Freitag, 01. November 2019 - Die internationalen Aktienmärkte haben den Kursrückschlag von Anfang Oktober zwischenzeitlich mehr als wettgemacht. Wichtige internationale Leitindizes (Euro STOXX 50, Nikkei 225) markierten diese Woche neue Jahreshochstände, der S&P 500 sogar ein neuen historischen Hochpunkt. Geholfen haben dabei zum einen die Verständigung zwischen EU und Großbritannien auf eine flexible Verlängerung der Ausstiegsfrist bis Ende Januar 2020 und wiederauflebende Hoffnungen auf eine baldige Teillösung des sino-amerikanischen Handelskonflikts. Zum anderen die, gemessen an den im Vorfeld auftauchenden Befürchtungen, konstruktive Entwicklung der US-Berichtssaison.
Sorgen über Q3-Berichtssaison erweisen sich als unbegründet
Mittlerweile haben 278 der S&P 500-Gesellschaften ihren Erfolgsausweis für das 3. Quartal vorgestellt. Mehr als 74% der Gewinne (Quelle: IBES; Stand: 30.10.2019) liegen über den im Vorfeld von den Unternehmensanalysten oft reduzierten Gewinnschätzungen. Derzeit wird für das 3. Quartal ein leichter Gewinnrückgang von -1,6% (jew. ggü. Vj.) prognostiziert. Die stärkste positive Entwicklung wird für die Sektoren Gesundheit (+7,8%) und Versorger (+5,1%) erwartet, kräftige Rückgänge für die Branchen Grundstoffe (-11,4%) und Energie (-38,7%). Rechnet man den dem Ölpreisrückgang geschuldeten Einbruch bei den Energiekonzernen heraus, liegt die Gewinnprognose für den S&P 500 (ex Energy) bei +0,9%. Aus unserer Sicht wäre das für die US-Leitbörse eine solide Grundlage für ein freundliches Schlussquartal 2019.
US-Verbraucher stabilisieren das BIP-Wachstum
Mit einem Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts im 3. Quartal von +1,9% (nach +2,0%; jew. ggü. Vq., annualisiert) fiel die Erstschätzung besser aus als erwartet (Reuters-Umfrage: +1,6%). Die Unternehmensinvestitionen fielen mit -3,0% das zweite Mal in Folge, Verlass war aber auf die US-Verbraucher (+2,9%). Der Wohnungsbau zeigte nach sechs Minus-Quartalen erstmals wieder Zuwächse (+5,1%); hierbei dürfte das niedrigere Zinsniveau eine wichtige Rolle gespielt haben.
US-Notenbank senkt Leitzins, Bank of Japan signalisiert wachsende Bereitschaft dazu
Wie allgemein erwartet nahm die US-Notenbank am Mittwoch ihre dritte Leitzinssenkung um 25 Basispunkte vor, die neue Zielbandbreite liegt damit zwischen 1,5 und 1,75 Prozentpunkten. Zwei der zehn stimmberechtigten Zentralbanker stimmten dagegen. Zwar sieht die Fed die US-Wirtschaft auf einem moderaten Wachstumskurs, möchte ihre Maßnahme aber als Versicherung gegen die vielfältigen globalen Risiken verstanden wissen. Fed-Chef Powell dämpfte mit seinen Ausführungen ("… monetary policy is in a good place") die Erwartungen auf eine weitere Senkung ihres geldpolitischen Schlüsselsatzes noch im laufenden Jahr.
Die Bank of Japan ließ ihren kurzfristigen Leitzins bei -0,1%. Sie reduzierte aber durchgängig ihre Wachstums- und Inflationsprognosen für die Jahre 2019-2021 und änderte ihre Sprachregelegung zur zukünftigen Geldpolitik. Unserer Einschätzung nach dürfte dies als Signal für eine künftige Zinssenkung gewertet werden.
Kommende US-Arbeitsmarkzahlen nicht auf die Goldwaage legen
Die heute Nachmittag zur Veröffentlichung anstehenden Nonfarm Payrolls (für Oktober erwartet: +89.000 nach +136.000, jew. Reuters-Umfrage) könnten für eine negative Überraschung sorgen. Wegen der nur schwer kalkulierbaren Auswirkungen des (mittlerweile beendeten) Streiks bei General Motors halten wir die Zahlen allerdings für wenig aussagekräftig. Die Bank of England (07.11.) dürfte ihren geldpolitischen Werkzeugkasten geschlossen halten, das vorläufige US-Verbrauchervertrauen (08.11.) für November wird leicht niedriger (e.: 94,7 nach 95,5 im Oktober) prognostiziert.
Kapitalmarktperspektiven zum Jahresausklang
Unsere vor drei Wochen geäußerten Hoffnungen auf einen neuen Aufwärtsimpuls an den Aktienmärkten haben sich erfreulicherweise erfüllt. Sofern die (geo-)politischen Risiken unter Kontrolle bleiben, rechnen wir trotz zuletzt einsetzender Gewinnmitnahmen mit weiter steigenden Notierungen im Verlauf des 4. Quartals. Etwas unübersichtlicher stellt sich die Situation am Rentenmarkt dar. Zwar ist die große Mehrheit der Notenbanken wieder auf einen rentenmarktfreundlichen geldpolitischen Expansionskurs eingeschwenkt. Im Hintergrund hat sich aber eine potenziell belastende und bislang wenig beachtete Konstellation herausgebildet. Bei wichtigen Rohstoff- (Kupfer) und Energiemärkten (u.a. West Texas, Brent) zeigt sich in den jeweiligen Terminkontrakten ein ausgeprägt niedriges Engagement spekulativer Markteilnehmer. Mit einem Positionsaufbau einhergehende Preisaufschläge könnten zu einem Aufflackern von Inflationserwartungen und einem phasenweisen Anziehen der Kapitalmarktrenditen führen. Ein Szenario, das man auf dem Radarschirm haben sollte.
Etwaige Meinungsäußerungen geben die aktuelle Einschätzung des Investment Office der ODDO BHF AG wieder, die sich insbesondere von der Hausmeinung innerhalb der ODDO BHF Gruppe unterscheiden und ohne vorherige Ankündigung ändern kann.
Finden Sie hier Informationen zu den Vermögensverwaltenden Fonds und Produkten von ODDO BHF.