Moneycab: Herr Grüter, Sie haben zusammen mit einem breit abgestützten Komitee die Initiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)» lanciert. Sie fordern ein Moratorium von mindestens fünf Jahren, das erst aufgehoben werden soll, wenn eine absolut sichere Lösung entwickelt worden sei. Absolut sicher ist aber wohl nie ein Verfahren, auch das heutige mit der brieflichen Abstimmung nicht. Wollen Sie einfach das E-Voting für immer verunmöglichen?
Franz Grüter: E-Voting ist heute unsicher. Das bestätigen die Experten und Leute aus der Praxis. Und das zeigen auch die jüngsten konkreten Vorfälle in der Schweiz und im Ausland. Das Problem bei E-Voting ist, dass wir durch die zentrale Architektur ein sehr grosses und skalierbares Sicherheitsrisiko haben. Es können grossflächig und unbemerkt Manipulationen vorgenommen werden. Zudem legen wir das Wissen über die Korrektheit der Auszählungen von Wahlen und Abstimmungen in die Hände von ein paar wenigen IT Experten, die diese eine verbleibende Plattform betreuen. Für eine funktionierende Demokratie müssen Wahlen und Abstimmungen sicher ablaufen. Nur so ist unsere Demokratie glaubhaft und funktionsfähig. Dazu müssen wir Sorge tragen.
In den USA ist eine heftige Debatte darüber ausgebrochen, inwieweit andere Staaten, vor allem Russland, die Präsidentschaftswahlen beeinflusst haben könnten. Ist die Gefahr über die Beeinflussung der Sozialen Medien, der traditionellen Medien und der direkten Beeinflussung von Politikern nicht viel grösser, als die Manipulation von Wahlergebnissen über das E-Voting?
Heute ist alles möglich. Bei vielen Sachgeschäften geht es heute bereits um Milliardeninvestitionen, denken Sie nur etwa an den Bau eines Gotthardtunnels. Oder die Auswirkungen, welche Regierung ein Land führt. Manche Abstimmungen entscheiden sich in der Schweiz mit einigen tausend Stimmen. Eine elektronisch sehr einfach zu manipulierende Grösse also. Die Erfahrungen zeigen, dass jedes vorhandene Mittel recht ist, um die eigenen Interessen zu verfolgen. Und es werden auch verschiedene Mittel parallel eingesetzt. Die Devise lautet, je günstiger und effektiver, umso besser. Zudem ist es gerade ein essentieller Unterschied, ob man das Meinungsklima beeinflussen will oder eben direkt die Abstimmungen und Wahlen manipulieren kann. Das ist der springende Punkt. Grossmächte setzen ihre Macht heute auch im Cyberraum ein, und betiteln in ihren Nachrichtendienstzielen E-Voting Systeme als interessante Angriffsziele.
Das praktisch identische Anliegen als parlamentarische Initiative unterlag in der Herbstsession im Nationalrat mit 98 zu 80 Stimmen bei 16 Enthaltungen. Weshalb glauben Sie, dass im Volk die Stimmung anders sein wird?
Die Politiker und Beamten, die E-Voting befürworten meinen, sie seien damit modern und fortschrittlich. Der blinde Fortschrittsglaube ist in solchen Kreisen viel grösser als in der Bevölkerung. Die Bevölkerung denkt ganzheitlicher und ist meistens viel sensibler, wenn es um die Abwägung von politischen Risiken und Nebenwirkungen geht. Ich bin als IT-Unternehmer überhaupt kein Technologie- oder Innovationsverhinderer. Aber in diesem speziellen Gebiet sollte die Sicherheit und das Vertrauen in Wahlen und Abstimmungen oberste Priorität haben.
Als Mitgründer und VR-Präsident von green.ch bauen Sie gerade aktuell ein neues Hochsicherheits-Rechenzentrum in dem sich offenbar Google einmieten wird. Wenn für hochsensible und vertrauliche Daten und Abläufe von Grossfirmen die Sicherheit gewährleistet werden kann, wieso soll das für ein Abstimmungsverfahren nicht möglich sein?
Wahlen und Abstimmungen ...
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