Anzeige
Mehr »
Login
Dienstag, 07.05.2024 Börsentäglich über 12.000 News von 687 internationalen Medien
Diese Aktie hebt ab: +130,67% Kursgewinn in 1 Monat – das sind die Gründe
Anzeige

Indizes

Kurs

%
News
24 h / 7 T
Aufrufe
7 Tage

Aktien

Kurs

%
News
24 h / 7 T
Aufrufe
7 Tage

Xetra-Orderbuch

Fonds

Kurs

%

Devisen

Kurs

%

Rohstoffe

Kurs

%

Themen

Kurs

%

Erweiterte Suche
Asset Standard
455 Leser
Artikel bewerten:
(1)

Pilar Gomez-Bravo (MFS): Investieren in Kriegszeiten

21.03.2022 -

Im Überblick
  • Konjunktur: Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen dürften größere Auswirkungen auf die Inflation als auf das Wachstum haben.
  • Geldpolitik: Die Notenbanken werden vorsichtig sein, dürften sich aber kaum von einer Normali-sierung der Geldpolitik und Zinserhöhungen abhalten lassen. Falls das Wachstum nicht so stark einbricht, dass die Inflation kein Thema mehr ist, sollte man sich auf Zinserhöhungen einstellen.
  • Credits: An den Credit-Märkten kommt es allmählich zu großen Verzerrungen. Die mangelnde Liquidität durch viele nicht börsengehandelte Titel verstärkt die Unsicherheit.
  • Volatilität: In Krisen- und Kriegszeiten sind die Märkte stets volatil. Dies führt zu Fehlbewertungen, was für langfristig denkende, aktive Investoren auch eine Chance ist.

In den letzten Jahren herrschte an Herausforderungen für Weltwirtschaft und Märkte wahrlich kein Mangel. "Wenn die Leiden kommen, so kommen sie wie einzelne Späher nicht, nein, in Geschwadern", heißt es im Hamlet.1 Oder profaner: Ein Unglück kommt selten allein. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und schon löst die russische Invasion der Ukraine eine massive internationale Krise aus. Aber was bedeutet der Krieg für Weltwirtschaft, Inflation und Märkte?

Konjunktur

Entscheidend ist, ob das Wachstum durch die Krise so stark einbricht, dass die Inflation mittelfristig wieder fällt. Kurzfristig verstärkt der Krieg die Teuerung aber, da die Energie- und Rohstoffpreise steigen. Weil außer-dem das Wachstum zurückgeht, fürchtet man eine weltweite Stagflation. Schon oft haben Kriege Inflation und Anleihenrenditen steigen lassen.

Ein exogener Angebotsschock ist nichts, auf das Notenbanken reagieren sollten. Allerdings war die Inflation schon vor der neuen Krise viel zu hoch und hartnäckig. Natürlich wird sie jetzt weiter steigen. Unklarer ist aber, was das für das Wirtschaftswachstum bedeutet. Noch wissen wir nicht, wie stark es einbricht. Entscheidend wird sein, wie massiv der Krieg wird und wie lange er dauert, welche Sanktionen verhängt werden (es werden immer mehr) und ob neue Konjunkturprogramme kommen.

Vor dem Krieg ist die Weltwirtschaft stark gewachsen. Das größte Risiko sind jetzt höhere Rohstoffpreise, die schlimmstenfalls eine weltweite Rezession auslösen. Grundsätzlich glauben wir aber, dass Krieg und Sanktionen in nächster Zeit eher die Inflation treiben als das Wachstum schwächen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Notenbanken zwar vorsichtiger sein werden, an den Zinserhöhungen aber festhalten. Selbstverständlich bleiben aber Extremrisiken für das Wirtschaftswachstum. Bricht es ein, werden die Notenbanken ihren Kurs ändern.

