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Azad Zangana (Schroders): Deutschland nach Merkel

24.09.2021

Die Ära Merkel neigt sich dem Ende zu. Die 16-jährige Regierungszeit der Kanzlerin brachte den Deutschen Stabilität und Wachstum. Ihr Abgang hinterlässt eine Lücke, den nicht nur ihre Partei mit Mühe füllen kann. Armin Laschet, Merkels Nachfolger als Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat von CDU/CSU, tut sich schwer, die Öffentlichkeit und die Herzen von Merkels früheren Anhängern für sich zu gewinnen.

Die Wahl an diesem Wochenende ist wahrscheinlich eine der offensten seit Jahrzehnten. Die Umfragen zum Wählerwillen schwankten in den letzten Monaten erheblich. Ende April überholten die Grünen die Union, um dann wieder zurückzufallen. Im Juli gerieten die Sympathiewerte für Laschet infolge eines unglücklichen Fotos beim Besuch von Flutopfern ins Rutschen. Die Zustimmung für ihn und seine Partei brach um etwa neun Prozentpunkte ein.

Nach dem derzeitigen Stand der Umfragen ist der Sozialdemokrat und derzeitige Vizekanzler sowie Finanzminister, Olaf Scholz, auf dem besten Weg, Merkel als Bundeskanzler abzulösen. Vorausgesetzt, er kann eine Koalitionsregierung unter Beteiligung der kleineren Parteien bilden. Die Union liegt nun auf dem zweiten Platz, die Grünen auf dem dritten, während die liberale FDP sich gerade noch auf dem vierten Platz halten kann.

Wie bei früheren Wahlen wird die künftige politische Agenda für Deutschland von der Zusammensetzung der nächsten Koalitionsregierung abhängen. Ein Wechsel von der Mitte-Rechts-Koalition unter Führung der Union zu einer Mitte-Links-Koalition unter Führung der SPD dürfte die bisherigen Fronten im politischen Spektrum aufweichen, wobei das Ausmaß der Verschiebung davon abhängt, welche Partner am Ende einer Koalition beitreten.

Wo liegt das Veränderungspotenzial der Wahl?

Den größten Spielraum für Veränderungen sehen wir vor allem in drei Politikbereichen.

1) Umweltpolitik. Angela Merkel hatte bereits damit begonnen, die deutsche Umwelt- und Energiepolitik auf einen nachhaltigeren Weg zu bringen. Zyniker würden sagen, dass dies eine Reaktion auf den Anstieg der Popularität der Grünen war. Daran mag durchaus etwas Wahres dran sein. Andererseits gibt es in der Umweltpolitik tatsächlich noch große Herausforderungen zu meistern. Das denkt offenbar auch ein großer Teil der Bevölkerung. Meinungsumfragen zeigen, dass die Umwelt für die Wähler die größte Sorge ist - noch vor dem Coronavirus Covid-19. Vor diesem Hintergrund ist die Umweltpolitik der Politikbereich, in dem wir die größte Wahrscheinlichkeit für Veränderungen sehen, unabhängig von der Zusammensetzung der nächsten Koalition.

2) Finanzpolitik. Die SPD möchte, dass öffentliche Investitionen von den fiskalischen Regeln, die einen ausgeglichenen Haushalt verlangen, ausgenommen werden. Die Grünen setzen ebenfalls auf mehr Ausgaben, die sie aus Steuermehreinnahmen bezahlen möchten. In Anbetracht der aktuellen Umfragewerte beider Parteien scheint eine lockerere Finanzpolitik daher wahrscheinlich.

3) Europapolitik. Manche in Deutschland beklagen, dass Merkel nicht stark genug für weitere institutionelle Reformen der Europäischen Union (EU) eingetreten ist. Dadurch seien die Bemühungen zur Integration der Union und zur Vertiefung der Beziehungen behindert worden. Die SPD scheint sich eher der französischen Auffassung von der Notwendigkeit einer weiteren Erweiterung und Integration der EU anzuschließen. Die FDP möchte die EU reformieren, um sie effektiver zu machen, will dabei aber nicht noch mehr Macht der Mitgliedsstaaten an die EU abgeben. Im Gegensatz dazu unterstützen die Grünen eine eventuelle Föderalisierung der EU. Umfragen deuten darauf hin, dass weitere EU-Integrationsschritte nach der Wahl wahrscheinlich sind, obwohl Merkel vor Kurzem mit der Einführung einer zentralen Kreditaufnahme (wenn auch nur für Notfälle) und dem "NextGenationEU"-Fonds einen Schwenk in diese Richtung vollzogen hat.

