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Dr. Georg von Wallwitz (Eyb & Wallwitz): Ein Plädoyer für die Demut

Der wirtschaftliche Aufschwung in den USA ist seit Juli offiziell der längste der Geschichte. Das ist eine feine Sache, zu der man die Amerikaner nur beglückwünschen kann. Andere Länder waren nicht so glückhaft.



Dieser Aufschwung ist ein Zeichen für die große Widerstandskraft des amerikanischen Systems, das die Lehren aus der Lehman-Pleite und der damit verbundenen Finanz- und Wirtschaftskrise schnell gezogen und daraufhin konsequent gehandelt hat. Es zeugt auch von der enormen wirtschaftspolitischen Kompetenz, die in den amerikanischen Institutionen gebündelt ist und die auf der Welt ihresgleichen sucht. Während Europa bis heute nicht mit dem Händeringen und Schuldzuweisen fertig ist, es dabei aber nicht schafft, die grundlegende, einzig relevante Frage zu beantworten,1 haben die USA sich wieder aufgerichtet, ihr Krönchen zurechtgerückt und sich in den seligen Zustand der Vollbeschäftigung bei niedriger Inflation begeben.


Gewiss, es gibt Schulden im System, dass es einem schwindelig werden mag. Über 1.000 Milliarden Dollar zusätzliche Schulden machen die USA, seit sie einen Immobilienfachmann als Präsidenten haben. Gewiss, es ist durchaus möglich, dass die Mittel der Zentralbanken irgendwann erschöpft sind. Ich glaube nicht, dass es ein dauerhaft haltbarer Zustand ist, dass der Preis des Geldes (nichts anderes ist der Zins) nahe Null liegt. Gewiss, der Protektionismus wird den Amerikanern irgendwann vor die Füße fallen. Es ist naiv zu glauben, der Rest der Welt würde widerstandslos zusehen, wie ein Land nach dem anderen abgewatscht wird. Aber das sind Überlegungen für einen anderen Tag. Für jetzt bleibt nur, den Amerikanern zu ihrer Wirtschaft zu gratulieren, die moderat, dafür aber ununterbrochen wächst.

Wann das neue Gleichgewicht instabil wird und der Paradigmenwechsel eintritt, ist nicht vorherzusagen. Das einzige - das sich mit Sicherheit sagen lässt - ist, dass wir heute dem Ende des Aufschwungs näher sind als noch vor einigen Jahren. Aber das hilft nicht weiter und es taugt auch nicht dazu, die Unsicherheit wegzuwischen, die viele Investoren immer wieder beschleicht: Wann kippt der Markt?


Langjährige Leser meiner Kommentare erinnern sich vielleicht daran, dass ich nicht viel davon halte, kleinere und mittlere Bewegungen an der Börse zu timen. Diese sind keine Fehler im System, sondern Teil des Systems - natürliche Schwankungen wie Sommer und Winter. Es gilt sie zu ertragen und wer sie nicht erträgt, wird am Aktienmarkt nur Geld verlieren. Die richtige Geisteshaltung ist die der Stoiker. Von deren Hauptvertreter Pyrrhon von Elis wird berichtet, wie er auf einer Seefahrt seinen Reisegefährten eben jene Lehre mitgab, die auch jeder Anleger beherzigen sollte: Als alle seine Mitreisenden im Sturm erbleichten, blieb er ruhig und ermutigte sie, indem er auf ein Schweinchen verwies, das ebenfalls an Bord war und ununterbrochen weiter fraß. "Der weise Mann", sagte er, "sollte in einem solchen Zustand der Seelenruhe sein".2


Nun ist dies nicht einfach umzusetzen. Und manchmal kann man auch zu viel Seelenruhe haben, etwa wenn die Umstände sich tatsächlich ändern (das Schiff also nicht nur schwankt, sondern sinkt). Pyrrhon wusste dies natürlich auch. So wird an anderer Stelle berichtet: "Pyrrhon flüchtete vor einem Hund auf einen Baum. Die Umstehenden lachten ihn aus und er antwortete, es sei nunmal schwer, seine Natur zu verleugnen."3 Es wäre ihm (körperlich und sozial) vielleicht besser ergangen, wenn er sich einfach auf den Boden gesetzt und den Rat des Aristoteles von Staigera beherzigt hätte, der in seiner Rhetorik (1380a) behauptete, Hunde würden diejenigen nicht beißen, die sich demütig verhielten.


Demütiges Verhalten ist wohl auch der Schlüssel zum richtigen Umgang mit alternden Aufschwüngen und großzügig bewerteten Aktienmärkten.

Es gilt, die eigenen Überzeugungen stärker zu hinterfragen, um die Seelenruhe nicht zu einer Selbstgefälligkeit werden zu lassen. Noch mehr als sonst gilt es, die Möglichkeit einzukalkulieren, dass man selbst falsch liegt. Daher gilt es in dieser Phase, ein wenig Demut in den Portfolios einzubauen.


Wie das aussieht? Insbesondere in Europa finden sich viele Aktien, die ausgesprochen billig geworden sind. Eine Reihe europäischer Blue Chips haben in den letzten Monaten Gewinnwarnungen ausgesprochen und die Kurse sind entsprechend stark zurückgegangen. Diese "Value"-Aktien lohnen heute wieder einen Blick. Zweitens sollte sich der Investor heute stärker an Firmen mit hoher Bilanzqualität (d.h. mit wenig Schulden und stabilen Gewinnen) halten. Insbesondere sollten die Gewinne wenig mit der zunehmend wackligen Konjunktur (außerhalb der USA) korrelieren. Diese Unternehmen erkennt man oft daran, dass sie eine geringe Volatilität haben. Sie tun jedem Portfolio während eines Abschwungs gut, machen in Bullenmärkten aber wenig Freude. Drittens hat ein demütiges Portfolio eine etwas erhöhte (aber keine gewaltige) Cash-Quote. Es geht dabei weniger darum, sich aus dem Gefecht zurückzuziehen, als vielmehr das Pulver trocken zu halten - wenn man es eher militärisch als philosophisch formulieren möchte. Eine erhöhte Cash-Quote nimmt Volatilität aus dem Portfolio, ist gut für die Seelenruhe und ermöglicht es in einem Abschwung billig nachzukaufen. Den größten Cash-Bestand von allen Investoren hat derzeit Warren Buffett - es kann also kein Fehler sein.


Diese Änderungen sollten aber immer nur marginal sein. Große Veränderungen in der Allokation sind fast immer ein Fehler. Zur Demut gehört es auch, Schwächephasen auszusitzen und nicht zu meinen, man sei in der Lage, oben auszusteigen und unten wieder einzusteigen. Kaum etwas kostet so viel Geld wie die Hybris, die in der Meinung besteht, man sei schlauer als die anderen Marktteilnehmer. Denn auf die Hybris folgt in der antiken Mythologie die Nemesis, Tochter der Nacht und der Dunkelheit, Göttin des Zorns und der ausgleichenden Gerechtigkeit. Und in deren Angesicht, so viel ist sicher, ist alles andere angebracht als stoische Seelenruhe.


__________________________


1 Wollen wir eine echte Europäische Union haben, mit allen Konsequenzen (Bankenunion, gemeinsamer Haushalt, gemeinsamer Finanzmarkt) oder wollen wir eine Ansammlung souveräner Staaten bleiben?


2 Vgl. Diogenes Laertios, Von den Leben und den Meinungen berühmter Philosophen, 9.68.


3 Aristoteles von Messene, Fragment 4.26.



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