das Gefangenendilemma hat uns Menschen so fest im Griff, dass wir lieber den worst case riskieren, anstatt aktiv zu werden. Was läuft da eigentlich schief?
Menschen sind Egos
Dazu gibt uns die Lehre einen Hinweis. Die Spieltheorie ist ein Zweig der mathematischen Theorie, der versucht, Entscheidungssituationen in denen mehrere Beteiligte involviert sind, zu modellieren. Das Gefangenendilemma betrachtet eine Situation, in der zwei Verdächtigte isoliert voneinander im Gefängnis sitzen und vor der Wahl stehen, bei den Verhören dicht zu halten oder den anderen zu verpfeifen. Der verhörende Sheriff hat keine Tathinweise, nur einen Verdacht. Die Gefängnisinsassen verhalten sich schliesslich sogenannt "individuell rational" und verpfeifen sich gegenseitig. Individuell - im Sinne für jeden Einzelnen ...