Groß werden allerdings die regionalen Unterschiede sein, da der Energiepreisanstieg die Länder unterschiedlich trifft - es gibt Importeure und Exporteure. Hinzu kommen unterschiedlich enge Handelsbeziehungen mit Russland und der Ukraine, und nicht allen Ländern steht das gleiche geld- und fiskalpolitische Instrumen-tarium zur Verfügung.

Europa

Zweifellos ist Europa vom russischen Einmarsch in die Ukraine am stärksten betroffen. In Deutschland rechnen wir mit einer technischen Rezession, also einer schrumpfenden Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen (dem 4. Quartal 2021 und dem 1. Quartal 2022). Zu Jahresbeginn waren die Wachstumserwartungen für den Euroraum aber recht hoch. Konsens war, dass das BIP 2022 um gut 4% wächst, da sich die Outputlücke nach dem Neustart der Wirtschaft rasch schloss. Es ist schwer zu sagen, ob wir diese Erwartungen jetzt ganz ad acta legen müssen. Viel dürfte davon abhängen, ob die Sanktionen weiter verschärft werden, etwa durch Öl- oder Gasembargos. Der Euroraum ist stark von russischer Energie abhängig, vor allem von russischem Gas. Das gilt speziell für Deutschland und Italien.

Weil steigende Energiepreise die realen Haushaltseinkommen schmälern, dürfte die Konsumnachfrage fallen. Stagflation - steigende Inflation bei stagnierender Wirtschaftsleistung - ist für den Euroraum ein reales Risiko. Um das Ausmaß des Nachfrageschocks einschätzen zu können, wird man sich das Verbrauchervertrauen und das Geschäftsklima im März genau ansehen müssen. Stagflation ist in der Regel schlecht für nominal verzinsliche Assets mit langer Duration. Weder bei Anleihen noch bei Aktien ist dann mit realen Erträgen zu rechnen, vor allem, wenn sie hoch bewertet sind.

Von den großen Notenbanken hat es die Europäische Zentralbank (EZB) daher jetzt am schwersten. Vielleicht zögert sie die Zinserhöhung noch etwas hinaus, um sich angesichts der Unsicherheit alles offenzuhalten. Sicherlich wird sie aber stark auf die Konjunkturdaten achten. An der geplanten Reihenfolge - erst das Ende der Wertpapierkäufe, dann Zinserhöhungen - wird sich aber nichts ändern, und das Pandemie-Notfallkaufprogramm (PEPP) wird wie erwartet enden. Auch das reguläre Wertpapierkaufprogramm (APP) dürfte noch in diesem Jahr auslaufen. Vielleicht wird sich die EZB neue Instrumente überlegen, um ein Ausein-anderdriften des Euroraums zu verhindern (wenn die Finanzierungskosten an der Peripherie höher sind als in Kerneuropa) oder eine ungewollte Straffung der Finanzbedingungen zu stoppen.

Sehr wichtig werden die Projektionen der EZB-Mitarbeiter ("Staff Projections") sein. Sie sind ein Frühindikator für die Auswirkungen des Krieges auf Wachstum und Inflation. Die EZB wird auch genau auf den Wechselkurs achten. Zurzeit nähert sich der Euro rasch einem Niveau, wie wir es zuletzt auf dem Höhepunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 gesehen haben.

USA

Anders als der Euroraum ist die US-Wirtschaft gut gegen externe Einflüsse geschützt. Teureres Öl und straffere Finanzbedingungen werden die Konjunktur sicher schwächen. Vor dem Krieg drohte den USA aber eine Überhitzung mit einer Überauslastung der Wirtschaft. Viele hielten die Straffung der US-Geldpolitik daher für zu langsam und meinten, dass die Fed im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation schneller hätte straffen müssen. Schließlich ist das Quantitative Easing noch immer nicht beendet.

