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Tilmann Galler (J.P. Morgan): Europa am Scheideweg

Zu Beginn des Jahres 2018 schien, dank gelockerter Finanzbedingungen und einer sinkenden Arbeitslosigkeit die europäische Erholung endlich auf festen Füßen zu stehen.

Februar 2019

Seitdem haben sich die Wirtschaftsdaten für die Region jedoch merklich verschlechtert. In Anbetracht dieser anhaltenden Schwäche sind die Anleger der scheinbar endlosen Ausreden für enttäuschende Daten inzwischen müde geworden, so dass sich die Stimmung gegenüber europäischen Anlagewerten eingetrübt hat. Da nur wenige Katalysatoren für eine Trendwende auszumachen sind, könnte eine Erholung der Nachfrage aus den Schwellenländern erforderlich sein, um die Aussichten für die Region zu beleben.

Was ist bei der europäischen Erholung schiefgegangen?

Eine nähere Betrachtung des Abschwungs zeigt, dass sich ein Großteil der Schwäche offenbar auf die Nettoexporte zurückführen lässt. Diese steuerten im vierten Quartal 2017 noch 1,4 Prozentpunkte zur jährlichen Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei, während ihr Wachstumsbeitrag im dritten Quartal 2018 negativ ausfiel. Beide Seiten der Gleichung, d. h. sowohl die Importe als auch die Exporte, haben zu dieser Verschlechterung beigetragen, da der steigende Ölpreis in den ersten drei Quartalen des Jahres 2018 eine deutliche Zunahme der Importe zur Folge hatte, während gleichzeitig das Exportwachstum ins Stocken geriet.

Angesichts der Tatsache, dass in der Eurozone etwa die Hälfte des BIP auf Exporte entfällt, war immer damit zu rechnen, dass eine Abkühlung des globalen Wachstums die Entwicklung der Region erheblich belasten würde. Insbesondere die Nachfrage aus Schwellenländern hat nachgelassen. So waren im November etwa die Exporte an die Türkei gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel gesunken. Grund hierfür war vor allem die Vertrauenskrise, die eine Abkühlung des Wachstums und eine Abwertung der Währung nach sich gezogen hatte. Gleichzeitig gab das Wachstum der Exporte nach Asien aufgrund des Abschwungs der chinesischen Wirtschaft nach.

Aber die Schuld liegt nicht allein bei externen Faktoren: Auch inländische Aspekte haben bei der Entwicklung eine Rolle gespielt.

So hatte etwa in Italien der Haushaltsstreit der neuen Koalitionsregierung mit der Europäischen Kommission zur Folge, dass die Kreditkosten auf mehrjährige Höchststände kletterten, während sich die Kreditbedingungen verschärften. Die längere Phase politischer Unsicherheit hat ihre Spuren in der italienischen Wirtschaft hinterlassen und inzwischen ist das Land aus technischer Sicht in eine Rezession abgerutscht.

In Frankreich haben die Proteste der "Gelbwesten" (eine auf soziale Ungleichheit fokussierte Bewegung) zu erheblichen Störungen geführt, so dass sich der kombinierte Einkaufsmanagerindex des Landes Ende 2018 im Kontraktionsbereich bewegte. Die Dynamik der Proteste scheint inzwischen abzuklingen, und die Wachstumsdaten für das vierte Quartal 2018 konnten sich überraschend gut behaupten. Dennoch stellt Populismus europaweit nach wie vor ein Risiko dar: im Zuge der für Mai angesetzten Wahlen für das Europäische Parlament dürften sich euroskeptische Parteien einmal mehr erheblicher Unterstützung erfreuen.

In Deutschland hat sich die Automobilbranche schwergetan, die neuen Vorschriften für Emissionsprüfungen in den Griff zu bekommen. Dies hat die Industrieproduktion belastet und das Wachstum erheblich gedämpft. Nach einem schwierigen vierten Quartal 2018 scheint sich die deutsche Automobilproduktion inzwischen wieder zu beleben (Abbildung 1), was dem Wachstum kurzfristig Auftrieb verleihen könnte.

