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Dr. Andrea Siviero (ETHENEA): Stagflation, wiederholen sich die 1970er Jahre?

28.02.2022 - Die kräftige Belebung der Wirtschaftsleistung wurde durch die raschen und beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie angetrieben. Versorgungsengpässe und steigende Energiepreise beschleunigten jedoch die weltweite Inflation. Die Kombination aus langsamerem Wachstum und Inflationsdruck hat zu der Vermutung geführt, dass die Weltwirtschaft vor einer Stagflation stehen könnte - ähnlich wie in den 1970er Jahren. Dr. Andrea Siviero, Investment Strategist bei ETHENEA Independent Investors S.A., erklärt wie hoch die Chancen hierfür sind.

Was ist Stagflation?

Zunächst einmal wird Stagflation als eine Phase hoher Inflationsraten definiert, die mit einem schleppenden Wirtschaftswachstum und einer konstant hohen Arbeitslosigkeit einhergeht. Sie kann durch Angebotsschocks, durch eine fehlerhafte Wirtschaftspolitik oder durch eine Kombination aus beidem hervorgerufen werden. Für die politischen Entscheidungsträger ist eine Stagflation eine besondere Herausforderung, da die meisten Maßnahmen zur Senkung der Inflation das Wachstum beeinträchtigen und die Arbeitslosigkeit erhöhen können, während Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit die Inflation noch verschlimmern können. Stagflation ist jedoch ein seltenes Phänomen, da eine schwache Nachfrage die Preise tendenziell drückt, sodass ein Selbstkorrekturmechanismus die Dauer der Rezessionsphase abmildern sollte.

Das derzeitige Umfeld mit verlangsamtem Wachstum und anhaltend hoher Inflation birgt große Risiken für das globale Wachstum. Eine anhaltend hohe Inflation kann zu einer Verschärfung der finanziellen Rahmenbedingungen und einer schwächeren Wachstumsdynamik führen, da die Produktion eingeschränkt ist und das Verbrauchervertrauen beeinträchtigt wird. Eine übermäßig aggressive Straffung der Maßnahmen könnte jedoch zum Abbruch der wirtschaftlichen Erholung führen, hätte aber kaum Auswirkungen auf die Eindämmung des kostentreibenden Inflationsdrucks, da dieser das Ergebnis von Problemen auf der Angebotsseite ist.

Zurück in die 1970er Jahre?

Die Rezessionen der 1970er und 1980er Jahren waren die Ergebnisse einer einzigartigen Reihe von historischen Ereignissen, einer unangemessen lockeren Geldpolitik, einigen politischen Fehlentscheidungen, einer historischen Veränderung des internationalen Währungssystems und wurden von zwei schweren Ölschocks begleitet. Obwohl die Herausforderungen der gegenwärtigen Situation nicht von der Hand zu weisen sind, unterscheidet sich das heutige Umfeld in mehrfacher Hinsicht von der Situation in den 1970er Jahren.

Wirtschaftlicher Kontext

Zum einen sind der Zeitpunkt, die Unmittelbarkeit und die Abfolge der Ereignisse der COVID-19-Krise andere als in den 1970er und 1980er Jahren. Im Jahr 2020 traf COVID-19 die Inflation und das Wachstum als außergewöhnlicher Schock derart unerwartet, dass es zu einem gleichzeitigen und plötzlichen Einbruch beider kam. Die beispiellose politische Reaktion verhinderte eine globale Depression und führte zu einer sehr ungewöhnlichen und raschen globalen Erholung, die durch einen sprunghaften Anstieg der Gesamtnachfrage ausgelöst wurde. Die starke Erholung der Gesamtnachfrage konnte nicht durch ein durch Restriktionen und Lockdowns beeinträchtigtes Angebot gedeckt werden, sodass sich die Weltwirtschaft derzeit in einer schwierigen Anpassungsphase befindet.

Dieses Ungleichgewicht führt zu einem überraschend hartnäckigen Inflationsdruck. Jedoch ist - anders als in den Rezessionen der 1970er Jahre - das Wirtschaftswachstum robust, die Arbeitslosenquoten liegen nahe am oder unter dem Niveau von vor der Pandemie und die Gefahr einer bevorstehenden Rezession ist gering. Nach der starken Erholung der Weltwirtschaft im Jahr 2021 prognostiziert der IWF für 2022 ein gesundes, über dem Trend liegendes Wachstum von 4,4 %.

Glaubwürdigkeit der Geldpolitik

Zum anderen trugen damals die lockere Politik der Fed und das Fehlen einer klaren Verankerung ihres geldpolitischen Rahmens zum Verlust ihrer Glaubwürdigkeit bei, was die große Inflation der 1970er Jahre verursachte. Das ist heute anders. Seit Anfang der 1990er Jahre haben die Unabhängigkeit der Zentralbanken und die schrittweise Einführung von Inflationszielen die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken bei der Inflationsbekämpfung erheblich verbessert.