Durch die Schieferölrevolution wurden die USA von ausländischer Energie unabhängig, auch wenn das Land manche Ölsorten noch immer importiert, weil die amerikanischen Raffinerien sie leichter verarbeiten können. Die USA sind jetzt aber auch ein Ölexporteur. Die Haushalte stehen nach der Pandemie wesentlich besser da als zuvor. Sie sind niedriger verschuldet und haben mehr gespart, und dank der großzügigen Staatshilfen der letzten Jahre sind ihre Vermögen gestiegen. Die Fed dürfte die Geldpolitik daher so lange straffen, wie man sich keine wirklichen Rezessionssorgen machen muss. Wegen der zurzeit sehr niedrigen Renditen und der aufgeblähten Fed-Bilanz sehen wir dazu zurzeit keine Alternative. Die Güterpreisinflation ist noch immer hoch, dürfte aber in der zweiten Jahreshälfte 2022 zurückgehen - aufgrund von Basiseffekten und weil die Verbraucher wieder weniger Güter und mehr Dienstleistungen kaufen.

Die Lieferengpässe lassen zwar nach, existieren aber noch immer und könnten auch länger anhalten, weil auf die Pandemie der Krieg folgte. Russland und die Ukraine sind für eine Reihe von Sektoren wichtige Vorprodukt- und Grundstofflieferanten und große Exporteure landwirtschaftlicher Rohstoffe. Auch die Dienstleistungsinflation, die einen wesentlich größeren Anteil an der Teuerung hat als der Güterpreisanstieg, legt weiter zu, solange die Normalisierung nach Corona noch nicht abgeschlossen ist. Starrere Indexkomponenten wie Mieten und kalkulatorische Mieten dürften sich ebenfalls weiter verteuern, und auch die Löhne und Gewinne im Dienstleistungssektor steigen weiter.

Aus unserer Sicht erfordern die Stärke der US-Wirtschaft und die höheren Inflationserwartungen sofortige Maßnahmen der Fed. Wenn die US-Notenbank die Geldpolitik jetzt nicht stärker strafft, wird sie dies im weiteren Verlauf des Jahres umso mehr tun müssen. Erfreulich ist hingegen, dass die langfristigen Inflationserwartungen nicht so stark zu steigen scheinen. Offensichtlich kann man noch auf eine Vollbremsung verzichten, die zur Rezession führen würde. Daher kann die Fed zunächst einmal dabei bleiben, dass die Geldpolitik "behutsam" gestrafft wird.

China

Durch den Krieg in der Ukraine steht auch Chinas Umgang mit Taiwan wieder im Blickpunkt. Eine Intervention ist möglich, doch halten wir dies eher für ein mittelfristiges als für ein kurzfristiges Risiko. Unterdessen lockert China seine Geld- und Fiskalpolitik weiter, um das eher mäßige Wachstum zu fördern. Vermutlich muss hier aufgrund der instabilen Weltlage noch mehr getan werden, vor allem bei den Kommunalausgaben. Das gerade bekannt gegebene Wachstumsziel von 5,5% für dieses Jahr ist unerwartet hoch; der IWF rechnet nur mit unter 5%. Um es zu erreichen, müssen Geld- und Fiskalpolitik weiter gelockert werden.

COVID-19 und die chinesische Null-COVID-Politik haben das Wachstum ebenso massiv gedämpft wie die staatlichen Maßnahmen gegen den Immobiliensektor. Der Krieg in der Ukraine bedeutet auch für China neue Risiken für die Ernährungs- und Energiesicherheit, gegen die die Notenbank nichts tun kann. Auch die Angebotsengpässe erfordern staatliches Handeln. Im Vorfeld des 20. KP-Parteitags in diesem Jahr legt Präsident Xi Jinping größten Wert auf wirtschaftliche Stabilität. Xi möchte sich auf dem Kongress zum dritten Mal zum Parteichef wählen lassen, was es bislang noch nie gab.