ABBILDUNG 1: KFZ-NEUZULASSUNGEN IN DEUTSCHLAND

Veränderung zum Vorjahr, gleitender 3-Monats-Durchschnitt, in %

Quelle: KBA, Refinitiv Datastream, J.P. Morgan Asset Management. Die historische Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Daten zum 31. Januar 2019.

Wo könnten sich Katalysatoren für eine Trendwende finden?

Der europäische Konsumsektor erfreut sich aus fundamentaler Sicht weiterhin einer soliden Unterstützung, da die Arbeitslosenquote weiter sinkt, während die Löhne anziehen. Darüber hinaus ist der Ölpreis seit Oktober vergangenen Jahres deutlich gesunken, was letztlich einer erheblichen Steuersenkung für europäische Haushalte gleichkommt. In der Vergangenheit war stets eine enge inverse Beziehung zwischen dem Ölpreis und dem Konsum innerhalb der Region zu beobachten. Dies lässt vermuten, dass die jüngste Entwicklung der Ölpreise dazu beitragen könnte, die Konsumausgaben zu beleben (siehe Abbildung 2). Der Einbruch der Ölpreise wird außerdem europäischen Unternehmen unter die Arme greifen, da hierdurch der Kostendruck abnimmt.

Die Geldpolitik dürfte 2019 weiterhin gelockert bleiben, so dass die Kreditzinsen auf einem Niveau bleiben sollten, das erhebliche Unterstützung bietet. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Vorgaben für die Zinsentwicklung im Januar bekräftigt und ferner bestätigt, dass sich die Risiken für den Ausblick ins Negative verkehrt haben.

Die Aufmerksamkeit richtet sich zunehmend darauf, was die EZB noch tun könnte, um weitere Anreize zu bieten. Kurzfristig könnte dies weitere Unterstützung in Form von Liquidität im Rahmen seiner TLTRO II-Initiative (Targeted Long Term Refinancing Operation) bedeuten. Hierbei handelt es sich um ein 700 Milliarden Euro schweres Programm, das von der EZB eingeführt worden war, um Banken in der Eurozone durch eine Senkung des Grenzfremdkapitalzinssatzes einen Anreiz zu bieten, Darlehen an Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sowie an Haushalte zu vergeben. Ein Großteil der Kredite (60% des Gesamtvolumens) wird derzeit von italienischen und spanischen Banken in Anspruch genommen. Diese geldpolitische Maßnahme rückt nun einmal mehr in den Fokus, da diese Kredite ab Juni 2020 auslaufen sollen. Wir gehen davon aus, dass die EZB zumindest eine Verlängerung der Initiative ankündigen wird, um dem Bankensektor und der Wirtschaft weitere Unterstützung zu bieten.

ABBILDUNG 2: KONSUMAUSGABEN IN DER EUROZONE UND BRENT-ÖLPREIS

Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorquartal (links); Ölpreis in Euro (rechts, invertiert)

Quelle: Bloomberg, Eurostat, Refinitiv Datastream, J.P. Morgan Asset Management. Die historische Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Guide to the Markets - Europe. Daten zum 31. Januar 2019.

Neben dieser Bereitstellung von Liquidität sind die Optionen der EZB zur weiteren Belebung der Wirtschaft allerdings beschränkt. Die Leitzinsen bewegen sich bereits heute im negativen Bereich. Die EZB wird sich schwer tun, ihre quantitative Lockerung auszuweiten, da sie sich im Hinblick auf die Mengen an deutschen Bundesanleihen, die sie kaufen darf, bereits der Höchstgrenze nähert. Die Parameter müssten verändert werden, um es ihr zu erlauben, entweder einen größeren Anteil des deutschen Marktes oder aber Schuldtitel aus anderen Ländern zu kaufen. Dies ist allerdings ein aus politischer Sicht sehr strittiges Thema.