Im vergangenen November begann die Fed, ihre außerordentlich lockere Politik zurückzunehmen und wurde im Dezember deutlich restriktiver, was auf ein beschleunigtes Normalisierungstempo im Jahr 2022 hindeutet. Trotz der Meinung einiger Ökonomen, die Fed habe zu spät reagiert, demonstriert sie ihre Entschlossenheit, die Verfestigung des Inflationsdrucks zu verhindern. Die jüngste Entwicklung der Inflationserwartungen (gemessen an der 10-jährigen US-Treasury-Inflationserwartung) verleiht der Fed in ihrer Rolle als Inflationsbekämpferin zusätzliche Glaubwürdigkeit.

Inflationärer Kontext

Drittens ist der jüngste Inflationsdruck, wie bereits erwähnt, in erster Linie das Ergebnis der beispiellosen weltweiten politischen Unterstützung in Folge der Pandemie. Die starke Belebung der Wirtschaftstätigkeit, die steigenden Energiepreise und die ungewöhnlichen pandemiebedingten Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage werden wahrscheinlich allmählich abklingen, sobald sich die Weltwirtschaft wieder im Gleichgewicht befindet und die pandemiebedingten Turbulenzen überwunden sind.

Jüngste Erhebungen deuten darauf hin, dass die Engpässe bei den Inputs und die Unterbrechungen der Lieferketten ihren Höhepunkt erreicht haben und sich allmählich abschwächen, da die Pandemie zunehmend besser in den Griff zu bekommen ist und die höheren Preise die Investitionen in die Produktionskapazitäten ankurbeln.

In einigen Ländern sind die Arbeitsmärkte angespannter, aber es gibt keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass der Inflationsdruck generalisierte Zweitrundeneffekte erzeugt und zu weit verbreiteten Lohnerhöhungen führt. Der Arbeitsmarkt dürfte mit der Verbesserung der Gesundheitssituation allmählich wieder ins Gleichgewicht kommen und der Arbeitskräftemangel könnte die Unternehmen sogar dazu zwingen, den Automatisierungsprozess zu beschleunigen.

Die Inflation ist aktuell hartnäckiger als noch vor einigen Monaten erwartet und auch wenn das kurzfristige Inflationsumfeld höchst ungewiss ist, deutet es auf keine Wiederholung der großen Inflation der 1970er Jahre hin. Auch die langfristige Inflationsdynamik gibt diesbezüglich keinen Anlass zur Sorge. Die geldpolitische Normalisierung wird zur Eindämmung der Inflation beitragen, indem sie die Gesamtnachfrage bremsen, während die allmähliche Beseitigung von Angebotsknappheit und Engpässen dazu beitragen dürfte, den von den Kosten ausgehenden Inflationsdruck zu verringern.

Erhebliche Herausforderungen am Horizont

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es wohl nicht zu einer Stagflation wie in den der 1970er Jahren kommen wird. Dennoch sollten die aktuellen Risiken nicht unterschätzt werden. Die Inflationsrisiken tendieren nach oben und könnten sich konkretisieren, wenn das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage länger als erwartet anhält. Je länger die Angebotsunterbrechungen andauern, desto größer ist das Risiko, dass die kostengetriebene Inflation zu Zweitrundeneffekten und einem stärkeren strukturellen Inflationsdruck führt, der das Wirtschaftswachstum einschränkt.

Rasch steigende Inflationserwartungen und das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale könnten die großen Zentralbanken zu einer übermäßig starken Straffung der Geldpolitik veranlassen, was zu einer erhöhten Marktvolatilität führen und ihre Volkswirtschaften zurück in die Rezession führen könnte.

Der Konflikt in der Ukraine und die daraus resultierenden Sanktionen der USA und Europas erhöhen den Druck auf die Rohstoff- und Energiepreise und werden zu einem langsameren Wirtschaftswachstum führen. Die Weltwirtschaft wird von einem kombinierten Angebots- und Nachfrageschock getroffen, der das Wirtschaftswachstum schwächen und den Inflationsdruck weiter verstärken wird. Daher sind die Stagflationsrisiken erheblich erhöht. Die Zentralbanken werden mit einem noch schwierigeren Balanceakt konfrontiert und müssen ihre aggressiven Normalisierungspläne wahrscheinlich sorgfältig überdenken.

Eine sanfte Landung der Wirtschaft im Jahr 2023 wird eine Gratwanderung. Sie erfordert eine Kombination aus moderatem Wirtschaftswachstum, einer schrittweisen Rückkehr der Inflation zum Zielwert und einer allmählichen geldpolitischen Anpassung. Die Zentralbanken müssen flexibel bleiben, die politischen Maßnahmen müssen abhängig von den Daten ergriffen, gut kommuniziert werden und verhältnismäßig sein, um einen Rückfall in das verhaltene Wachstum vor der Pandemie zu vermeiden.


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