04.10.2020
Die aktuelle LageBei den US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen ist die vielbeschworene blaue Welle, also der Erdrutschsieg der Demokraten, ausgeblieben. Vielmehr ist es Donald Trump gelungen, in fast allen hart umkämpften »Swing States« seine Mehrheit zu verteidigen. Das gilt zumindest für die Staaten, für die bereits verlässliche Ergebnisse vorliegen (u.a. Florida, Ohio und Iowa). Aber auch in einigen der noch offenen Rennen (u.a. Michigan, North Carolina und Pennsylvania) liegt er momentan vorne. Die endgültigen Ergebnisse sind hier teilweise erst in den nächsten Tagen zu erwarten. Im Falle Pennsylvanias könnte es sogar bis Freitag dauern. Gegenwärtig sieht es so aus, als ob Trump in den noch nicht entschiedenen Staaten genügend Wahlmännerstimmen zugesprochen werden, damit er landesweit die nötige Mehrheit von 270 Stimmen erreicht bzw. überschreitet und seine zweite Amtszeit antreten kann. Joe Biden hat zwar noch eine Restchance - sie ist aber relativ klein. Im Senat scheinen sich die demokratischen Siegeshoffnungen ebenfalls in Luft aufzulösen. In den hart umkämpften Staaten ist den Demokraten nach dem aktuellen Stand der Auszählungen offenbar der Zugewinn von nur zwei Sitzen gelungen. Im Gegenzug haben sie aber einen Sitz an die Republikaner verloren. Demnach hätte sich die Mehrheit der Republikaner lediglich von 53 auf 52 Sitze verringert (bei gesamt 100 Sitzen). Über einen Sitz im Bundesstaat Georgia wird erst in einer Nachwahl Anfang Januar entschieden. Aber selbst wenn der demokratische Bewerber diesen gewinnen könnte, hätte die republikanische Mehrheit im Senat weiterhin Bestand.
Unsere Einschätzung und unser Ausblick:Alles in allem sieht es also gegenwärtig so aus, als ob sich an der bisherigen Machtverteilung in Washington überraschenderweise nichts ändert (im neugewählten Repräsentantenhaus bleibt es wahrscheinlich wie erwartet bei der demokratischen Mehrheit). Was bedeutet das für den wirtschaftlichen Ausblick der kommenden Monate? Sicherlich haben die Chancen auf die schnelle Lancierung eines weiteren grossen fiskalischen Stimuluspakets zur Abfederung der von der Coronavirus-Krise ausgehenden Belastungen abgenommen. Die aktuell in Gang befindliche wirtschaftliche Wiederbelebung kann somit nicht so leicht auf zusätzlichen Rückenwind hoffen. Momentan scheint dieser aber auch gar nicht erforderlich. So haben die jüngsten Wirtschaftsdaten gezeigt, dass die Unternehmen wieder zuversichtlich in die Zukunft blicken und mit neuen Investitionen den Aufschwung anschieben. Daneben konnten die US-Bürger dank der umfangreichen Einkommenshilfen vom Frühjahr hohe Ersparnisse anhäufen, was die Konsumnachfrage in den kommenden Monaten deutlich beflügeln dürfte. Getrübt wird dieser positive Ausblick einzig von der sich aktuell zuspitzenden Coronavirus-Pandemie. So befinden sich die Neuinfektionszahlen auch in den USA in einem klaren Aufwärtstrend, der sich - wenn man zur Orientierung auf das Geschehen in Europa blickt - in den kommenden Wochen weiter versteilern dürfte. Bei den Hospitalisierungen und Todesfällen sollte sich die Lage ebenfalls verschlimmern. In der Folge wachsen die Risiken, dass es zu immer mehr lokalen Lockdowns kommt, was die Wirtschaft bremsen und zu erneuten Entlassungen führen könnte. In diesem Umfeld wird jedoch selbst ein gespaltener Kongress nicht lange zögern, und - wie im Frühjahr - umfangreiche Finanzspritzen für private Haushalte und Unternehmen beschliessen. Im Endeffekt dürften sie vom Umfang nicht viel geringer ausfallen, als es im Falle eines klaren demokratischen Wahlsiegs zu erwarten gewesen wäre. Der Weg bis zur Verabschiedung dürfte aber langwieriger und konjunkturell schmerzhafter sein. An den Finanzmärkten wird sich die aktuelle Unsicherheit zwangsläufig in einer höheren Volatilität niederschlagen. In Anbetracht unseres übergeordnet unverändert positiven Konjunkturausblicks, der nicht zuletzt auf einer früher oder später erfolgreichen Eindämmung der Coronavirus-Pandemie beruht, halten wir jedoch an unserer Erwartung mittelfristig weiter zulegender Aktienkurse fest. Spiegelbildlich sollten US-Treasuries unter Druck kommen. Hier dürfte das Scheitern der Demokraten, den Senat zu dominieren, jedoch kurzfristig stützend wirken. Schliesslich haben sich die Chancen für ein grosses Fiskalpaket zur Förderung einer CO2-freien Wirtschaft deutlich verschlechtert. Entsprechend muss mit einer weniger stark steigenden Staatsverschuldung gerechnet werden, was kurzfristig den Aufwärtsdruck auf die Treasury-Renditen mildert.
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