Die größte Angst, die derzeit am Markt umgeht, bezieht sich auf das Coronavirus und den Umgang der chinesischen Behörden mit diesem Problem. Wie schlimm ist es wirklich und welche Auswirkungen hat der Ausbruch des Erregers auf die Wirtschaft? Wie geht man rational mit einer Bedrohung um, von der weder die Schwere noch die Häufigkeit bekannt ist?
Erstens hilft ein Blick auf die Datenlage. Es ist zwar noch unklar, wie weit sich das Coronavirus verbreiten wird, aber derzeit scheint die Anzahl der Neuinfizierten in China von etwa 2.000 pro Tag auf 500 gesunken zu sein (von denen voraussichtlich 5% der Krankheit erliegen werden) - falls man den Zahlen aus China trauen darf. Der Ausbruch des Virus hätte dann keinen exponentiellen ("viralen") Verlauf mehr. Darüber hinaus versichern Mediziner, es stünde bis zum Ende des Jahres ein Impfstoff zur Verfügung, sodass es auch eine zeitliche Begrenzung der Seuche geben wird. Das bedeutet, dass die Anzahl der Opfer - von denen jedes eines zu viel ist - sich in Grenzen halten wird. Es sieht jedenfalls nicht danach aus, als stünde uns eine neue Spanische Grippe ins Haus, die in den Jahren 1918/19 etwa 21 Millionen Menschenleben gefordert hatte.
Entscheidend ist nicht so sehr, wie groß die direkten wirtschaftlichen Verluste sind, sondern welche Schäden indirekt entstehen, durch die verbreitete Angst. Chinas Binnennachfrage ist eingebrochen und es gibt kaum Anzeichen der Erholung. Kinos und Restaurants sind leer und es geht auch kaum noch jemand das Risiko ein, sich sein Essen nach Hause bringen zu lassen - wer weiß schon, wer da hineingehustet hat? Flugzeuge und Züge benutzen nur wenige Mutige. Häufig sind Fabriken und Geschäfte ohnehin geschlossen, sodass viele Reisen ausfallen. Einige Käufe werden sicherlich nachgeholt werden, aber es wird wirtschaftliche Verluste geben, die auch kein anschließendes Konjunkturprogramm mehr ausgleichen kann.
Eng mit China verflochtene Produzenten von Konsumgütern, wie etwa Apple, bekommen bereits sowohl den Nachfrage- als auch den Produktionsausfall zu spüren. Wenn die chinesischen Zulieferer wie Foxconn teilweise ausfallen, werden bald auch eine Reihe von Industrien in weit entfernten Gegenden ihre Produktion drosseln müssen. China ist nach wie vor die Werkbank der Welt. Auch der Tourismus leidet erheblich, denn etwa 20% aller im Ausland ausgegebenen Touristendollars stammen von Chinesen. Da die Weltwirtschaft ohnehin nicht in robuster Verfassung ist und gerade erst eine Rezession abgewendet hat, sind all das keine guten Nachrichten.
Es würde mich daher nicht überraschen, wenn wir im ersten Halbjahr 2020 eine deutliche Korrektur an den Aktienmärkten sehen würden. Vielleicht 10% oder 15% Verlust sind zu erwarten, wenn die Auswirkungen einer chinesischen Schockstarre offenbar werden. Insbesondere Europa ist heute sehr viel stärker von China abhängig als noch 2003 beim Ausbruch des SARS-Virus - und europäische Aktien sind in den letzten Monaten kräftig gestiegen.
Wie kann man sein Portfolio versichern gegen einen solchen Einbruch? Gold, Schweizer Franken und Dollar bieten sich an. Auch kann man Volatilitäts-Indices kaufen. Oder Bundesanleihen. Oder man setzt Futures und Optionen ein. Man könnte auch Aktienbestände direkt verkaufen.
Wir werden von diesen Möglichkeiten vorerst keinen Gebrauch machen. Diese Versicherungen ziehen alle Kosten nach sich, die meistens zu hoch sind für das gute Gefühl, das die geringere Schwankungsanfälligkeit des Portfolios bringt. Wenn Aktien aus Angst verkauft werden, geht das in den seltensten Fällen gut. Optionen sind nicht billig, Gold ist stark gestiegen, Staatsanleihen sind negativ verzinst.
Wenn langfristig orientierte Investoren Wertpapiere verkaufen, haben sie meist einen von zwei guten Gründen: Entweder sind alle guten Nachrichten bereits im Kurs reflektiert und das Wertpapier hat kaum noch Potenzial oder es hat sich Grundlegendes geändert im Geschäftsmodell oder im langfristigen Ausblick. Beide Gründe sind aber für keines der Unternehmen in unserem Portfolio gegeben. Das Geschäftsmodell von Apple, Alibaba oder LVMH ist durch das Coronavirus nicht gefährdet.
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