Obwohl eine Koalitionsregierung aus SPD und Union immer noch möglich ist (mit einem Wechsel an der Spitze der Regierung), ist es unwahrscheinlich, dass dies eine favorisierte Option sein könnte. Die Bildung einer großen Koalition im Nachgang der letzten Wahl hatte für zu viel Ernüchterung gesorgt. Mit derzeit größter Wahrscheinlichkeit spricht vielmehr einiges für eine SPD-geführte Koalition mit den Grünen und der FDP. Viele Kommentatoren spekulieren, dass die Union lieber in die Opposition gehen würde, um sich neu zu formieren, als Junior-Koalitionspartner zu sein.

Wenn die Union nicht zum Zuge gelangt, muss die SPD mit einer Kombination aus Grünen, FDP oder der Linken zusammenarbeiten, um eine funktionierende Mehrheit zu bilden. Eine Koalition mit allen drei kleineren Parteien ist zwar rechnerisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Die Linke ist die am weitesten linksstehende relevante Partei in der deutschen Politik. Und obwohl sie in einigen Punkten nicht allzu weit von den Ansichten und der Politik der SPD entfernt ist, erscheinen die Unterschiede vor allem zur FDP doch zu groß zu sein.

An dieser Stelle ist es erwähnenswert, dass wir ausschließen, dass alle der genannten Parteien mit der Alternative für Deutschland (AfD) zusammenarbeiten. Diese liegt derzeit in den Umfragen zwar bei über 10 Prozent. Dennoch ist die AfD zu rechts, nationalistisch und populistisch, als dass die anderen Parteien mit ihr ein Bündnis eingehen würden.

Eine Koalition von SPD, der FDP und den Grünen, die aufgrund ihrer Parteifarben oft als Ampelkoalition bezeichnet wird, würde sehr wahrscheinlich zu höheren öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur und möglicherweise zu einer progressiveren Besteuerung führen. Die FDP würde sich wahrscheinlich den Versuchen widersetzen, die strengen deutschen Steuervorschriften zu lockern, aber sie muss möglicherweise Kompromisse eingehen, um an der nächsten Regierung beteiligt zu werden.

Werden CDU/CSU noch eine tragende Rolle spielen?

So wie Angela Merkel in der Vergangenheit andere Koalitionspartner aufgefordert hat, ihre Rolle als Juniorpartner in der Regierung anzunehmen, bestehen unserer Ansicht nach gute Chancen, dass die Union diesen Ratschlag nun auch selbst berücksichtigen könnte. Denn, wenn die Union ihre bisherige Politik wirklich verteidigen will, dann sollte sie sich um eine Beteiligung an der nächsten Regierung bemühen. Wie bereits erwähnt, könnte sich eine Koalition mit der SPD allein als unpopulär erweisen, so dass eine Zusammenarbeit mit den Grünen oder der FDP vorstellbar wäre. Beide Koalitionspartner wären grundsätzlich möglich. Aus Sicht der SPD, kämen allerdings wohl nur die Grünen infrage, da die politische Nähe zu ihnen am größten ist.

Die Grünen machen vor allem mit Umweltthemen Wahlkampf, was auf große Zustimmung stößt. Wenn die Grünen jedoch über Steuerpolitik und soziale Gerechtigkeit diskutieren, verlieren sie aufgrund ihrer eher interventionistischen, idealistischen Haltung viel Unterstützung. Die deutschen Wähler sind nach wie vor sehr konservativ, wenn es um die Steuerpolitik geht. In einer Koalition mit SPD und Union könnten die Grünen in der Umweltpolitik die Führung übernehmen, während SPD und Union sich um den Rest kümmern.

Schlussbetrachtung

Diese Wahl ist ohne Frage ein wichtiger Meilenstein für Deutschland. Aus Sicht der Anleger wird der Ausgang voraussichtlich allerdings weniger aufregend sein. Einzig eine rot-rot-grüne Koalition hätte das Potenzial, die Märkte zu erschrecken. Dazu dürfte es aller Voraussicht nach jedoch nicht kommen.

Sollten die Umfragen zutreffen, erwarten wir für die kommenden Jahre eine expansivere Finanzpolitik mit höheren Investitionen in öffentliche Dienstleistungen und Infrastruktur. Wir rechnen auch mit einer Aufweichung der Beziehungen zu Europa und einer größeren Offenheit gegenüber der EU-Integration.

Auch wenn die finalen Ergebnisse schon bald vorliegen, werden die Verhandlungen zur Bildung der nächsten Koalition angesichts der Vielzahl der möglichen Kombinationen wahrscheinlich eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Der neue Bundeskanzler oder die neue Bundeskanzlerin wird möglicherweise nicht vor 2022 in sein bzw. ihr Amt eingeführt.


Rechtliche Hinweise:

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von dem Autor und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Diese können sich ändern.


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