China bleibt damit die einzige große Volkswirtschaft, die an einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik festhält, während andere ihre Geldpolitik straffen. Wir rechnen mit höheren Infrastrukturausgaben, doch werden sie angesichts der anhaltenden Zweifel an der finanziellen Stabilität und der hohen Verschuldung maßvoll bleiben. Alles in allem bleibt die Corona-Inzidenz die wichtigste Unbekannte für die chinesische Konjunktur.

Andere Länder

Wachstum und Inflation der übrigen Länder hängen maßgeblich davon ab, ob sie Öl importieren oder exportieren und wie viel Spielraum Geld- und Fiskalpolitik haben. Einige Notenbanken, etwa in Norwegen, Neuseeland, Südkorea und Großbritannien, haben die Zinsen frühzeitig angehoben, während andere damit noch nicht begonnen haben, zum Beispiel in Australien und Schweden. Für die Emerging-Market-Notenbanken ist der Wechselkurs zum US-Dollar entscheidend. Viele haben die Zinsen letztes Jahr vorausschauend angehoben. Sollte der Dollar aber stärker aufwerten, könnte dies noch nicht reichen, vor allem wegen der höheren Nahrungsmittel- und Energiepreisinflation. Länder, die bislang noch nicht gestrafft haben, werden schnell handeln müssen.

Anleihen

Solange in der Ukraine gekämpft wird, rechnen wir mit mehr Volatilität. Gemessen am MOVE Index war die Zinsvolatilität zuletzt so hoch wie auf dem Höhepunkt der Pandemie. Dagegen war die Aktien-volatilität gemessen am VIX im März überraschend moderat, lag aber ebenfalls über dem Durchschnitt. Industrieländeraktien haben durchweg verloren, wobei das Minus in Europa verständlicherweise am größten war und man nicht mehr weit von einer Baisse entfernt schien. Deutsche Aktien waren zuletzt im März und April 2020 so volatil wie jetzt. Sehr hoch ist auch die implizite Volatilität von Credits, da Investoren liquide Absicherungsmöglichkeiten mit Credit-Default-Swaps(CDS)- und iTraxx-Indexanlagen nutzen.

Credits

An den Credit-Märkten sorgt die derzeitige Unsicherheit allmählich für große Bewertungsverzerrungen.

Emerging Markets (EM): Fremdwährungsstaatsanleihen und Unternehmensanleihen reagieren noch immer auf die Auswirkungen der Sanktionen. Die Einzelwertauswahl verspricht große Chancen, da sich die einzelnen Märkte sehr unterschiedlich entwickeln, was sich vor allem mit der unterschiedlichen Abhängigkeit von Energie- und Lebensmittelimporten erklären lässt. Weitere Abflüsse aus der Assetklasse könnten Dominoeffekte zur Folge haben. Auch fürchtet man am Markt schärfere Sanktionen.

High-Yield-Unternehmensanleihen: Amerikanische Hochzinsanleihen haben sich besser gehalten als die High-Yield-Märkte anderer Länder. Wegen der guten US-Konjunktur überrascht das nicht, zumal der US-Markt vor allem aus inländischen Emittenten besteht und viele Energieunternehmen von den höheren Ölpreisen profitieren. Die Finanzen der meisten High-Yield-Emittenten sind gut, ebenso wie ihre Liquidität und ihre Bilanzen. In den letzten Jahren war ihnen die sehr expansive Geld- und Fiskalpolitik zugutegekommen, was zu außerordentlich niedrigen Ausfallquoten geführt hat.

Dennoch haben sich die Spreads amerikanischer High-Yield-Anleihen seit Jahresbeginn ausgeweitet. Das lag aber weniger am russischen Angriff als an der Sorge, dass die Fed die Geldpolitik zu stark strafft und damit einen Fehler macht. Wenn die US-Wirtschaft die Krise gut übersteht, werden solche Befürchtungen wieder aufleben. Einmal mehr könnten dann auch bonitätsstärkere US-High-Yield-Anleihen unter Druck geraten und hinter kürzer laufende Titel mit einer niedrigeren Kreditqualität zurückfallen. Sollten die Wachstumszweifel aber so groß sein, dass die Fed die Straffung der Geldpolitik noch einmal überdenkt, werden vor allem Rezessionsängste für eine Spreadausweitung sorgen. Dann rechnen wir innerhalb der Assetklasse mit Mehrertrag von BB-Papieren.

