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Prof. Dr. Jan Viebig (Oddo BHF): Wenn die Kanonen donnern

04.03.2022 - Kaufen, wenn die Kanonen donnern? Letzte Woche haben wir die Frage angesichts des Krieges in der Ukraine mit einem Nein beantwortet. Und wir bleiben dabei: Es ist noch zu früh zu kaufen angesichts der hohen Unsicherheit. Bereits am 14.02.2022 - zehn Tage vor Ausbruch des Krieges - haben wir uns im Global Investment Committee der ODDO BHF Bank entschieden, die Aktienquoten zu reduzieren. Für die Entscheidung, die Aktienquoten zu reduzieren, waren zwei Punkte entscheidend. Russland hatte Militär an der Grenze zusammengezogen und die diplomatischen Gespräche blieben erfolglos. Wir haben damals geschrieben, dass die Situation an das Buch "Schlafwandler" von Christopher Clark erinnert, da Militär aufmarschiert, die Rhetorik sich verhärtete und Europa in einen Konflikt schlittern könnte. Es kam schlimmer: Putin hat das Völkerrecht gebrochen und einen Krieg begonnen, der unendliches menschliches Leid auslöst, um seine Machtambitionen in der Ukraine durchzusetzen.

Der zweite Punkt für unsere vorsichtigere Haltung war der Anstieg der Inflation. Die Inflation ist derzeit in den USA und in Europa so hoch wie zuletzt in den 1980er Jahren. Der Krieg führt nun zu einem Angebotsschock. Die Preise von Öl und Erdgas steigen. Dies führt zu einer noch höheren Inflation und könnte die Zentralbanken dazu veranlassen, die Zinsen zu erhöhen. In den USA werden die Zinsen in diesem Jahr wahrscheinlich mindestens vier Mal angehoben werden. Vermutlich werden wir bis zum Frühjahr 2024 einen Zinsanstieg von 2% in den USA sehen. Ein Zinsanstieg bedeutet, dass die zukünftigen Gewinne und Cashflows von Unternehmen mit einem höheren Abzinsungsfaktor diskontiert werden müssen und daher der intrinsische oder faire Wert von Aktien fällt.

Schlimmer als erwartet

Vor ein paar Wochen konnten sich nur wenige eine großangelegte Invasion der Ukraine durch Russland mit ca. 200000 Soldaten vorstellen. Die Befürchtungen sind leider traurige Realität geworden. Aus russischer Sicht verläuft die Militäroperation bisher schleppend. Russland verstärkt seinen Artilleriebeschuss und nimmt zunehmend zivile Einrichtungen wie Wohngebäude ins Visier. Heute wurde von einem Beschuss eines Kernkraftwerks in den Medien berichtet. Die Zahl der gefallenen Soldaten und Zivilisten steigt auf beiden Seiten merklich an. Die härtesten Wochen stehen dem ukrainischen Volk wohl noch bevor.

Die Einheit des Westens

Die Antwort der westlichen Staaten auf die russische Invasion war schnell und bestimmt. Vier Tage Krieg haben Nord Stream 2 gestoppt und zu einer 180 Grad Wende in der deutschen Außenpolitik geführt. Der Bundeswehr werden in einem Sondervermögen 100 Mrd. EUR für modernes Einsatzgerät zur Verfügung gestellt. In den nächsten Jahren soll der NATO-Referenzwert für Verteidigungsausgaben von 2% des BIP übererfüllt werden. Nach langem Zögern liefert Deutschland nun doch Panzerfäuste und Boden-Luft-Raketen.1 Die Geschlossenheit der westlichen Staaten ist auch in der Härte der verhängten Sanktionen spürbar. Diese zielen vor allem auf die Isolierung Russlands vom internationalen Finanzsystem. Die zwei schärfsten Schwerter sind SWIFT und das Einfrieren der Devisenreserven. Der Ausschluss zahlreicher russischer Banken aus SWIFT (Kommunikationsnetzwerk für Finanztransaktionen) macht grenzüberschreitende Zahlungen zwischen Banken unsicherer und aufwändig. Ein merklicher Rückgang des russischen Außenhandels und Arbeitsplatzverluste in der Exportindustrie sind die wahrscheinlichen Folgen. Öl- und Erdgaslieferungen sind von den Sanktionen bisher nicht betroffen.

Somit sind etwa 50% der russischen Exporte weiterhin über SWIFT abwickelbar. Warum? Weil die europäischen Staaten stark von den Energielieferungen Russlands abhängig sind und insbesondere beim Erdgas kurzfristig kaum alternative Bezugsquellen erschlossen werden können.

Der zweite Sanktionsknüppel ist das Einfrieren der Devisenreserven der Bank of Russia. Ende Januar 2022 beliefen sich diese auf stattliche 630 Mrd. USD, die zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine und zur Stabilisierung des Wechselkurses hätten verwendet werden können.2 Mehr als 60% der Devisenreserven sind eingefroren, da diese in Euro, US-Dollar, Pfund und Yen gehalten werden.

Der große Rest wird in Gold und Renminbi gehalten. Damit könnten Waren aus China weiterhin bezahlt werden. Kurzfristig hohe Volumina an Gold über die internationalen Finanzmärkte zu veräußern, ist jedoch schwierig. Der Mangel an noch veräußerbaren Devisenreserven ist der Grund für den verheerenden Absturz des Rubels, der seit Jahresbeginn 56% seines Werts gegenüber dem US-Dollar verloren hat. Der Versuch der Bank of Russia, mit einem Zinsanhebungsschock von 9,5% auf 20% den Wechselkurs zu stabilisieren, war vergeblich.

