St. Gallen - Für Sparer sind es schlechte Nachrichten, freuen dürfen sich die europäischen Finanzministerien und alle sonstigen Schuldner. Seit letzten Donnerstag ist eine Zinswende in Europa, die ursprünglich auf Herbst 2019 vorgesehen war, wieder vom Tisch. Neu liess die Europäische Zentralbank (EZB) verlautbaren, die Zinsen mindestens bis Ende Jahr unverändert tief zu belassen. Der Leitzins der Eurozone bleibt damit bei null, der Einlagezins für Banken bei minus 0.4%. Es zeichnet sich ab, dass EZB Präsident Mario Draghi, dessen Amtszeit im Oktober dieses Jahres ausläuft, einen geldpolitischen Kurswechsel seinem Nachfolger/seiner Nachfolgerin überlassen möchte, nachdem er die Märkte jahrelang auf später vertröstet hatte. Aufgeschoben ist im Fall Draghis folglich aufgehoben.
Draghi legte sogar wieder eine Schippe nach, in dem er ein neues Kreditprogramm für Banken ankündigte, das sogenannte TLTRO, Targeted Longer-Term Refinancing Operations. Schon 2014 (TLTRO I) und 2016 (TLTRO II) hatte die EZB ähnliche Notkredite für Banken gesprochen, um den Bankensektor zu stabilisieren. Deren Neuauflage kann man auch als eigentliches Scheitern des geldpolitischen Zauberkurses interpretieren. Die Not im Bankensektor scheint aus Sichtweise der EZB noch immer zu gross, um den Markt endlich mal wieder spielen zu lassen. Aus dem ursprünglichen Ausnahmezustand im Zuge der Finanzkrise ist mittlerweile ein Dauerprovisorium geworden, aus dem die EZB keinen Ausweg zu finden scheint. Vor allem die maroden italienischen Banken, aber längst nicht nur die, haben die EZB wohl zu diesem Schritt bewogen. Aber auch spanische und französische Banken dürften wie schon bei den beiden TLTRO-Erstauflagen wieder kräftig zulangen, wenn es neues günstiges Geld gibt. Ein Ende der Nullzinsära ist mit den jüngsten geldpolitischen Entscheiden in Europa in weitere ...
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