Auf der fiskalpolitischen Seite beobachten wir, dass sich Regierungen auf eine etwas gelockerte Haushaltspolitik zubewegen, insbesondere in Italien und Frankreich. Allerdings wird diesen Länder letzten Endes durch ihr bereits hohes Verhältnis der öffentlichen Verschuldung zum BIP ein Hemmschuh angelegt werden. Dieses Verhältnis liegt heute jeweils bei 132 % bzw. 99 %, während im Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU eine Höchstgrenze von 60 % festgelegt worden war. Deutschland verfügt über Haushaltskapazitäten für erhebliche Anreizmaßnahmen, das politische Interesse hieran scheint jedoch begrenzt zu sein.

Da von innen heraus nur begrenzt mit Hilfe für die Wirtschaft der Eurozone zu rechnen ist, könnte eine Verbesserung der externen Faktoren der Schlüssel zu einem Stimmungswandel sowohl unter Produzenten als auch unter Verbrauchern sein. Der erforderliche Katalysator für eine Veränderung der wirtschaftlichen Dynamik könnte sich auch aus der Vermeidung eines harten Brexit, einer Deeskalation der Handelsspannungen oder einer weichen Landung in China ergeben. Während die ersten beiden Aspekte von den Unwägbarkeiten der Politik abhängen, sind wir bezüglich des letzteren Faktors recht zuversichtlich, denn China lockert unvermindert seine Geld- und Fiskalpolitik, um seine Wirtschaft anzukurbeln. Im Januar hat die Peopleu2019s Bank of China ihre Mindestreserveanforderungen um weitere 100 Basispunkte gesenkt, wodurch der chinesischen Wirtschaft unterm Strich etwa 800 Mrd. RMB (0,8 % des nominalen BIP) zugeführt wurden. Neue Infrastrukturprojekte haben außerdem das Investitionswachstum beflügelt, und Peking setzt auch weiterhin Steuersenkungen sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher um.

Aktien der Eurozone könnten sich besser entwickeln als die Wirtschaft

Angesichts der Vielzahl von Aspekten, die zu einem Abschwung in Europa beigetragen haben, sowie des Mangels an einem klaren Katalysator für eine Trendwende sind Investoren bezüglich einer Anlage in der Region inzwischen zurückhaltender geworden. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass ca. 50 % der Umsätze europäischer Unternehmen außerhalb der Region erwirtschaftet werden. So ist es den Unternehmen 2018 trotz einer Verschlechterung des makroökonomischen Umfelds in Europa gelungen, ein respektables Gewinnwachstum von 5 % zu erzielen. Ein unsicherer Konjunkturausblick für die Region bedeutet, dass Anleger kurzfristig vorsichtig bleiben sollten. Da sowohl europäische Unternehmen als auch die Wirtschaft im Euroraum insgesamt jedoch sehr stark international ausgerichtet sind, wird die


Entwicklung des globalen Wachstumsumfelds erheblichen Einfluss auf die künftigen Geschicke der Region haben. Anleger dürften im Hinblick auf Europa zurückhaltend bleiben, bis sich eine dauerhafte Erholung des Wachstums deutlicher abzeichnet. Sollte sich bei den makroökonomischen Daten jedoch eine positive Entwicklung erkennen lassen, könnte es europäischen Aktien sehr viel besser ergehen, da derzeit sehr viel Pessimismus eingepreist ist.

Rechtliche Hinweise

Die in diesem Dokument geäußerten Meinungen stellen weder eine Beratung noch eine Empfehlung für den Kauf oder Verkauf von Anlageinstrumenten dar, noch sichert J.P. Morgan Asset Management oder eine seiner Tochtergesellschaften zu, sich an einer der in diesem Dokument erwähnten Transaktionen zu beteiligen. Sämtliche Prognosen, Zahlen, Einschätzungen oder Anlagetechniken und -strategien dienen nur Informationszwecken, basierend auf bestimmten Annahmen und aktuellen Marktbedingungen, und können jederzeit ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Alle in diesem Dokument gegebenen Informationen werden zum Zeitpunkt der Erstellung als korrekt erachtet. Jede Gewährleistung für ihre Richtigkeit und jede Haftung für Fehler oder Auslassungen wird jedoch abgelehnt.


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