Euro-Unternehmensanleihen: Unternehmensanleihen aus dem Euroraum sind deutlich hinter dem Markt zurückgefallen, da ihre Emittenten stärker unter dem drohenden Nachfragerückgang und den steigenden Faktorkosten leiden. Wegen der niedrigeren realen Haushaltseinkommen ist unklar, ob Unternehmen Kostensteigerungen noch an ihre Kunden weitergeben können. Europäische High-Yield-Emittenten sind stärker von steigenden Energiepreisen betroffen, und oft sind sie auch direkt in Russland und der Ukraine engagiert. Bei europäischen Investmentgrade-Anleihen kommt die höhere Gewichtung des Finanzsektors hinzu. Schon jetzt achtet man am Markt genau darauf, wie stark welche Bank direkt wie indirekt von den Sanktionen gegen Russland betroffen ist. Am anfälligsten scheinen österreichische Institute.

Die Spreads haben sich drastisch ausgeweitet, wenn auch zum Teil wegen des starken Anstiegs der maßgeb-lichen Euro-Swap-Spreads. Trotz starker Abflüsse blieb der europäische Credit-Markt recht ruhig, da die EZB weiterhin Unternehmensanleihen kauft. Außerdem waren die Kassen der Investoren zu Jahresbeginn wegen der vielen erwarteten Neuemissionen gut gefüllt. Seit Kriegsbeginn kamen aber kaum neue Anleihen an den Markt, was die Kurse gestützt hat.

US-Investmentgrade-Unternehmensanleihen: Anders als im Euroraum gingen die Emissionen in den USA nicht zurück. Die Neuemissionsprämien waren ordentlich, und die neuen Titel wurden gut aufgenommen. Allerdings führte das zu steigenden Spreads und, risikoadjustiert, zu Mindererträgen gegenüber High Yield. Ein Risiko sind mögliche Abflüsse aus Publikumsfonds, die zu Zwangsverkäufen führen könnten. Wenn sich die einzelnen Sektoren und Emittenten sehr verschieden entwickeln, ist das eine Chance für Einzelwertexperten. Wir bevorzugen attraktiv bewertete Titel aus Sektoren, die von der Erholung des Dienstleistungssektors profitieren können oder deren Cashflow-Entwicklung trotz der aktuellen Unsicherheit durchaus berechenbar erscheint.

Verbriefungen/strukturierte Credits: Nach der Ausweitung der Hypothekenanleihen-Spreads, die das Quantitative Tightening2 (die Rückführung der Wertpapierbestände der Fed) jetzt berücksichtigen, halten wir einen weiteren Spreadanstieg für eine Kaufgelegenheit. Dies gilt erst recht, wenn man die hohe Qualität der Papiere und die Stärke des amerikanischen Immobilienmarktes berücksichtigt. Manche Verbriefungen sind nach dem drastischen Anstieg der Unternehmensanleihen-Spreads aber vergleichsweise unattraktiv geworden. Wir werden den Primärmarkt genau im Blick behalten, da manche neue Titel mit Kursabschlägen an den Markt kommen. Grundsätzlich bevorzugen wir variabel verzinsliche CRE-CLOs mit kurzer Duration, doch sind wir wegen ihrer relativen Bewertungen und der geringeren Liquidität noch wählerischer als sonst. Alles in allem scheint es uns interessanter, verbleibende Mittel in hochwertigen Investmentgrade-Unternehmensanleihen statt in strukturierten Produkten anzulegen. Weil die Haushaltsfinanzen noch immer gut sind, spielen die Fundamentaldaten bei Verbriefungen keine so große Rolle. Es gibt allerdings erste Anzeichen für Finanzprobleme bei ärmeren Haushalten. Sie muss man genau im Auge behalten, wenn die Fed mit den Zinserhöhungen beginnt.

