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Ella Hoxha und Andres Sanchez Balcazar (Pictet): Anleihenmarkt

Januar 2021 - In den letzten vier Jahrzehnten sind die Zinsen stetig gesunken. Wird COVID-19 diesen Trend auf den Kopf stellen, wie so vieles andere in der Welt? Auf den ersten Blick mag das so aussehen.

Die Pandemie hat schliesslich beispiellose Ausgaben von Regierungen auf der ganzen Welt bewirkt, unabhängig davon, ob sie es sich leisten können oder nicht. Binnen weniger Wochen wurde mit einer gleichzeitigen geld- und fiskalpolitischen Lockerung der Rubikon überschritten. Einige Länder stehen nun kurz davor, einen Kurs der Zentralbankfinanzierung von öffentlichen Ausgaben einzuschlagen, wie ihn die moderne Geldtheorie beschreibt. Bis vor kurzem war diese Theorie nur eine Randerscheinung im wirtschaftlichen Diskurs.1

Wenn die politischen Entscheidungsträger offenbar einen Anstieg der Staatsverschuldung in Kauf nehmen, steht die Welt dann kurz davor, in eine Ära viel höherer Zinsen und Inflation überzugehen? Und wie verhält es sich dann mit den Anleihen?

Die Zinsen in den Industrieländern sind bereits niedrig und der Umfang der geldpolitischen Impulse ist enorm. Wir glauben daher nicht, dass ein Anstieg der Inflation unmittelbar bevorsteht oder dass der Abwärtstrend bei den Zinssätzen sich abrupt umkehren wird. Auch wenn wir uns von der grössten Krise für das globale Wachstum seit dem Zweiten Weltkrieg erholen, folgt der Inflationsdruck einem Abwärtstrend. Die Inflation ist in vielen europäischen Ländern weiterhin negativ und in anderen grossen Industrieländern wie Japan sehr niedrig. In den USA ist die Inflation unter Kontrolle, in China scheint sie ihren Höhepunkt erreicht zu haben.

Zyklische Faktoren können kurzfristige Änderungen der Zinserwartungen des Marktes hervorrufen, aber die offiziellen Zinssätze dürften auf absehbare Zeit niedrig bleiben, damit sich die globale Weltwirtschaft nach der Pandemie wieder erholen kann. Die US-Notenbank brauchte nach der letzten Rezession während der globalen Finanzkrise 2008-2009 mehrere Jahre, um die Zinsen zu erhöhen. Angesichts des neuen geldpolitischen Kurses der Fed, der Höhe ihrer Bilanzsumme und der Tatsache, dass die Inflation im Durchschnitt rund 0,5% unter dem Stand von Ende 2009 liegt, gehen wir davon aus, dass es diesmal noch länger dauern könnte.

Eine entscheidende makropolitische Veränderung, welche die Zinsen niedrig halten dürfte, ist die stetige Erosion des "Washington Consensus". Der Begriff wurde 1989 von dem englischen Ökonomen John Williamson geprägt und beschreibt ein von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds propagiertes Wirtschaftsprogramm mit einem Bündel an Massnahmen wie Sparpolitik (Kürzung der Staatsausgaben), Deregulierung, Liberalisierung des Handels und stabiles Geld.

So wie schon während der globalen Finanzkrise 2008 die geldpolitische Orthodoxie über Bord geworfen wurde, hat auch die COVID-19-Pandemie dem fiskalpolitischen Konservatismus den Todesstoss versetzt. In ihrem jüngsten Blogbeitrag "Continued Strong Policy Action to Combat Uncertainty" hat die Geschäftsführerin des IWF, Kristalina Georgieva, die Industrieländer aufgefordert, die öffentlichen Ausgaben zu erhöhen und die spektakuläre geldpolitische Unterstützung nicht zu früh wieder einzustellen. Ausserdem rät sie zu einer synchronen globalen Infrastruktur-Investitionsoffensive. Der staatliche Anteil am Wirtschaftsleben dürfte in allen Industrieländern weiter wachsen. Die Steuern werden bald steigen müssen, damit die neuen Schulden zurückgezahlt werden können. Das alles wird sich in einer geringeren Produktivität und auch in Deflationsdruck niederschlagen.

Gleichzeitig sind die Aussichten für das Wirtschaftswachstum weiter verhalten. Der jüngste Handelskrieg zwischen den USA und China hat den bis dahin ungebrochenen Trend der Globalisierung ausgebremst. Es ist unwahrscheinlich, dass die Spannungen zwischen China und den USA trotz des Regierungswechsels in den USA nachlassen werden. Die Regulierung nimmt ebenfalls zu, weil die Länder den Klimawandel bekämpfen müssen. Das könnte nicht nur zu einem langsameren Wachstum, sondern auch zu einem deflationären Druck führen.