Die Sanktionen gegen die Bank of Russia haben, wie sich bereits jetzt abzeichnet, vermutlich weitreichende Folgen für die ohnehin wachstumsschwache russische Wirtschaft. Die Abwertung des Rubels verteuert die Importe und kann zu steigender Inflation führen. Gleichzeitig senkt der Leitzins von 20% die Kreditvergabe und wirkt somit dämpfend auf Investitionen und Wachstum.

Die Zukunft ist ungewiss

Wie geht es denn nun langfristig weiter in der Ukraine? Verschiedene Szenarien sind vorstellbar. Die Situation ist jedoch so unsicher, dass man derzeit keine verlässlichen Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Szenarien festlegen kann.

Konventionelle Eskalation des Krieges:

Russland lässt den Konflikt weiter eskalieren. Dies ist unseres Erachtens leider das wahrscheinlichste Szenario, da Russland massiv Truppen aufmarschieren lässt. Putin scheint bereit, den Krieg weiter eskalieren zu lassen, um die Ukraine zu einem Vasallenstaat Russlands zu machen. Wir befürchten, dass Russland ein Blutbad in Kiew in Kauf nehmen wird, um die demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine völkerrechtswidrig zu stürzen und ein Moskau höriges Regime in der Ukraine zu installieren.

Friedensschluss:

Ein Friedenschluss ist derzeit nicht absehbar, da die Verhandlungspositionen zu weit auseinander liegen. Putin fordert die Anerkennung der Krim als russisches Staatsgebiet, die Unabhängigkeit der Regionen Luhansk und Donezk und die Entmilitarisierung der restlichen Ukraine. Die Ukraine besteht zurecht auf der Souveränität des Landes. Die machtpolitischen Ambitionen Putins und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine sind nicht vereinbar. Hoffnung für einen Friedensschluss gäbe es, wenn sich die russische Bevölkerung gegen Putin wenden würde. Dies ist derzeit aber leider nicht absehbar, da Putin den Repressionsapparat gegen das eigene Volk einsetzt und freie Meinungsäußerungen brutal unterdrückt.

Extremszenarien:

Wir alle hoffen, dass keine Extremszenarien eintreten. Aber leider kann man den Einsatz taktischer Nuklearwaffen nicht völlig ausschließen, nachdem Putin die Atomstreitkräfte in einen höheren Bereitschaftsgrad versetzt hat. Auch ein Unfall in einem der 15 Atomkraftwerke in der Ukraine, von denen Ende Februar vermutlich noch 9 in Betrieb waren, ist nicht mit Sicherheit auszuschließen. Eine Ausweitung des Krieges jenseits der Ukraine ist vorstellbar angesichts der russischen Aggression. Eine Konfrontation mit der NATO erscheint unwahrscheinlich, kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Einige Kommentatoren befürchten, dass China die Situation ausnutzen könnte, um Taiwan zu überfallen. Wir hoffen, dass all diese Extremszenarien nicht eintreten. Aber mit absoluter Sicherheit können die genannten Extremszenarien leider nicht mehr ausgeschlossen werden.

Was ein Krieg wirtschaftlich bedeutet

Ein Rückblick in die Geschichte vergangener Kriege zeigt, welche Folgen für Wirtschaft und Finanzmärkte erwartet werden können.

  1. Steigende Risikoprämien: Krieg bedeutet, dass die Risikoprämien steigen und die Volatilität damitzunimmt Damit steigt das Verlustrisiko
  2. Angebotsschock: Die Rohstoffpreise (z.B. für Öl und Erdgas) steigen, was preistreibend wirkt. Die Inflation steigt weiter. Schon heute ist die Inflation so hoch wie zuletzt in den 1980er Jahren.
  3. Nachfragerückgang: Die Nachfrage verlangsamt sich aufgrund der Sanktionen und der kriegerischen Auseinandersetzungen. In den USA erwarten wir, dass die Fed mit Zinserhöhungen im März 2022 beginnt. Die EZB könnte den Nachfragerückgang als Argument nutzen, die angesichts der hohen Inflation notwendigen Zinserhöhungen weiter zeitlich zu verzögern.
  4. Fiskalpolitische Maßnahmen und Verschuldung: Höhere Rüstungsinvestitionen und andere fiskalpolitische Maßnahmen könnten den negativen Wachstumseffekten des Krieges und der Sanktionen entgegenwirken. Die ohnehin zu hohe Verschuldung vieler Staaten würde damit aber weiter steigen.
  5. Rezessionswahrscheinlichkeit: Die Wahrscheinlichkeit für eine globale Rezession ist derzeit gering. Die Rezessionswahrscheinlichkeit etwa in den USA liegt derzeit bei rund 10%. Ein guter Indikator für zukünftige Rezessionen ist aus unserer Sicht die Zinsstrukturkurve. Eine Verflachung der Zinsstrukturkurve würde darauf hindeuten, dass das Rezessionsrisiko steigt.

Fazit: Die Risiken sind deutlich gestiegen. In diesem Umfeld hat der Vermögenserhalt oberste Priorität. Wir bleiben daher bis auf weiteres weiter vorsichtig positioniert.

1 Vgl. Bundesministerium der Verteidigung

2 Vgl. Bank of Russia


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