Staatsanleihen

Sieht man von den aktuellen Turbulenzen ab, rechnen wir mit einem weiteren Anstieg der Kurzfristrenditen, da Zinserhöhungen immer drängender und wahrscheinlicher werden. Der jüngste Renditeeinbruch war der nachlassenden Risikobereitschaft wegen des Ukrainekrieges und seiner möglichen Folgen geschuldet. Aber auch die Markttechnik spielt eine Rolle. Aufgrund der Volatilität wurden Stop-Loss-Marken und Value-at-Risk-Obergrenzen aktiviert. Große Short-Positionen mussten aufgelöst werden. Kurzfristig rechnen wir tendenziell mit einer weiteren Verflachung der Zinsstrukturkurven. Vor allem auf zehnjährige Titel dürften die Schwankungen der Risikobereitschaft große Auswirkungen haben. Zwar rechnen wir noch immer mit einer weiteren Verschlechterung der Lage, bevor es wieder besser wird, doch wird die Konjunktur irgendwann wieder berechenbarer. In manchen Ländern scheinen dann auch wieder steilere Zinsstrukturkurven möglich.

Weltweit entwickeln sich die Anleihenmärkte zurzeit synchron. Das führt zu interessanten Anlagemöglichkeiten, vor allem, wenn sie sich deshalb in manchen Ländern zunehmend von den Fundamentaldaten entfernen. Für aktive Investoren ist das eine Chance. Investitionen in unterbewertete Märkte und Laufzeitsegmente sind interessanter als eine reine Durationssteuerung. Interessant wird sein, ob die Notenbanken ihre Leitzinsen weiter synchron erhöhen, weil das Auswirkungen auf die in US-Dollar umgerechneten Erträge hat. Wenn sich die Geldpolitik auseinanderentwickelt, könnte der Dollar aufwerten. Die Finanzbedingungen in den USA würden dann straffer, sodass die Fed weniger aggressiv vorgehen müsste.

Emerging-Market-Lokalwährungsanleihen haben sich unterdessen gut gehalten, doch sind wir aufgrund einer möglichen starken Dollaraufwertung etwas zurückhaltend. Ansonsten scheinen uns diese Titel aber sehr interessant, da die Realrenditen hier zumeist höher und die Zinsstrukturkurven sehr flach sind.

Währungen

Rohstoffwährungen haben sich meist recht gut gehalten, weil sich die Terms of Trade der Exportländer verbessert haben und die Rohstoffpreise gestiegen sind. Außerdem wurde aus Russland umgeschichtet. Trotz der US-Dollaraufwertung waren daher auch lateinamerikanische Währungen stabil. Die Volatilität ist aber drastisch gestiegen, vor allem beim Euro/Dollar-Wechselkurs. Hier werden sehr viele Optionen gehandelt, die die Investoren als liquides Absicherungsinstrument nutzen. Asiatische Währungen waren sehr stabil, vor allem der Renminbi (RNB), der fast einem klassischen sicheren Hafen glich. Wenn die Schwankungen zunehmen und die Krise anhält, dürfte das aber allen Emerging-Market-Währungen schaden.

Portfoliomanagement

Bekanntlich überschießen Märkte bisweilen, doch entscheidend bleibt die Konjunktur. Viel hängt davon ab, wie lang die internationale Krise anhält. Je länger, desto größer sind die Folgen für Wirtschaftswachstum, Inflation und Marktpositionierung. Man muss deshalb nicht nur genau auf Krisenzeichen an den Märkten achten, vor allem auf mögliche Finanzierungsprobleme, sondern auch auf Volatilitätskennziffern und das Handelsvolumen von Optionen, die liquide Absicherungsinstrumente sind. Wichtig sind auch ein möglicher Mangel an hochwertigen Sicherheiten, Anzeichen für weitere Angebotsstörungen an den Rohstoffmärkten, Stimmungs- und Vertrauensindikatoren und nicht zuletzt Unternehmensäußerungen zu möglichen Auswirkungen all dessen auf Cashflows und Gewinne.