Es gibt auch eine Reihe mächtiger struktureller Kräfte, die auf die Inflation und das Wachstum drücken, in einer Welt nach COVID-19 vielleicht sogar noch stärker. Dazu zählen:

  1. Alternde Bevölkerung, schrumpfende Anzahl an Arbeitskräften: In vielen Ländern altern die Bevölkerungen und die Baby-Boomer gehen in den Ruhestand. Beschleunigt wird diese Entwicklung dadurch, dass in den meisten Industrieländern keine immigrationsfreundliche Politik geführt wird. Da die Erwerbsbevölkerung abnehmen und das Produktivitätswachstum weiterhin schwach ausfallen wird, dürften die realen Raten für das Wirtschaftswachstum unterdurchschnittlich bleiben und die Zinssätze niedrig halten.
  2. Zunehmende Schuldenlast: Die Verschuldung ist während dieser Krise exponentiell auf ein Niveau wie zuletzt unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gestiegen. Es werden mehr Mittel in der Wirtschaft für die Rückzahlung dieser Schulden aufgewendet, was das Produktivitätswachstum schmälert. Dadurch werden die wirtschaftliche Erholung und die Inflation gebremst.
  3. Fortschreitende Integration der Schwellenländer in die globale Wertschöpfungskette: Auch wenn die Globalisierung etwas an Dynamik verloren hat, haben wir in dieser Krise gesehen, wie eng unsere Welt verzahnt ist und wie kostspielig und schwierig es sein wird, zum Protektionismus zurückzukehren und den wachsenden internationalen Einfluss der Schwellenländer umzukehren. Einige regionale Handelsblöcke um die USA, die Eurozone und China werden vielleicht an Stärke gewinnen, aber dazu gehören sowohl Industrie- als auch Schwellenländer.

Die wirtschaftspolitische Debatte hat sich gewandelt - jetzt werden fiskalische Anreize eine grössere Rolle bei der Förderung des Wachstums spielen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig mehr Inflation. Auch wenn das Wachstum mit steigenden Staatsausgaben tendenziell zunimmt, sind solche Effekte meist sehr kurzlebig.

Wir würden unsere Meinung zum Thema "niedrig für lange Zeit" ändern, wenn die Staatsausgaben irgendwann direkt durch Gelddruck der Zentralbank finanziert werden und dadurch die Märkte und der Finanzsektor umgangen würden. Bisher stehen dem jedoch in vielen Ländern grössere rechtliche Hindernisse im Weg, sodass es lange dauern würde, diese zu ändern.

Wir machen uns an dieser Stelle keine allzu grossen Gedanken, weil es hier noch keine wirklichen Abstimmungen gibt. Der Washington Consens ist vielleicht gestorben, aber das bedeutet nicht, dass wir uns genau in die entgegengesetzte Richtung bewegen. In den USA ist die Annahme, dass die Demokraten bei ihren Ausgabenplanungen uneingeschränkten Ermessensspielraum haben, nach unserer Einschätzung nach optimistisch. Die Mitte der Demokratischen Partei wehrt sich vehement gegen Staatsausgaben und Steuererhöhungen. Darüber hinaus wird Joe Biden es aufgrund der Filibuster-Regelung (für die Verabschiedung eines Gesetzes reicht keine einfache Mehrheit, eine 60-Prozent-Mehrheit des Senats ist erforderlich) schwer haben, massive Ausgabenerhöhungen durch den Senat zu bekommen, und muss sich möglicherweise häufiger auf Exekutivanordnungen berufen. Im Vereinigten Königreich hat der Finanzminister zwar die Geldschleusen geöffnet, nicht aber versprochen, dass dies für alle Zeiten so sein wird. Im Gegenteil - er hat die Rückzahlung der Kosten der COVID-19-Pandemie bereits thematisiert und ein Einfrieren der Gehälter im öffentlichen Sektor zur Sprache gebracht. In Kontinentaleuropa muss der europäische Aufbauplan noch umgesetzt werden; eine Erweiterung des Plans steht im Moment nicht zur Diskussion.

All das bedeutet, dass die Zentralbanken weiter die Hauptlast tragen. Sie werden weiterhin wirtschaftliche Unterstützung durch quantitative Lockerung bieten und sich auf das zusätzliche Angebot an Anleihen staatlicher Emittenten einstellen. Wir glauben daher, dass die Zinsen für recht lange Zeit niedrig bleiben werden.

[1] Die moderne Geldtheorie besagt im Wesentlichen, dass eine Regierung, die ihre eigene Währung ausgibt, immer Vollbeschäftigung haben kann, wenn die Zentralbank hinreichende öffentliche Ausgaben finanziert. Es handelt sich dabei um eine moderne Überarbeitung der New Deal-Politik der 1930er Jahre, allerdings mit dem Unterschied, dass man sich keine Gedanken darüber machen muss, woher das Geld kommt. Die theoretischen Vorzüge der modernen Geldtheorie werden in politischen und akademischen Kreisen heiss diskutiert.

Finden Sie hier den Original-Artikel "Verkaufswelle am Anleihenmarkt?" mit informativen Grafiken.

Finden Sie hier weitere Artikel von PICTET Asset Management.

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