Weltpolitische Risiken lassen sich nicht leicht einschätzen und sind eigentlich nie vollständig in den Kursen berücksichtigt. Der echte Stresstest wird kommen, wenn die Sanktionen ausgeweitet werden. Wo drohen dann Probleme? Und welche Gegenparteirisiken können systemische Konsequenzen haben, statt regional begrenzt sowie einzelwert- und sektorspezifisch zu bleiben?

Nicht zu unterschätzen ist allerdings der Energieschock. Durch die genaue Analyse der Terminmärkte für Öl und andere Rohstoffe lassen sich Probleme frühzeitig aufdecken. So lässt sich erkennen, ob eine Krise regional begrenzt bleibt oder die gesamte Weltwirtschaft erfasst.

Fazit

Solange die Weltwirtschaft nicht so stark einbricht, dass die Inflation ihren Schrecken verliert, sollten sich Investoren auf weitere Zinserhöhungen einstellen. Einstweilen werden die Notenbanken die Zinsen weiter anheben, vor allem, wenn sie - wie die Fed - erst so lange gezögert haben.

Weniger leicht zu erkennen ist, was die Credit Spreads bereits abbilden, handelt es sich doch um einen oft illiquiden OTC-Markt. Die offiziellen Kurse sind nicht immer korrekt. Solange keine Transaktionen stattfinden, weiß man nicht, wo der Index wirklich steht. Liquidität ist zurzeit ein wichtiges Thema, was uns zur Vorsicht mahnt. Wenn wir in Credits investieren, werden wir wohl eher auf Neuemissionen setzen. Hier sind die Kurse transparent, und es sind auch Emissionsprämien zu erwarten.

In Kriegszeiten und bei internationalen Konflikten sind die Märkte oft volatil. Trotz aller Turbulenzen können die so entstehenden Verzerrungen aber eine Chance für aktive Anleiheninvestoren sein - vor allem bei einem längeren Anlagehorizont.

Anmerkungen

1 William Shakespeare, Hamlet, 4. Akt, 5. Szene, in der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel.

2 Eine Hypothekenverbriefung entsteht dadurch, dass die Forderungen eines oder mehrerer Hypothekengläubiger zusammengelegt und anschließend Anteile oder Partizipationszertifikate an diesem Forderungspool verkauft werden. Der Cashflow des Forderungspools wird an die Investoren weitergereicht, in Form monatlicher Tilgungen, Zinszahlungen und vorzeitiger Rückzahlungen.

Finden Sie hier weitere Artikel von MFS.


Die hier dargestellten Meinungen sind die der Autorin und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien.

Lithium vs. Palladium - Zwei Rohstoff-Chancen traden
In diesem kostenfreien PDF-Report zeigt Experte Carsten Stork interessante Hintergründe zu den beiden Rohstoffen inkl. . Zudem gibt er Ihnen konkrete Produkte zum Nachhandeln an die Hand, inkl. WKNs.
Hier klicken
© 2022 Asset Standard
Werbehinweise: Die Billigung des Basisprospekts durch die BaFin ist nicht als ihre Befürwortung der angebotenen Wertpapiere zu verstehen. Wir empfehlen Interessenten und potenziellen Anlegern den Basisprospekt und die Endgültigen Bedingungen zu lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um sich möglichst umfassend zu informieren, insbesondere über die potenziellen Risiken und Chancen des Wertpapiers. Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das nicht einfach ist und schwer zu verstehen sein kann.